Ein gewisses Maß an Respektlosigkeit kann gemeinhin nicht nur vergnüglich, sondern auch durchaus erhellend sein. Ganz besonders gilt dies, wenn ein Insider diese Respektlosigkeit seiner eigenen Zunft und deren Geschäftspartnern gegenüber an den Tag legt. Der Insider ist in diesem Fall Prof. Dr.-Ing. Jürgen Erbach. Erbach lehrt im Studiengang Immobilienwirtschaft und –management an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Holzminden und ist selbst praktizierender Immobilienprojektentwickler. In seinem launigen kleinen Wörterbuch „Immobiliendeutsch für die Westentasche“ durchleuchtet er von A bis Z die Branche und vieles drumherum.
Das „Fachkompendium für alte Immobilienhasen und solche, die es werden wollen“ – so der Untertitel – ist kein hochnotnobles Lexikon, sondern eine Sammlung von bisweilen sogar frechen kleinen Nadelstichen. Die klingen dann zum Beispiel so: „Immobilienmarketing: Alle Maßnahmen und Ideen, um für die selbst noch so hässlichste Immobilie einen Investor zu finden. Die Kunst, so lange zu suchen, bis man irgendetwas Positives gefunden hat, das man nach dem Motto ‚Aus einer Mücke einen Elefanten machen’ breit walzt. Denn schließlich, da wo viel Schatten ist, muss auch zumindest ein wenig Sonne sein.“
Die alten Hasen der Branche können sich bei der Lektüre schmunzelnd an die ein oder andere eigene Strategie erinnern. Den Neulingen werden die Augen geöffnet. Natürlich ist Erbachs ungewöhnliches Werk bei aller ironischen Analyse kein reinrassiges Lehrbuch für die Studierenden. Aber eines ist sicher, wer es studiert hat, lässt sich in der Immobilienwelt gewiss nicht so leicht über den Tisch ziehen. Apropos: „Über den Tisch ziehen: Die dabei entstehende Reibungsenergie wird häufig als Nestwärme verkauft“, schreibt Erbach hierzu.
Allein die Tatsache, dass es sich aus des Professors Sicht beim „Immobilienleasing“ um eine „rechtliche und steuerliche Konstruktion“ mit dem Ziel handelt, nicht nur „Nutzung und Eigentum zu optimieren“, sondern schlicht um einen „Kuhhandel, bei dem Investoren und Nutzer möglichst viel Spaß haben“, lässt noch den letzten Unwissenden aufhorchen.
Prof. Dr. Wolfgang Goetzke von der Hochschule für Wirtschaft und Medien in Köln ordnet „Immobiliendeutsch“ denn auch so ein: „Ein sehr positives Beispiel für Wissenschaftsmarketing im besten Sinne des Wortes.“ Gespeist sind Erbach amüsante „Übersetzungen“ denn auch von vielen – nicht immer positiven – Erfahrungen aus der Wirklichkeit. Ziemlich drastisch beschreibt der 46-Jährige denn auch den Begriff „Ablöse“: „Kommunale Wegelagerei, bei der ein Lösegeld dafür bezahlt wird, um Parkplätze in innerstädtischen Verdichtungsräumen nicht bauen zu müssen, die – wenn sie gebaut würden – meist auch unbezahlbar wären und die dann von diesem Geld von der Kommune an anderer Stelle (hoffentlich) errichtet werden. Viele werden diese Parkplätze nutzen und auch noch Gebühren dafür bezahlen – nur sie und Ihre Kunden nicht.“
Die Illustrationen im 168-seitigen Buch stammen von HAWK-Student Philipp Banken. Mitvergnügt bei der Entstehung des Werkes haben sich auch Gerrit Ernst und Hans Joachim Oeker, der eine Absolvent, der andere Student des Studiengangs Immobilienwirtschaft und –management. Das Branchenmagazin „Immobilienmanager“ hat die Produktion ebenfalls unterstützt. Erschienen ist „Immobiliendeutsch“ im Verlag „Union Aktuell“ mit der ISBN 3-921713-32-3 und kostet 13.80 Euro.