Der neue Präsident der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen hält es mit Alexander von Humboldt, der sich durch seinen steten Kampf um die Suche nach neuen Erkenntnissen und gegen die Widerstände seiner Zeit auszeichnete. In seiner Antrittsrede sagte Professor Dr. Martin Thren, dass die Humboldt’schen Charakteristika „Kommunikation, Demokratie, Zusammenarbeit, Internationalität, Begeisterung, Empirie, Innovation, Transdisziplinarität, Optimismus und Offenheit einem modernen Leitbild des 21. Jahrhunderts entsprechen.“ Vor rund 200 Festgästen aus Hochschulen, Wirtschaft und Politik verwies Thren in seiner Rede in diesem Zusammenhang auf den im Januar, dem ersten Monat seiner Amtszeit, verabschiedeten strategischen Hochschulentwicklungsplan samt Frauenförderplan der HAWK. Sie verstehe sich als zukunftsorientierte Hochschule, die in einem kontinuierlichen Erneuerungsprozess in Verantwortung für ihre Studierenden das Studienangebot auf der Basis von wissenschaftlichen und künstlerischen Kompetenzen sowie Handlungskompetenzen – verbunden mit Berufsorientierung – gestalte.
Die Hochschulen müssten ihr Profil schärfen, sagte der niedersächsiche Wissenschaftsminister Lutz Stratmann: „Sie müssen sich im Wettbewerb um Studierende auf ihre Stärken konzentrieren, besonders, wenn künftig Studiengebühren erhoben werden.“ Der Minister will eine vermögensunabhängige Kreditfinanzierung und eine Abzahlung des Kredites erst dann, wenn das Einkommen die Kreditnehmer auch in die Lage versetzt abzuzahlen. In der bundesweiten Diskussion um Studiengebühren ist derzeit ein Betrag von 500 Euro pro Semester im Gespräch. Stratmann, Befürworter der Gebühren, stellt allerdings eine Bedingung: „Die Einnahmen müssen bei den Hochschulen verbleiben und dürfen nicht durch die Absenkung der staatlichen Zuschüsse wieder abgeschöpft werden.
„Unser Profil ist Vielfalt, wir sind familiengerecht und generationenübergreifend ausgerichtet“, sagte Thren und schloss einen weiteren programmatischen Punkt an: „Wir sind Partner für die Region.“ Für den Raum Holzminden nannte er die enge Anbindung der Fakultäten Bauwesen sowie Soziale Arbeit und Gesundheit. Architekten, Bauingenieure und Immobilienwirte hätten über Projekte, Studien- und Diplomarbeiten traditionell enge Kontakte in die Holzmindener Region und darüber hinaus. Die Fakultät Bauwesen zeichne sich zudem durch Fortbildungsangebote und Weiterbildungsstudiengänge im Bereich des Bauwesens aus. Der Studiengang Soziale Arbeit realisiert mit dem Landkreis Holzminden und den Städten der Region sowie weiteren Trägern ein Internet-Portal für Jugendliche, ein Radio für die regionale Bevölkerung, eine Analyse des demographischen Wandels der Region, ein Entwicklungskonzept für Strategien zur Förderung von Menschen in problematischen Lebenslagen, die Entwicklung einer Kinder- und familienfreundlichen Innenstadt Wetzlar sowie die Förderung des Pflegewesens in Ausbildung und Beruf. Die Hochschule werde zu einem regional integrierten Dienstleistungsunternehmen, betonte Thren.
Hildesheims Oberbürgermeister Dr. Ulrich Kumme erklärte in seiner Festrede: „Gemeinsame Projekte sind für uns das Wichtigste.“ Kumme führte an, dass alle drei Hildesheimer Hochschulen derzeit in Sachen Hochschul-Campus Ledebur-Kaserne an einem Strang zögen. Dies sei ein wirklich wichtiges Vorhaben sowohl für die Hochschulen, allen voran die HAWK, als auch für die Stadt Hildesheim, sagte er an die Adresse von Wissenschaftsminister Lutz Stratmann.
Holzminden Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Bönig hatte genau diesen Punkt in seiner Festansprache ebenfalls in den Vordergrund gehoben: „Die Stadt Holzminden verfügt, wie Sie sicherlich wissen, über beste Beziehungen zu ‚ihrer’ Fachhochschule. Sie ist als ehemalige Baugewerkschule die Älteste in Deutschland.“ So habe die Stadt in der Vergangenheit mit Dank die neue Fakultät für Soziales in Holzminden ebenso wie einen großartigen Neubau für Labore, die Bibliothek und Ähnliches begrüßt. „Wir würden uns noch mehr freuen, wenn der zweite geplante Bauabschnitt in absehbarer Zeit fertig gestellt würde und auch weiterhin geeignete Studiengänge für Holzminden realisiert würden“, sagte Bönig an die Adresse des Wissenschaftsministers.
