Veranstaltung an der HAWK bot Betrieben Austausch zum Thema additive Fertigung
Chancen des 3D-Drucks ausloten
Welche Chancen 3-D-Druckverfahren auch für den Mittelstand bieten, davon überzeugten sich Handwerksbetriebe aus der Göttinger Region an der HAWK, wo 3-D-Drucker für Kunststoff eingesetzt werden. Um die Perspektiven aus Praxis und Wissenschaft zusammen zu bringen, dienten informative Kurzvorträge und praktische Demonstrationen von Betrieben aus der Region. Dabei wurde klar: Nicht nur in der Industrie hat in den vergangenen Jahren ein Umdenkprozess stattgefunden. Die Möglichkeit der additiven Fertigung verändert mittlerweile auch im südniedersächsischen Handwerk ganze Abläufe. Von großem Interesse sind für die Betriebe hierbei die Einsparung von Kosten und Ressourcen, die flexiblen Herstellungsmöglichkeiten sowie in puncto Bestellungen die Unabhängigkeit von Lieferketten. Denn Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen entwickeln sich mehr und mehr zu einem Hemmnis für die Unternehmen. Prof. Dr. Henning Ahlers und Dr. Gerrit Hohenhoff von Niedersachsen Additiv gaben zudem Tipps, wie der Einstieg in die additiven Fertigungsverfahren von Kunststoff und Metall gelingen und wie die Initiative bei Planung und Durchführung unterstützen kann.
3-D-Druck in der Praxis – Fachleute berichten
Die Medizintechnik-Branche setzt 3-D-Drucker schon seit Jahren ein, denn so können Prototypen direkt nachempfunden werden. Auch Orthesen werden auf diese Weise produziert. Das demonstrierte bei der Veranstaltung unter anderen ein ehemaliger Student der Ingenieurwissenschaften der HAWK in Göttingen. Tim Müller, heute Entwicklungsingenieur bei Ottobock, einem weltweit tätiges Orthopädietechnik-Unternehmen aus Duderstadt, erläuterte, dass die Vorteile des additiven Druck-Verfahrens für ihn auf der Hand lägen: Der betreffende Körperabschnitt werde gescannt, danach ein computergestütztes Modell der benötigten Orthese angefertigt und die 3-D-Druck-Fabrikation des Hilfsmittels könne beginnen. „Das sorgt für eine Reduzierung des Zeitaufwands“, so Müller. Und das Ergebnis könne sich sehen lassen. Es stehe einem auf herkömmlichem Wege gefertigten Produkt in nichts nach.
Auch Christoph Kahle, Fachabteilungsleiter für digitale Fertigung beim südniedersachsenweit vertretenen Sanitätshaus Ort, berichtete, dass sein Arbeitgeber bereits seit sechs Jahren in die digitale Technik investiere. „Diese erspart uns im Vergleich zum herkömmlichen Vorgehen sehr viel Arbeitszeit“, die wiederum anderen Bereichen wie der Kundenberatung zu Gute käme, erklärt er. Zudem ließen sich defekte Orthesen über 3-D-Druck leicht neu herstellen.
Selbst der Tischlereibesitzer Hubertus Riepenhausen aus Duderstadt findet die Einsatzmöglichkeiten für einen eigentlich holzverarbeitenden Betrieb „sehr spannend. Da wir auch ein Bestattungsinstitut betreiben, könnte ich mir den 3-D-Druck ganzer Urnen mit individuellen Motiven oder Formen vorstellen. Ein verstorbener leidenschaftlicher Angler beispielsweise bekäme auf diese Weise eine sehr würdige und persönliche Möglichkeit der Beisetzung“, so der Unternehmer.
Hochschule und Handwerk – mit Studium an die Praxis anknüpfen
Die Veranstaltung habe gezeigt, so Prof. Dr. Ing. Christian Podolsky von der HAWK, dass Hochschule und Handwerk über etliche Anknüpfungspunkte im Technologietransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft verfügten. „Hieran haben wir als Hochschule ein großes Interesse. Und wer aus den Betrieben tiefer einsteigen möchte, habe mit seiner Ausbildung ein gutes Fundament, um durch ein akademisches Studium seine Kenntnisse, zum Beispiel auch bei der Anwendung der 3-D-Druckverfahren etwa im Präzisionsmaschinenbau oder im für 2023 geplanten Studiengang Orthobionik, zu vertiefen und wieder ins Unternehmen einzubringen.“