Vom 23. Juni bis 4. August 2024 in der Galerie im Stammelbach-Speicher

Erscheinungsdatum: 19.06.2024

Frühjahr 2023, die Exkursion führte 40 Studierende der HAWK-Fakultät Gestaltung in das jüngst offengelassene Ursulinen¬kloster in Bad Neuenahr und in die von der Flutkatastrophe gezeichnete Stadt im Ahrtal. Unter der Leitung von Prof. Andreas Magdanz entstanden spannende Inszenierungen, die nicht im Kontext eines klösterlichen Lebens stehen und eigene Fantasieräume entwickeln. Daneben finden sich eher künstlerisch, dokumentarische Aufnahmen, die die Beseeltheit leerer Räume transportieren und nachdenklich stimmen.

Projekte der Ausstellung

Einzelpositionen von Studierenden

Die Flutkatastrophe im Ahrtal selbst wurde in einer Bachelorarbeit von Katharina Bußmann zum Thema, das sensibel den Ist-Zustand dokumentiert und über die Ästhetik der Bilder tief in das Bewusstsein der Betrachter*innen vordringt.

Außerdem sind die Ergebnisse einer zweiten Exkursion aus 2023 nach Wünsdorf, einer ehemaligen Garnisons¬stadt, südlich von Berlin zu sehen, sowie die Ergebnisse der Klassen des Sommersemesters 2024 sowie Einzelpositionen von Studierenden der HAWK-Fakultät Gestaltung.

Schacht Konrad, eine Abschlussarbeit von Pia Wehrmaker, entführt in das 1000  Meter unter der Erde gelegene Atommülllager und eröffnet erstmalig den Blick auf eine sonst verborgene Welt und ein Thema von internationaler Brisanz.

 

Bei der Arbeit von Cedric Fernández Fernández handelt es sich um ein Herzensprojekt. Die Motivation hierzu entstand aus der Auseinandersetzung mit der spanischen Heimat seiner Großeltern in Galicien. Ihn faszinierte, dass die Zeit dort nahezu stehengeblieben zu sein scheint, und ihn besorgte, dass durch Landflucht und den demografischen Wandel viele Traditionen verloren gehen.

Jamie Marie Lüders zeigt eine Welt, die in sanfte Dunkelheit gehüllt ist. Friedlich und still für die einen, schrill und bunt für die anderen. Sie kann einen sicheren Raum geben, um die Person zu sein, die sie sein möchte. Unabhängig vom normalen Leben und frei von jeglicher Form von Diskriminierung.

Die Vernissage findet am 23. Juni um 11.15 Uhr im 1. Obergeschoss der Galerie im Stammelbach-Speicher, Wachsmuthstraße 20/21 in Hildesheim statt. Die Ausstellung ist bis zum 4. August 2024 samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Pia Wehrmaker

Konrad – Monografie eines zukünftigen Endlagers

Die Endlagerung radioaktiver Abfälle ist in Deutschland ungelöst. Seit 1976 soll im ehemaligen Eisenerz-Bergwerk Schacht Konrad in Salzgitter das erste Endlager für radioaktiven Restmüll entstehen. Seit 1988 wird die Inbetriebnahme immer wieder verschoben. Aktuell heißt es, vor 2027 wird nicht eingelagert. Kaum eine Debatte in Deutschland dauert bereits so lange und hat so viel Geld gekostet. Woran scheitert dieses Großprojekt? Was sind die Gefahren? Was wissen wir und was sollten wir wissen?

Seit meiner Kindheit kenne ich den Schacht Konrad. Mein Vater arbeitet dort. Wenn Worte und textbasierte Informationsmedien nicht reichen, um die Dimensionen eines solchen Projekts zu erfassen, können visuelle Eindrücke starke Impulse setzen. Für die fotografische Arbeit “Konrad” fuhr ich in einem Zeitraum von vier Monaten circa 30 mal 1000 Meter in die Tiefe in den ehemaligen Stollen des Erzbergwerks ein, um die Arbeiten an dem für die Öffentlichkeit unzugänglichen Endlager zu dokumentieren.

 

Das Fotobuch Konrad schafft mit großformatigen Bildern einen grundlegenden Überblick vom Bauvorhaben. Hinzu kommen Informationen, Sachtexte und Artikel über die politischen Auseinandersetzungen mit dem Thema, um Leser*innen die politische Debatte zum Projekt näherzubringen. Durch regelmäßig auftretende Verortungen in Risszeichnungen sollen die lesenden und betrachtenden Personen einen Eindruck vom Ausmaß des Bauvorhabens bekommen und eine Orientierung in der Debatte erhalten.

Cedric Fernández Fernández

San Cristóbal de Cea

Bei der folgenden Arbeit handelt es sich um ein Herzensprojekt. Die Motivation hierzu entstand aus der Auseinandersetzung mit der spanischen Heimat meiner Großeltern in Galicien. Nach dem Tod meiner Großmutter habe ich beim Durchblättern ihrer Fotoalben viele Fotografien aus Spanien gefunden und auch viele der Orte auf den Fotos wieder erkannt, da diese sich im Laufe der Jahre kaum verändert hatten.

Einzig die Menschen, welche die damaligen Fotos belebt hatten, fehlen heute größtenteils. Fasziniert davon, dass die Zeit im ländlichen Galicien nahezu stehengeblieben zu sein scheint, aber auch besorgt, dass durch Landflucht und den demografischen Wandel viele Traditionen verloren gehen, fand bei mir eine intensive Auseinandersetzung mit der spanischen und galicischen Geschichte, aber vor allem mit der Geschichte der Heimat meiner Großeltern statt.

