Talk mit Prof. Dr. Wolfgang Viöl zur Zukunft von Plasma in der Desinfektion

Publizierungsdatum: 08.04.2020

Aufgrund der Bedrohung durch das Coronavirus SARS-CoV-2 kommt es weltweit zu Engpässen bei der Produktion und der Verteilung von Desinfektionsmitteln auf Basis von Alkoholen oder anderen chemischen Substanzen. Selbst mit Unterstützung durch die Spirituosen- und Parfümhersteller reicht die Produktion kaum aus. Plasma könnte hingegen die menschliche Haut, verschiedenste Oberflächen und sogar die Luft ganz einfach mit Strom betrieben desinfizieren. Welche Geräte sich hierzu entwickeln ließen und auch sogar schon bald Realität sein könnten, erklärt Prof. apl. Prof. Dr. Wolfgang Viöl im Interview.

Prof. apl. Prof. Dr. Wolfgang Viöl, HAWK-Vizepräsident für Forschung und Transfer und leidenschaftlicher Plasmaforscher, untersucht die positive Wirkung von kaltem Atmosphärenplasma an der HAWK-Fakultät Naturwissenschaften und Technik in Göttingen schon seit Jahren. Dabei fand er unter anderem heraus, dass die gewissermaßen gezähmten Gewitterblitze Viren, Bakterien und Plize auf der Haut abtöten und gleichzeitig die Wundheilung anregen. Als erstes Gerät zur Serienreife hat es das PlasmaDerm der HAWK-Ausgründung Cynogy gebracht. Es dient der Behandlung von Wunden, Neurodermitis und anderen Hautkrankheiten. Darüber hinaus lässt sich die desinfizierende Wirkung des Plasmas noch weit vielseitiger etwa auf Oberflächen oder der Luft einsetzen. Denkbar wären beispielsweise ein Plasmadesinfektionsgerät wie ein Hochdruckreiniger und vieles mehr. Wie das genau funktionieren könnte, erklärt er an bestehenden und geplanten Geräten im Talk.

 

Plasma kann nahezu jede Oberfläche wirkungsvoll desinfizieren, ohne diese zu beschädigen. In verschiedenen Maschinen hat Viöl dies schon etwa bei der Behandlung von Holz oder Kunststoffen und auch Metallen gezeigt. Das liegt daran, weil sich das Plasma in Energie und Wirkungsart an das Zielmaterial anpassen lässt. Zusätzlich lassen sich Metalle sogar in feinsten Schichten per Plasma auf andere Materialien fein aufbringen. Mit einem Kupfer- oder Silberfilm beschichtet werden Objekte quasi selbstdesinfizierend. Zudem kann Plasma effektiv die Luft desinfizieren und damit ebenfalls Ansteckungen und zwar nicht nur mit Coronaviren sondern auch vielen anderen Krankheitskeimen verhindern.

Hierzu braucht es nicht mehr als die Geräte und Strom – letzterer kann aufgrund des geringen Energiebedarfs sogar aus einem Akku stammen, welcher sich sogar per Solarzelle aufladen ließe. Viele Geräte würde Prof. Viöl gerne bereits am Markt haben oder direkt umsetzen, jedoch müssen Maschinen in der Medizin und auch im allgemeinen Gebrauch aufwändige Zulassungsverfahren durchlaufen.

Als Fazit bemerkt Viöl daher: "Wir könnten mit Plasma viel mehr machen als wir dürfen. Wir stehen vor dem Problem, dass die Zulassungsverfahren sehr aufwändig sind und das einfach den technischen Fortschritt behindert. Wenn man jetzt also hier versucht, schnellere Zulassungverfahren zu realisieren, wird es uns helfen, diese Krise und vielleicht auch zukünftige Krisen besser zu bewältigen."

Demnächst möchte Prof. apl. Prof. Dr. Wolfgang Viöl die Handhygiene mit einem Plasmahandtrockner modernisieren, der die Hände nach dem Waschen nicht nur trocknet, sondern auch desinfiziert.