HAWK-Absolventin Antonia Siebert über Studium, Beruf und Lehrtätigkeit

Erscheinungsdatum: 30.07.2024

Antonia Siebert lässt sich auch von einer Vielzahl paralleler Aufgaben nicht aus der energiegeladenen Ruhe bringen, die sie ausstrahlt: Sie beendete gerade ihre Masterarbeit im Studiengang Soziale Arbeit im sozialräumlichen Kontext, plant gleichzeitig ein Praxisseminar zum Thema „Inklusive Medienbildung“ für Bachelorstudierende an der HAWK in Holzminden und arbeitet „ganz nebenbei“ noch in Vollzeit.

Sie ist stellvertretende Leiterin der besonderen Wohnform „Haus an der Weser“ der Harz-Weser-Werke gGmbH. „Dabei handelt es sich um eine besondere stationäre Wohnform für Menschen mit geistigen, seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen“, erklärt sie. Als sie vor 8 Jahren ihr Bachelorstudium der Sozialen Arbeit an der HAWK in Holzminden begann, habe sie sich weder diese berufliche Position noch den Masterabschluss träumen lassen.

 

Persönliche Atmosphäre und enger Kontakt zu Kommiliton*innen und Lehrenden

„Es hat sich so ergeben, wie so vieles in meinem Leben.“ Oder gefügt, dank eines großen Enthusiasmus für die Sache, der im Gespräch mit ihr sofort überspringt. Nach dem Fachabitur in Hameln habe sie sich orientiert und sei über den Tag der offenen Tür auf die HAWK aufmerksam geworden: „Ich fand es schön, dass es hier sehr familiär zugeht, dass Du den Leuten bekannt bist. Die Studierenden, die mit Dir im Seminar sitzen, die kennst Du hier, auch die Lehrenden. Man kann sie jederzeit einfach ansprechen. Dieses Gefühl war mir wichtig. Das hilft auch dabei, den Schritt von der Schule ins Studium zu schaffen, sich selbst zu organisieren. Ich konnte immer meine Freund*innen fragen, egal, was war.“

Den Freundeskreis aus den ersten Studienjahren pflegt Antonia Siebert noch heute, denn sie hat mit diesen Mitstudierenden längere Zeit in einer WG gelebt. Mit ihnen tauscht sie sich darum bis heute fachlich und berufspraktisch aus. Nach der frisch abgeschlossenen Masterarbeit möchte sie nicht aufhören zu lernen. „Es ist schon komisch, nicht mehr zu studieren. Den Draht zur Hochschule möchte ich halten, weil es mir hier immer sehr viel Spaß gemacht hat“, betont sie. „Vielleicht fange ich auch noch einmal ein Masterstudium an, es gibt so vieles, was mich interessiert.“

Staatliche Anerkennung und berufspraktische Erfahrung

Zwischen dem Bachelor- und dem Masterabschluss hat Antonia Siebert ein Jahr Pause vom Studium gemacht und sich entschieden, für ein halbes Jahr die staatliche Anerkennung zu machen: „Danach habe ich ein halbes Jahr gearbeitet, bis ich dachte: Es reicht mir noch nicht. Dann habe ich das Masterstudium der Sozialen Arbeit im sozialräumlichen Kontext angefangen.“

Bereits die staatliche Anerkennung machte sie bei den Harz-Weser-Werken: „Nicht in meiner jetzigen Funktion natürlich. Damals war ich im Gruppendienst, habe viel pädagogisch gearbeitet und war viel in Kontakt mit den Bewohnenden.“ Antonia Siebert durchläuft in der Folgezeit alle Arbeitsbereiche und übernimmt später die Leitung. So viel Spaß ihr die Arbeit auch machte: Die Phase, in der Masterstudium und Vollzeitjob parallel liefen, hat sie zum Teil auch an die eigenen Grenzen gebracht: „Vor allem während der Nachtarbeit habe ich schon manchmal gedacht: ‚Ob du das bis zum Ende packst?‘ Nachtarbeit ist wirklich anstrengend. Letztendlich war es aber bereichernd, dass man alles mal machen durfte.“

„Zielgruppen Sozialer Arbeit eine Stimme geben“

Woher Antonia Siebert ihren beständigen Antrieb sowohl im Studium als auch in der Berufspraxis nimmt, fasst sie präzise zusammen: „Im Bachelorstudium fing ich an, mehr politisch zu hinterfragen, Strukturen zu hinterfragen und zu reflektieren, wofür ich mich einsetze. Es ist Teil unserer Arbeit, den Zielgruppen Sozialer Arbeit eine Stimme zu geben, und das ist mir sehr wichtig. Es liegt mir viel daran, sie dazu zu befähigen, auf die Probleme aufmerksam zu machen, die ihren Alltag erschweren. Es geht viel um Teilhabe, darum, gesehen zu werden und eine Stimme zu bekommen.“