Göttingens Oberbürgermeister Jürgen Danielowski hatte zuvor deutlich gemacht, dass die Bedeutung der HAWK in Göttingen stetig steige: „Göttingen als Universitätsstandort zu beschreiben, greife zu kurz. „Die Stadt ist zunehmend ein bedeutender Fachhochschulstandort.“ Das belege auch die Tatsache, dass die Stadt jüngst eine Millionen-Investition zum Kauf weiteren Geländes am HAWK-Standort Zietenterassen realisiert habe. Ein Wermutstropfen lasse sich aber aus Göttinger Sicht nicht verschweigen, sagte Danielowski an die Adressen von Thren: „Wir lassen ihn ungern ziehen.“ Thren war vor seinem neuen Amt Dekan der Göttinger Fakultät Ressourcenmanagement.
Regionale Vernetzung mache konkurrenzfähig und zwar alle Beteiligten, bestätigte Thren und betonte auch im Hinblick auf die in der so genannten Bologna-Vereinbarung beschlossene Europäisierung der Studienabschlüsse auf Bachelor und Master: „Wir sind auf den Bologna-Prozess vorbereitet und ich werde diese Hochschule in den nationalen Wettbewerb führen.“ Die HAWK hat zum kommenden Wintersemester weitgehend alle Studiengänge nach den neuen Erfordernissen umgestellt und jetzt schon neue Angebote in Vorbereitung. Ein Beispiel sei der europaweit einzigartige Master-Studiengang Nachwachsende Rohstoffe und Erneuerbare Energien in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Hannover, mit dem sich beide Hochschulen auf einem der erfolgreichsten und innovativsten deutschen Forschungs- und Entwicklungssektoren an die Spitze setzten.
Thren richtete sein Augenmerk noch auf eine neue Entwicklung im Zuge des Bologna-Prozesses: „Eine Charakteristik der Bachelor- und Master-Studiengänge ist ihre gegenseitige Durchlässigkeit. Das bedeutet nicht nur, dass Studienmodule zwischen Hochschulen gegenseitig anerkannt werden, sondern dass auf einen Fachhochschul-Bachelor ein Universitäts-Master folgen kann und umgekehrt. Hier wünschen wir uns eine offene Kooperation mit den Universitäten Göttingen und Hildesheim.“
In einer bewegten Zeit, die von allen Beteiligten neue Konzepte, Pioniergeist, Kreativität, Mut und Unternehmertum verlange, stehe für ihn eines fest: „Wir müssen nicht warten, bis Änderungen von außen uns zum Handeln zwingen, denn wir haben die gestalterischen Freiheiten, aus eigener Kraft Bestehendes fortzuschreiben, aus eigener Kraft Neues zu entwickeln und aus eigener Kraft zu wachsen“, ist Threns Credo und er zitierte Friedrich des Großen aufklärerischen Leitsatz: „Ich bin der erste Diener meines Staates“.
Der 51-jährige verheiratete Forstwissenschaftler lehrte seit 1987 als Professor an der heutigen Fakultät Ressourcenmanagement der HAWK in Göttingen. Zwei Jahre lang war er Geschäftsführender Dekan der Fakultät. Martin Thren ist 1953 in Konstanz am Bodensee geboren und hat in Freiburg Forstwissenschaften studiert, wo er auch promovierte. Von seiner Lehrtätigkeit an der HAWK war er mehrfach für Forschungs-, Entwicklungs- und Lehraufgaben in Südamerika freigestellt. Von 1990 bis 1994 arbeitete und publizierte er in Nordwest-Argentinien. 1994 leitete Thren zudem eine Gutachtermission der Weltbank zur Erstellung eines Konzepts zur Nationalwaldinventur Argentiniens. Seine zweite längere Auslandstätigkeit begann 1997: Zunächst als Codirektor, später als Berater und Mitglied des Aufsichtsrates war Thren in dem Argentinischen Forschungszentrum „Forstliche Forschung und Beratung Patagonien“ tätig. Später wurde er vom argentinischen Partner zum Präsidenten einer für die Forschungsanstalt aufgebauten Stiftung gewählt.
Threns Dienstort als HAWK-Präsident ist Hildesheim, wo die zentrale Verwaltung der Hochschule angesiedelt ist. Er hat auch schon eine Wohnung in Hildesheim bezogen.
Wissenschaftsminister Lutz Stratmann führt neuen HAWK-Präsidenten Prof. Dr. Martin Thren bei einer Feierstunde in sein Amt ein Der neue HAWK-Präsident Prof. Dr. Martin Thren, Wissenschaftsminister Lutz Stratmann und der Threns