HAWK-Projektkurs der Sozialen Arbeit stellt Ergebnisse in Bodenburg vor

Erscheinungsdatum: 07.02.2024

Zwei Semester lang begleitete ein Praxissemesterkurs der Sozialen Arbeit an der HAWK in Hildesheim Menschen und Unterstützer*innen des Freibades im Flecken Bodenburg, das ursprünglich von der Schließung bedroht gewesen war. Die untersuchten Themen der Bachelorstudierenden, ihre Interviews und Beobachtungen waren detailreich und breit angelegt: Sie reichten zum Beispiel über die Frage zur Schwimmfähigkeit von Grundschulkindern, das Freibad als Ort der demokratischen Teilhabe oder als Ort autonomer, psychischer Gesundheit für erwerbstätige Menschen.

Der Fachtag mit Studierenden- und Dozent*innenvorträgen zu den Ergebnissen – gestaltet als Ortstermin im Kulturzentrum des kleinen Ortes – war gut besucht: Im Kunstgebäude in Bodenburg stellten fünf Studierendengruppen ihre Ergebnisse vor. Verw.-Prof. Dr. Andreas W. Hohmann, leitender Dozent der Projektgruppe, rückte in einem ein- und ausleitendem Vortrag das Thema in einen größeren Zusammenhang: Kampagnen-Marketing und Community-Organizing in der Sozialen Arbeit am Beispiel des Freibades Bodenburg.
„Wir haben mit der Lokalpolitik, wir haben mit allen entsprechenden Akteuren gearbeitet und dann haben sich daraus im ersten Semester die Themen entwickelt“, sagte Andreas W. Hohmann. Anlass sei die Ankündigung der Lokalpolitik gewesen, das Bad schließen zu wollen. Mittlerweile hat sich zwischen den Interessengruppen ein tragfähiger, politischer Kompromiss herausgebildet.

 

So untersuchten beispielsweise Maya Hlawatschek und Stefanie Wilschefski, beide im 6. Bachelorsemester an der HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, in einer Sozialraumanalyse die Relevanz offener Treffpunkte für Jugendliche anhand des „Freien Bades Bodenburg“: Nach einer Literaturrecherche und durch Befragungen von Bewohner*innen konnten sie mehr über die Präferenzen der Jugendlichen herausfinden. Auch aufgrund eines eigenen Ortstermins zeichnete sich für die Studierenden ab, dass die Jugendlichen das Freibad als wichtigen, offenen Treffpunkt innerhalb des Fleckens ansehen und auch wahrnehmen.
„Wir konnten lernen, wie Community Organizing funktioniert und wie wichtig das auch für die Soziale Arbeit ist, Objekte zu retten, die vor dem Aus stehen“, so Wilschefski. Dies sei ihr so nicht bewusst gewesen, dass Soziale Arbeit auch da eingreifen und etwas bewegen könne – die Erkenntnis habe sie persönlich weitergebracht, wie sie sagt.
Positiv beeindruckt habe Maja Hlawatschek die Offenheit der Bewohner*innen während ihrer Forschungsarbeit: „Bei unseren Besuchen wurden wir immer ganz herzlich empfangen - eigentlich von allen, mit denen wir gesprochen haben, sogar von den Jugendlichen. Im Gegenteil, sie waren richtig froh, einfach gehört zu werden.“  
Des Weiteren wurde auch der kommunikative Prozess zwischen den Bewohner*innen und der lokalen Politik beobachtet und analysiert. Aber auch andere Themen wurden von den Studierendengruppen bearbeitet: Die Schwimmfähigkeit von Grundschulkindern lag dabei ebenso im Interesse der Forschung wie das Schwimmbad als Ort der demokratischen Teilhabe, aber auch als Ort autonomer psychischer Gesundheit für Menschen in der Erwerbstätigkeit.
Insgesamt hätten die Studierenden gelernt, ein ganzes Portfolio von wissenschaftlichen Methoden der Sozialen Arbeit anhand dieses praktischen Beispiels anzuwenden und damit zu üben: von Einzelbefragung, Biografie-Forschung bis hin zu literarischer Auseinandersetzung mit dem Thema, so Hohmann: „Aber ebenso verdeckte und teilnehmende Beobachtung, verdeckte und teilnehmende Befragung und quantitative Interviews.“
Der Fachtag wurde von vielen interessierten Bewohner*innen Bodenburgs und Lokalpolitiker*innen besucht. Auch die Landes- und Bundespolitik hatte an dem Prozess Anteil genommen: Lokale Bundestagsabgeordnete suchten im Verlauf der einjährigen Untersuchungen der dreizehn Studierenden das Freibad und Aktive auf, um sich zu informieren, der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil meldete sich vorab mit einem Gruß bei der Abschlussveranstaltung zu Wort, der verlesen wurde.   
Andreas Hohmann konstatiert abschließend einen „vollen Zuspruch“ aller Beteiligten zu den Untersuchungen der HAWK-Studierenden. Und er zieht ebenfalls ein positives Fazit: Für ihn sei es wichtig gewesen, den ganzen demokratischen Prozess zu begleiten und die Kommunikation zwischen Bewohner*innen, dem Verein, der das Freibad betreibt, und der Kommunalpolitik zu beobachten: „Für die Ergebnisse, die wir erforscht haben, ist die Kommunalpolitik sehr dankbar, weil sie jetzt wieder Anhaltspunkte hat, warum ein Freibad am Leben bleiben muss.“
Er vermutet, dass das hohe Interesse, Freibäder zu schließen an dem Kostendruck sehr vieler Kommunen liege: „Deswegen ist es, glaube ich, so wichtig, dass man vermittelt, dass ein Freibad mehr ist als ein Ort, an dem man nur schwimmen kann.“
Das Projekt der Sozialen Arbeit ist zwar abgeschlossen, das Untersuchungsobjekt Freibad wird aber noch einmal in den Fokus einer Studierenden-Praxisübung der Hochschule im Sommersemester rücken:  Prof. Dr.-Ing. Ines Lüder wird mit einem Kurs Architektur-Studierender das Freibad und angrenzende Gebäude aus baulicher Perspektive analysieren. Der Kurs, in dem am Ende Bachelorarbeiten entstehen, wird im April mit einem Ortstermin in Bodenburg starten.