Masterstudentin Farina Lichtenstein gewinnt den Grand Prix beim ADC-Wettbewerb

Erscheinungsdatum: 15.05.2020

Die Masterstudentin Farina Lichtenstein von der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim hat für ihr Buch „Nicht gönnen können“ einen goldenen Nagel beim Wettbewerb des Art Directors Club Deutschland (ADC) gewonnen. In der Branche gilt diese Auszeichnung als Eintrittskarte in jede namhafte Werbeagentur. Doch es geht noch besser – denn darüber hinaus erhält Lichtenstein den Grand Prix des ADC Junior Wettbewerbes in der Kategorie "Semesterarbeiten". Mit dem Grand Prix werden Arbeiten auszeichnet, die bahnbrechend sind und eine kategorieübergreifende Innovation darstellen.

Studie zu Gefühl Neid

Der Grand Prix-Gewinnerinnen oder Gewinner wählt die Jury aus allen Gold-Arbeiten aus. In der von Prof. Barbara Kotte betreuten Semesterarbeit „Nicht gönnen können“ präsentiert Lichtenstein auf 105 Seiten ihre Studie zu dem Gefühl Neid. Im Rahmen einer offenen Umfrage formulierten und skizzierten Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen anonym ihren Neid. Auf Grundlage dieser ehrlichen Antworten, gemischt mit Literaturrecherche und weiteren Texten, ist ein Buch entstanden, das einen Bruchteil des Gefühls Neid einzufangen versucht. Wie sie auf die Idee kam und was alles dazugehört, erzählt Lichtenstein hier im Interview:

Farina Lichtenstein im Interview

Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zum Grand Prix beim ADC-Wettbewerb 2020. Was bedeutet dieser Preis für eine Masterstudentin, die kurz vor dem Ende des Studiums steht?
Danke. Das muss ich selbst noch herausfinden. Durch den Grand Prix darf ich an Terminen des ADC teilnehmen und viele Leute kennen lernen. Ich denke, dass mir das Netzwerken dadurch leichter fällt und ich selbstbewusster in meinen ersten Job nach dem Studium starten werde.

Es heißt: „Neid muss man sich erarbeiten?“ Stimmt das?
Gearbeitet habe ich viel und lange an diesem Buch, aber nicht, um jemanden neidisch zu machen. Aber natürlich richtet sich Neid oft auf Personen, die gerade etwas erreicht haben, das andere als erstrebenswert ansehen. Diese Ziele sind glücklicherweise noch oft genug durch Arbeit zu erreichen, also ist der Ausdruck „sich Neid erarbeiten“ sicher nicht ganz falsch.

Wie kommt man darauf, über das Thema Neid ein Buch zu schreiben?
Ganz einfach: Ich war neidisch auf die Erfolge einiger toller Menschen, die mir nahe stehen. Zu der Zeit habe ich viel an meiner eigenen Arbeit und mir selbst gezweifelt. Ich fühlte mich schuldig, weil ich mich nicht so für sie freuen konnte, wie ich es eigentlich wollte. Weil ich Angst hatte, dass das unsere Freundschaft vergiftet, habe ich nicht mehr versucht, dieses Gefühl zu ignorieren. Stattdessen habe ich mich damit auseinandergesetzt.

Wie geht man an so ein Thema heran?
Angefangen habe ich mit meinen eigenen Gedanken und habe versucht, sie in Worte zu fassen. Als dann klar war, dass es ein größeres Projekt wird, habe ich auch anderen Menschen die Möglichkeit zur Teilnahme gegeben. Parallel habe ich Literatur zu dem Phänomen Neid gelesen.

 

Nach welchen Kriterien wurden die befragten Personen ausgesucht?
Nach keinen. Neid ist ja kein exklusives Gefühl. Jede und jeder durfte teilnehmen. Ich habe eine Box im studentisch betriebenen Café „Cafete“ aufgestellt und die Teilnehmenden konnten auf einem Zettel ihre Gedanken und Erfahrungen aufschreiben und dem Gefühl ein Gesicht geben. Außerdem habe ich noch viele Menschen außerhalb der Hochschule um ihre Teilnahme gebeten.

Es wurden viele Zeichnungen von verschiedenen Menschen eingebaut – wie gestaltet man daraus einen roten Faden?
Der rote Faden war ja schon vorhanden, denn es dreht sich ja alles um das gleiche Gefühl. Beim Druck mit dem Risographen habe ich mich auf die Farben Schwarz und Fluo-Orange beschränkt und durch die gleiche Farbigkeit wurden sich die Illustrationen natürlich auch optisch ähnlicher. Der Rest liegt in der Komposition und der Kombination von Text und Bild.

Sehen Sie sich bei diesem Werk als Autorin, Illustratorin oder als Soziologin?
In den unterschiedlichen Phasen des Projekts habe ich verschiedene Jobs durchlaufen. Von der Selbsttherapeutin über die Autorin zur Designerin. Aber wie ich in meinem Studium gelernt habe: Der Inhalt lässt sich nicht von der Praxis trennen. Deswegen sehe ich mich hauptsächlich als Designerin, die sich mit einem sehr privaten Thema auseinandergesetzt hat.

Was ist also Neid für ein Gefühl?
Etwas, das die Meisten, und damit meine ich alle, schon einmal erlebt haben. Es ist normal. Wir vergleichen uns ständig mit anderen Menschen, um einschätzen zu können, wer wir sind. Das gibt uns Sicherheit. Wenn wir neidisch sind, dann meistens auf Menschen, die uns nahestehen und denen wir ähneln. Wir können diesen Neid annehmen und uns neue Ziele stecken, wenn wir wollen. Da wären wir dann wieder bei der Arbeit.

Wird das Buch veröffentlicht?
Bisher habe ich nur eine Kleinstauflage von 25 Exemplaren gedruckt.

Wie geht es nun weiter?
Momentan schreibe ich meine Masterthesis. Wohin es mich nach dem Abschluss im Herbst dann treibt, kann ich noch nicht sagen. Hoffentlich wird es aufregend und inspirierend.

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