Göttinger Regionalwissenschaftler der HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement werden ein Integriertes Regionales Entwicklungskonzeptes (ILEK) für die Region „Hohe Schrecke“ in Nordthüringen erarbeiten. Dafür stehen der Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dekan Prof. Dr. Ulrich Harteisen jetzt etwa 80.000 Euro zur Verfügung. Die „Hohe Schrecke“ ist von Göttingen über die neue Autobahn A 38 in zwei Stunden zu erreichen. Auf der einen Seite ist die landschaftlich reizvolle Region von Arbeitslosigkeit und dem Wegzug junger Menschen gezeichnet, auf der anderen Seite aber hat sie viel zu bieten: alte Gutshäuser, Schlösser und Klöster. Außerdem gibt es dort außergewöhnlich alte Buchenwälder, die zu DDR-Zeiten absolutes Sperrgebiet waren und entsprechend unberührt blieben.
Die Bürgermeisterin der Stadt Wiehe, Dagmar Dittmer, und Prof. Dr. Ulrich Harteisen haben jetzt einen entsprechenden Vertrag zur Erarbeitung des Integrierten Regionalen Entwicklungskonzeptes unterzeichnet. Die besondere Problemlage der Region ergibt sich aus dem Wegfall eines hohen Anteils der Arbeitsplätze nach der politischen Wende in den 1990er Jahren (Kaliindustrie, Lebensmittelindustrie, landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften etc.), der mit einer bis heute sehr hohen Arbeitslosigkeit einhergeht. Verstärkt wurde dieser Effekt durch eine mangelhafte infrastrukturelle Einbindung. Erst mit Fertigstellung der A38 und A71 (für 2012 geplant) wird eine schnelle Anbindung an das Autobahnnetz erreicht sein. Mit den genannten Bedingungen verbunden ist ein spürbarer Wegzug vor allem junger Erwachsener und in dessen Folge ein drastischer Bevölkerungsschwund bei gleichzeitig gravierender Überalterung der Bevölkerung.
Vor diesem Hintergrund kommt den Aktivitäten zur Förderung einer nachhaltigen Regionalentwicklung eine große Bedeutung zu. Die Regionalentwicklung zielt unter anderem auf die nachhaltige touristische Nutzung des Natur- und Kulturerbes und auf den Erhalt der Voraussetzungen beispielsweise durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Dorferneuerung ab. Im Zentrum des Entwicklungsraumes liegt das Waldgebiet der Hohen Schrecke, das bis 1992 ein absolutes Sperrgebiet war und von der Russischen Armee als Truppenübungsplatz genutzt wurde. Bedingt durch die militärische Nutzung konnten Teilbereiche der Hohen Schrecke nicht forstwirtschaftlich genutzt werden, als Ergebnis finden wir dort heute außergewöhnlich alte Buchenwälder. Die Anrainer sind sich dieses besonderen Naturerbes bewusst und wollen den alten Wald erhalten.
„Alter Wald mit Zukunft - gemeinsam wertschätzen, gemeinsam wertschöpfen“, so könnte laut Harteisen das Motto für die Region lauten. Die Göttinger Regionalentwickler wollen gemeinsam mit den Bürgern der Region in 2009 die Möglichkeiten der Wertschöpfung analysieren und konkrete Perspektiven für die Umsetzung von Projekten aufzeigen. Dabei geht es vor allem darum, die Region mittelfristig wirtschaftlich zu stabilisieren und die Abwanderung zu stoppen. Das reizvolle Gebiet ist überregional kaum jemandem bekannt, daher muss das Regional- und Tourismusmarketing genauso wie die touristische Infrastruktur vor Ort weiterentwickelt werden.
Neben der touristischen Entwicklung sollen regionale Kreisläufe in der Land- und Forstwirtschaft weiter entwickelt werden. Der Wald stellt eben auch eine große regionale nachwachsende Energieressource dar, die es zu nutzen gilt.
Im Rahmen des Entwicklungsprojektes „ILEK Hohe Schrecke“ soll auch den Studierenden des Master-Studiengangs Regionalmanagement und Wirtschaftsförderung die Mitarbeit ermöglicht und auf diese Weise eine Anknüpfungsmöglichkeit an die angewandte Forschung und Entwicklung geschaffen werden.