Erscheinungsdatum: 21.07.2016

Ausstellung auf Weinberg-Campus zeigt Plakat-Design aus sechs Jahrzehnten

Jetzt hat Hans-Martin Buttler sogar sein ganz eigenes Plakat: Es ist das Poster für seine Plakatausstellung an der HAWK. Eines mehr für eine umfangreiche Sammlung, die in Teilen im Haus E auf dem HAWK-Campus Weinberg in Hildesheim zu sehen ist. „Sammlung Buttler. Plakate aus Jahrzehnten“ steht darauf in schwarzen Lettern geschrieben. Das kreisförmige Motiv im Hintergrund entstammt einem älteren Objekt, das Buttler zusammen mit rund 200 anderen in den letzten sechs Jahrzehnten gesammelt hat. Seinen Fundus hat er der HAWK gestiftet.

„Ich danke Ihnen, dass Sie meine Papierrollen nicht einfach weggeworfen haben“, sagte Buttler in seiner Rede zur Vernissage ein wenig verschmitzt. Zusammen mit seiner Frau erzählte er den zahlreichen Gästen, wie er zu seiner Plakatsammelleidenschaft gekommen ist. Buttler, Jahrgang 1930, nahm schon als Schüler in Braunschweig sehr gerne am Kunstunterricht teil. Als Student, zunächst in Göttingen, dann später in Mainz begann er bereits in den Fünfzigerjahren, Plakate mit für ihn besonders interessanten Illustrationen ganz gezielt zu sammeln. Ausstellungen, aber auch Karnevalsplakate faszinierten ihn. Nach dem Theologiestudium sammelte er weiter und auch seine Frau Irmtraud entwickelte schnell den „Buttlerschen Blick“ für das besondere Motiv. Auch wenn die Sammelergebnisse ab und zu mit ihrer Ordnungsliebe kollidierten, wie sie sagte, freute sie sich über die neuen Exemplare. Karnevalsmotive hatten es ihm zunächst angetan, es kamen aber auch Plakate von den Kirchentagen dazu, ebenso solche mit sozialen, politischen und kulturellen Themen.




Ausschlaggebend für ein Objekt sei für ihn neben der Ästhetik auch Witz und das grafische Können des Plakatkünstlers, sagte Buttler. Daher nahm er auch Gebrauchsgrafiken mit in die Sammlung auf. Ein Beispiel hierfür ist das Werbeplakat einer Toilettenpapiermarke von 1955, entworfen vom Schweizer Künstler Rolf Bangerter. Das habe er bei sich im Badezimmer aufgehängt. Und er freute sich über die Reaktionen seiner Besucher: „Immer wenn das jemand dort gesehen hatte, wurde ich gefragt ‚Was hast du denn da aufgehängt?‘ Damit habe ich sie immer zum Schmunzeln gebracht.“

Im Pfarrhaus in Alfeld hingen innen an den großen braunen Türen meist Plakate. Hans-Martin Buttler ersetzte diese regelmäßig mit den neuen Fundstücken, erzählt seine Frau. Liebevoll gestaltete er auch immer den Schaukasten der Gemeinde. Die alten Exemplare entsorgte er nicht, sondern er verwahrte sie, sorgsam aufgerollt, in einem trockenen Winkel auf dem Dachboden. Dass es am Ende doch sehr viele Rollen waren, merkten seine Frau und er erst beim Umzug vor 20 Jahren von Alfeld nach Hildesheim.

Buttler kam auf die Idee, die Sammlung der Hochschule zu stiften, als er hörte, dass auch Grafik Design an der Fakultät Gestaltung gelehrt wird. Er wollte Prof. Barbara Kotte besuchen, traf sie aber nicht in ihrem Büro an und schrieb ihr darauf einen Brief, den er an ihre Tür heftete. Er freute sich daher immens über die positive Antwort auf seinen Vorschlag. Dekan Prof. Dr. Jan Henrik Oehlmann sagte zur Vernissage, dass die Fakultät so manches an Sammlungen angeboten bekäme, „aber diese war so emotional, persönlich und einzigartig, dass wir dieses Angebot sehr gerne angenommen haben“.

Prof. Barbara Kotte und Mitarbeiter/innen wählten für die Ausstellung insgesamt 86 Plakate aus, die den Fundus in seiner Gesamtheit gut widerspiegeln. Die Studierenden Lena Lübben (Masterstudierende der Gestaltung im 4. Semester) und Pascal Wedeken (Bachelorstudierender im Fach Advertising Design im 4. Semester) arbeiteten rund ein Jahr an der Ausstellung: Sie entrollten und glätteten die Plakate und brachten sie mithilfe der speziellen, HAWK-eigenen 45-Grad-Halterungen in die jetzige Form. Lichtdesign-Studierende der Fakultät konzipierten eine gedämpfte Beleuchtung für die Ausstellung, die dafür sorgt, dass sich die Leuchten nur wenig in den Rahmengläsern spiegeln.

„Es war wie eine große Schatztruhe“, beschrieb Lübben ihren langwierigen Arbeitsprozess, „die Plakate mussten wir erst alle aufrollen, um zu sehen, was man da vor sich hat.“ Die Plakate sind nicht nur eine Reise durch die deutsche und europäische Geschichte, interessant finden beide auch die inhaltlichen Unterschiede im Plakatdesign aus den einzelnen Jahrzehnten: „Mir fiel auf, dass bei den früheren Plakaten viel weniger mit Typographie gearbeitet wurde“, meint Lübben und verweist auf die aussagekräftigen Bildmotive. „Da kann man sich auch heute noch mal von inspirieren lassen.“

Wedeken ist ebenfalls von der Art des früheren Plakatdesigns fasziniert: „Viele Sachen sind sehr einfach und schlicht von der Gestaltung her: Die Botschaften sind teilweise sehr provokant, was ich auch sehr spannend finde.“ Und als Olympia-Fan hätten es ihm vor allem die Otl-Aicher-Plakate zu den Olympischen Spielen in München 1972 angetan. Das veranlasste ihn auch, sich näher mit dem Künstler auseinanderzusetzen.

Wenn man Hans-Martin Buttler nach seinen bevorzugten Gestaltungstechniken bei Plakaten fragt, so sagen ihm zwar auch fotografische Motive zu - am meisten aber die älteren Plakate mit Zeichnungen: „Die Formen der Grafiken und die Farbigkeit gefallen mir am besten. Und weil ich mir vorstelle, wie der Künstler in seinem Atelier sitzt und das Motiv zeichnet oder malt. Da steckt Kunst dahinter.“

Ausstellung auf Weinberg-Campus zeigt Plakat-Design aus sechs Jahrzehnten Hans-Martin und Irmgard Buttler, Jan Henrik Oehlmann rechts Hans-Martin und Irmgard Buttler, Jan Henrik Oehlmann rechts