Studierende der Fakultät Gestaltung stellen im GRASSI Museum in Leipzig aus
Wörtlich übersetzt bedeutet Mizuhiki „Wasser ziehen“. In der Praxis geht es darum, aus farbigen, steifen Reispapierschnüren dekorative Knoten zu schaffen, ähnlich der westlichen Verwendung von Bändern, die in einer Schleife um ein Geschenk gebunden sind. Mit einem entscheidenden Unterschied: Oft ist die Kunst von Mizuhiki das Geschenk selbst.
Genau darum ging es auch im gleichnamigen Kooperationsprojekt, an dem vier renommierte Abteilungen für zeitgenössischen Schmuck teilnahmen. Die Aufgabe an die Studierenden beinhaltete, die kreativen Potenziale dieser japanischen Handwerkstradition zu erkunden und ihr eigenes Mizuhiki zu kreieren. Partner sind die Universität für Kunst und Design Kyoto aus Japan, aus England das Royal College of Art in London und aus Deutschland die Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle sowie die Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim.
Die Ergebnisse der HAWK-Studierenden unter der Leitung von Prof. Melanie Isverding zeigen den weiten Spielraum der Möglichkeiten. Eric Prinz beispielsweise hat eine Installation entworfen, die viel Platz für Interpretationen bietet. Mittels einer Spritze wird eine rote Flüssigkeit auf die Reise in einen Schlauch geschickt, die durch ein künstliches Herz führt, um schließlich nach freiem Fall auf dem Boden zu landen. Tina Schönheit illustriert in einem Stop-Motion-Film den kreativen Prozess zur Entwicklung eines persönlichen Mizuhikis mit den verfügbaren Materialien der alltäglichen Umgebung. Damit materialisiert sie eine Phantasie zu einem Halsschmuck, welcher einen Teppichklopfer assoziieren könnte. Mit einem Mikromotor graviert Ben Jésus Kneiphof Linienmuster auf einer Stahlplatte, das Haaren oder Muskelsträngen gleicht – mit dem Anliegen, durch diese Handlung inhärente Kräfte zu aktivieren im Sinne des Mizuhiki. Anne Sophie Ruth Schneider bezieht sich auf die Kontur eines Aufenthaltsortes von Mizuhiki und erzeugt einen Raum dafür, der einen filigranen Rahmen zum Anhänger erklärt.
Objekte reisen und verändern sich
Die Kooperation bestätigt, dass sich der Austausch der Kulturen auf ihre Kunst, auf ihr Kunsthandwerk und ihr Design auswirkt. Denn mit Menschen reisen und migrieren auch Objekte, welche sich an neue Umgebungen und Kontexte anpassen. Dies spiegelt sich in ihrer Gestaltung wider: Zusammen mit den Kunstwerken sind auch ihre Formen, Dekore und Techniken einer Transformation unterworfen, die von der Erfahrung des Reisens und der Migration herrühren.
Die Ergebnisse dieses Austauschs der Hochschulen zeigt die Sonderausstellung „Cultural Affairs“ im GRASSI Museum für angewandte Kunst, die als „reisende Objekte“ Schmuck, Mode und Textil sowie Grafik- und Industriedesign zeitgenössischer junger Designerinnen, Designer, Künstlerinnen und Künstler präsentiert. Öffnungszeiten: 10. Juni bis 3. Oktober 2021, Dienstag bis Sonntag und Feiertage 10 bis 18 Uhr, Johannisplatz 5-11, Leipzig.
Die Eröffnung am Mittwoch, 9. Juni, lässt sich via Radio-Live-Stream verfolgen unter
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