Der Arbeitsalltag, dem Antonia Siebert mit dieser Motivation nachgeht, ist vielseitig: Ein großer Teil der Arbeit ist Assistenz im Alltag, dazu die Förderung von Teilhabe in allen Lebensbereichen. Dazu gehört zum Beispiel die Begleitung zu Arztterminen. Die kognitiven und physischen Beeinträchtigungen der Bewohnenden sind ganz unterschiedlich. Wichtig sei es, nicht alles zu übernehmen und jeden Menschen in seiner Individualität zu sehen. Ziel, so Siebert, sei es dabei stets, „zu schauen, was jede Person selbstständig kann und sie zu begleiten, um noch fähiger zu werden. Und das am besten ohne meine Hilfe. Alles, was eine Person kann, soll sie auch selbständig erledigen dürfen.“

Personalführung, Teamleitung, sich in der Verantwortung für die Bewohnenden sehen und Teilhabe möglich machen, gleichzeitig aber auch die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden anzunehmen, ist der Spagat, der Antonia Sieberts Arbeitsalltag bestimmt, seit sie – noch sehr jung – die leitende Funktion übernommen hat: „Es sind ja 2 Rollen, die man hier einnimmt.“

Praxisseminar an der HAWK im Bereich Medienpädagogik

Eigentlich mehr als 2, könnte man mit Blick auf die abgegebene Masterarbeit und das Praxisseminar ergänzen, das Antonia Siebert für die HAWK konzipiert hat und in diesem Semester im Team-Teaching mit Dr. Anne Julia Fett, Verwaltungsprofessorin für Medienpädagogik, leitet. In der Theoriephase erarbeiten Bachelorstudierende der Sozialen Arbeit Grundlagen inklusive der Medienpädagogik und entwerfen Praxisprojekte, welche sie in einer späteren Seminarphase direkt mit den Bewohnenden der besonderen Wohnform „Haus an der Weser“ erproben: „Ich möchte Teilhabe fördern, ich möchte das Beste für die Bewohnenden herausholen. Für diesen Wunsch kam mir das Seminarprojekt mit der HAWK gelegen“, erklärt Siebert ihre Idee.

Von der Smartphonebedienung über Social-Media-Nutzung bis zum Mario-Kart-Spielen: Verschiedene medienpädagogische Bereiche und die mit ihnen verbundenen grundlegenden Medienkompetenzen haben die Studierenden im Seminar beleuchtet und ganz praktisch greifbar gemacht. „Die Bewohnenden haben das auf jeden Fall positiv wahrgenommen“, resümiert Antonia Siebert nach der abschließenden Praxisphase. „Für die Studierenden wiederum war es hilfreich, ein Bild von der Zielgruppe zu haben. Dieses Feingefühl, wie man auf sie eingeht, dass man anpacken muss, es einfach machen muss – das haben die Studierenden erst im Handeln herausbekommen.“

Breit aufgestellter Studiengang mit vielen Tätigkeitsfeldern Sozialer Arbeit

Das Studium der Sozialen Arbeit in Holzminden stellt aus genau diesem Grund den beständigen Theorie-Praxis-Transfer in den Mittelpunkt: „Soziale Arbeit ist so schön breit gefächert und man kann in jedes Tätigkeitsfeld hineinschnuppern“, beschreibt Antonia Siebert ihren Blick auf das Fach. Ein praktisches Erfahren und eine Reflexion verschiedener Handlungsfelder durch die Studierenden bestimmen den Studienverlauf im Bachelor- und Masterstudium. Am Ende des Studiums steht hoffentlich – wie im Fall von Antonia Siebert – eine erfüllende und sinnerfüllte Berufspraxis.

Für ihren persönlichen Erfolg und ihre Zufriedenheit in dieser Praxis macht sie verschiedene Faktoren verantwortlich: „Man braucht die Lust, Veränderungen anzustoßen und den Ehrgeiz, etwas zu bewegen.“ Erfolg bedeutet hierbei für Antonia Siebert nicht zuletzt, positiv auf gesellschaftliche Strukturen und Problembereiche einzuwirken und professionellen Kräften in der Sozialen Arbeite ebenso wie Adressat*innen der Sozialen Arbeit eine Stimme zu geben: „Erst einmal muss man die Probleme sichtbar machen und dann versuchen, sie anzupacken. Man kann sie sichtbar machen, auch medial, sich bemerkbar machen. Das ist das A und O. Dann kann man wirklich viel bewegen als Sozialarbeiter*in.“

Bewerbungsportal geöffnet

Wer zum Wintersemester 2024/25 ein Studium der Sozialen Arbeit beginnen möchte, kann sich an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen noch bis zum 15. August bewerben. Für Informationen und Fragen steht Cordula Watermann von der Zentralen Studienberatung als Ansprechpartnerin zur Verfügung. (E-Mail: studienberatung.holzminden@hawk.de, Tel.: 05531/126-101).

Bildunterschrift:

HAWK-Absolventin Antonia Siebert mit Bewohner*innen des „Hauses an der Weser“ (v. l.): Patrick Schatz, Antonia Siebert, Brigitte Johannes, Andreas Wasilke.

 

Kontakt

Profilbild Cordula Watermann
Zentrale Studienberatung am Standort Holzminden