 

Ich habe mehrere Monate in Galicien verbracht, um die Bilder aufzunehmen, mich mit den Menschen auszutauschen und ein besseres Verständnis für das Leben in Galicien zu bekommen. Mit dieser Arbeit möchte ich ein Stück des aussterbenden Landlebens und der Traditionen – am Beispiel der Heimatgemeinde „San Cristóbal de Cea“ meiner Großeltern – konservieren und für nachfolgende Generationen greifbar machen.

Jamie Marie Lüders

Alternative Realität

Wenn die Nacht beginnt und die Sonne sich hinter dem Mond versteckt, entsteht eine alternative Realität zu unserem täglichen Leben.

Eine Welt, die in sanfte Dunkelheit gehüllt ist. Friedlich und still für die einen, schrill und bunt für die anderen. So individuell wie wir sind, so individuell ist auch die Bedeutung der Nacht für jeden von uns. Sie kann uns einen sicheren Raum geben, um der zu sein, der wir sein wollen. Unabhängig von unserem normalen Leben und frei von jeglicher Form von Diskriminierung.

Ein Raum für Wunschdenken, für Exzentriker, Queers, Außenseiter und alle anderen. Die Bühne gehört Ihnen.

Diese alternative Realität ist eigentlich eine sehr wichtige Subkultur, die schon seit langem existiert. Sie gibt den Menschen die Freiheit, ihre Identität zu entwickeln sowie Gefühle und Gedanken oder sogar Interessen zu teilen.

 

Auch Kunst, Mode, Musik und Politik sind wichtige Bestandteile unserer verschiedenen (Sub-)Kulturen. Wichtige Orte sind Bars, Kneipen, Theater und das Showbusiness im Allgemeinen.

Manchmal sind es auch einfach die Straßen.

Katharina Bußmann

Solastalgie – Leben nach der Flut

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 wurden die Menschen entlang der Ahr und ihres Einzugsgebietes von einer Flutwelle überrascht, die unfassbare Verwüstungen anrichtete und 138 Todesopfer forderte. Das Medieninteresse war enorm, die Menschen in Deutschland zeigten sich betroffen. Viele Freiwillige kamen von überall her, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Unzählige Menschen spendeten Gelder oder Sachleistungen für die vom Verlust ihrer Heimat Betroffenen. Mehr als zwei Jahre später ist die Situation gerade am Mittellauf der Ahr kaum verändert. Immer noch werden Spenden und Helfer*innen benötigt. Der Wiederaufbau geht schleppend voran, die Menschen sind erschöpft und müde.

 

Vor dem heimischen Bildschirm oder den Zeitungsartikeln zu sitzen und zu lesen, was in der Welt geschieht, ist im Alltag das Mittel, um informiert zu bleiben. Das Gelesene verweilt dann mehr oder weniger lange und präsent im Hinterkopf, beeinflusst die meisten unbeteiligten Menschen aber nur kurzfristig in ihrem täglichen Handeln. Meine Begegnung mit einer betroffenen Frau auf dem Friedhof Ahrweilers schlug für mich eine Brücke zwischen der distanzierten Informationsaufnahme der Nachrichten und meinem beginnenden Verstehen der Flutkatastrophe und ihrer Folgen. Über einen Zeitraum von 52 Tagen habe ich mich in die Lebenswirklichkeit der Menschen im Tal der Ahr begeben.

In meiner Arbeit geht es um das, was zwischen der ersten erregten Anteilnahme an einer Katastrophe und dem Vergessen derselben passiert. Krisen scheinen oft vorbei, wenn die Klimax erreicht ist. Die Berichterstattung wird weniger, wenn die Katastrophe nicht mehr aktuell ist. Dass es danach weitergeht und vor allem wie es weitergeht, diese Geschichten sind oft zu leise, als dass sie erzählt werden würden. Mit meinen Bildern möchte ich nicht den Fokus auf das Drama, die Zerstörung, den Sensationstourismus oder das Bewerten und Einordnen legen. Ich bin immer wieder ins Ahrtal zurückgekehrt, weil ich das Geschehene durch den Ort und die Menschen selbst verstehen wollte. Ich wollte hineinwachsen, von innen heraus begreifen, was eine Naturkatastrophe dieser Größenordnung und dieses Ausmaßes mit den betroffenen Menschen und ihrer Heimat macht und Ihnen eine Bühne geben.

Mein Interesse gilt der Erinnerung an die Katastrophe, der Aufarbeitung und den Spuren, die nach zwei und mehr Jahren noch zu sehen sind. Es geht mir um das, was sich wandelt, was neu entsteht und wächst, wenn etwas Einschneidendes passiert ist. Wenn eine Zäsur wie die Flut Lebensabschnitte zerteilt hat in Davor und Danach. Um das Leise, das Subtile, das Unaufgeregte. Das, was Zeit braucht, um gesehen zu werden, und noch länger, um verstanden zu werden. All das, was sich zwischen den offensichtlichen Veränderungen abspielt, und das trotzdem oder genau deshalb genauso wert ist, erzählt zu werden. Diese Arbeit ist ein Versuch zu verstehen und zu vermitteln.

Wann und wo

Die Vernissage findet am 23. Juni um 11.15 Uhr im 1. Obergeschoss der Galerie im Stammelbach-Speicher, Wachsmuthstraße 20/21 in Hildesheim statt. Die Ausstellung ist bis zum 4. August 2024 samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

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