Was Managerschulen als Innovation preisen, ist beim HAWK-Studiengang Immobilienwirtschaft und -management längst Standard
Professorin Dr. Susanne Ertle-Straub, die außer „Immobilienresearch“ u. a. auch das Fach „Wirtschaftsethik“ lehrt, lud als Highlight zur öffentlichen Vorlesung „ihren Ausbilder“, wie sie ihn bei der Vorstellung titulierte, Herrn Jürgen Ehrlich, als Gastreferenten ein. Herr Ehrlich ist Gründungsmitglied der Initiative „Corporate Governance“ der Deutschen Immobilienwirtschaft und ehemaliges Vorstandsmitglied (1969 – 2003) der DIFA Deutsche Immobilien Fonds AG (heute Union Investment Real Estate AG), Hamburg.
„Nomen est omen“ bewies der Immobilienprofi im vollbesetzten Hörsaal bei der Schilderung seines beeindruckenden beruflichen Werdegangs inklusive der immer wieder erforderlichen Besinnung auf moralische Aspekte.
Passend in diesen Zeiten aktueller Wirtschaftsskandale und Finanzkrise zog Jürgen Ehrlich unter dem Titel: "Der ehrbare Kaufmann" alle Register. Ob Bibelzitate oder mittelalterliche Handelsprotokolle, klassische Philosophen oder Beispiele aus anderen Kulturen – bei seinem virtuosen Vortrag über fachspezifische Produkte gab er den Immobilien und Immobilieninvestmentfonds eine ganz andere Dimension durch die beispielhaft aufgeführten moralischen Gesichtspunkte. Dabei wurde den Zuhörenden deutlich, wie stark seit jeher der Bedarf an ethischen Grundsätzen ist. Dass Ethik und Wirtschaft keinen Widerspruch darstellen, verdeutlichte Ehrlich in der Interessenverknüpfung zwischen „Immobilien, Menschen und Kapitalanlage“, die für ein Mehr an Nachhaltigkeit sorgen können.
Als Hamburger Hausmakler hatte Ehrlich nach dem Zweiten Weltkrieg seine berufliche Laufbahn begonnen, damals eine Vertrauensposition mit vielfältigen Aufgabengebieten (z. B. Testamentsvollstreckung, Beratung von Investoren, Bewertung, Vermittlung von Finanzierungen etc.). Man verstand sich dabei als neutraler Vermittler zwischen den beteiligten Parteien. Ehrlich war Gründungsmitglied der Gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung und im Vorstand der Gesellschaft und ist heute Ehrenmitglied. Außerdem ist Ehrlich Mitglied des Beirates der deutschen Gruppe des Royal Institutes of Chartered Surveyors und Gründungsmitglied der Initiative Corporate Governance der Deutschen Immobilienwirtschaft.
Mit der Überschrift „Paradigmenwechsel“ stellte Jürgen Ehrlich den Betrachtungswandel in der Immobilienwelt (der Nachkriegsjahre) dar. Der Mieter wird zum Kunden und die Immobiliensubstanz sei mittlerweile mehr als nur Kapital und Beton: Bewertungsinhalte entwickelten sich vom „Substanzwert“ über den „Ertragswert“ bis zum „Humanwert“. Soziale Kultur und menschliche Netzwerke entsprächen als Ressource unserem zukünftigen Rohstoff: Menschlichen Beziehungen. Dabei handele es sich keineswegs um karikative Einsätze, es ginge besonders bei Immobilien grundsätzlich immer um Besitz von Menschen für Menschen.
Mut, scheinbar traditionelle Wege zu beschreiten, machte er den Studierenden mit dem Hinweis, Professionalität bedeute „Berufung und Eignung“ und dazu gehöre eine innere Einstellung und volle Achtung und Liebe zur Tätigkeit. Daraus entstünde eine Art Wertekompass zum Erkennen von Versuchungen.
Zur Wertentwicklung im Sinne von Wachstum verglich Ehrlich den Beginn der „Grünen-Bewegung“. Deren Aktivitäten und Themen haben bis heute nicht nur eine starke gesellschaftliche und politische, sondern auch eine starke wirtschaftliche Bedeutung erlangt.
Als Fan des russischen Volkswirtschaftlers Kondratjew schloss er mit dessen Einschätzung, immaterielle, „weiche“ Faktoren würden immer bestimmender in der zukünftigen Gesellschaft und somit betrachtete Ehrlich die aktuelle Krise als Chance, einen Wandel einzuleiten.