Können spezielle Streifenkoloraturen auf Kranke gesundheitsfördernd oder auch beruhigend auf Gewaltbereite wirken? Ein Design-Forschungsprojekt an der HAWK-Fakultät Gestaltung in Hildesheim beschäftigt sich jetzt mit dem emotionalen Einfluss, den die Kombination von Farbe, Licht und Durchsichtigkeit auf Menschen haben kann. Grundlage dafür ist eine Doktorarbeit im Bereich Wahrnehmungspsychologie an der Universität Mannheim. Im Rahmen der interaktiven Farb-Licht-Rauminstallation „Le Licht“ haben Professor Markus Schlegel, Professor Günter Weber und Norbert Wasserfurth von der HAWK jetzt den Transfer der Theorie in angewandtes Design und konkrete Architektur in Frankfurt vorgestellt. Eine wissenschaftliche Befragung von Testpersonen wird derzeit an der HAWK in Hildesheim ausgewertet. Die Ergebnisse dienen der Grundlagenforschung auf dem Sektor Farbe/Licht und sollen für Folgeprojekte in den Bereichen Gesundheit und Pflege, Wohnen und Pflege oder zur Gewaltprävention genutzt werden.
Die interaktive Rauminstallation „Le Licht“ ist als Gemeinschaftsprojekt der HAWK mit den Hochschulen Darmstadt und Wismar bei der „Luminale“ während der Messe „Light + Building“ in der Mainmetropole realisiert worden. Dabei hatte die HAWK das Schwerpunktthema „Farbe und Emotion“.
Umgesetzt wurde die Installation von den Kompetenzfeldern Farbdesign unter der Leitung von Professor Markus Schlegel, Lighting Design unter der Leitung von Norbert Wasserfurth und Interior Architecture unter der Leitung von Professor Günter Weber von der Fakultät Gestaltung der HAWK.
In der ersten Etage eines Geschäftshauses im Frankfurter Rotlichtmilieu entstand auf 140 Quadratmetern der Erlebnisraum „Colourstripes“ mit mehr als achtzig unterschiedlichen Koloraturen. Diese wurden jeweils in sechs Quadratmeter großen „Boxen“ über digital gedruckte und mit Melaminharz verpresste Paneels erlebbar. Weitere 15 Streifenkombinationen wurden über geschmolzene Glaspaneele dargestellt. Hier sollte die emotionale Wirkung von „Farbe – Licht – Durchsichtigkeit“ bewertet werden. Die Serie „Colourstripes“ ist eine bisher einmalige und faszinierende Sammlung von begehbaren Streifenkompositionen, bei der es sich um eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der Mannheimer Doktorarbeit zur Wahrnehmungspsychologie handelt. Damit alle Testpersonen bei der Befragung der Wirkungsweisen dieselben Bedingungen vorfanden, konstruierten die Hildesheimer eigens dafür hundert Quadratmeter Lichtdecke. Die „Colourstripes“ entfalteten sich so bei genormtem Licht von 6000 Kelvin bei 700 Lux. An mehreren Tagen fanden in der Installation dann zwischen 11 und 18 Uhr die Befragungen statt.
In den Abendstunden wandelte sich die farbkünstlerische und wissenschaftliche Installation durch den Zusatz von Licht und Farbe dann in ein einmaliges „Light- und Stripes-Labyrinth“, das Besucher der Messe entdecken konnten. Im Rahmen einer weiteren Installation haben die Hildesheimer Licht-Designer und Innenarchitekten auch die Fassade und den Innenraum im Erdgeschoss des Geschäftshauses inszeniert. Grundlage hierfür war eine interdisziplinäre Entwurfsarbeit zum Thema „Farbe, Licht und Innenarchitektur“.
Die im Erdgeschoss zur Verfügung stehenden achtzig Quadratmeter gestalteten die Hildesheimer als Lounge unter dem Titel „Le Licht Lounge - LLL“. Diese Lounge diente als Anlaufstelle für alle Projektbeteiligten, Luminalebesucher und als „After Work Lounge“ der Messe.
Das zentrale gestalterische Raumelement des Erdgeschoßbereiches war eine freistehende Bar mit einem hinterleuchteten, von den Studierenden gefertigten, textilen Wandbehang (Screen) als Raumabschluss. Die Bar selbst wurde aus mit teilweise farbiger Flüssigkeit befüllten Kunststoffflaschen hergestellt. Diese „flüssige Bar“ (liquid Cube) wurde mit einer im Sockel integrierten Beleuchtung von unten in Szene gesetzt.
Indirektes kühles Licht reflektierte über die Betonrohdecke subtil auf die Randbereiche des Raumes. Hier war über so genannte Lightcubes eine Sitzgelegenheit zum Verweilen geschaffen worden. Die Erschließung und Führung zur Bar wurde über punktartige auf den Boden gerichtete Spots erreicht. Der Gesamteindruck war höchst erfrischend und lockte neugierige Passanten in den Raum.
Abends war die Außenwirkung des Gebäudes stark geprägt von der blitzartigen Aufhellung der gesamten Straßenfassade. Dazu wurden fünfzig Stroboskope auf sieben Etagen in fünfzig Räumen installiert und durch intelligente Steuerungstechnik immer zeitgleich gezündet. Die Reflektoren an der Glasfassade für die Lichtquelle wurden in Streifendesign mittels Beschichtung durch Kefir (Caseinfarbe) angebracht. Im Zusammenhang mit den umgebenden Etablissements und deren farbiger Ausleuchtung und Lichtreklame entstand ein starkes Überraschungsmoment. Als Kontrapunkt zeigte sich nach Abklingen des oszillierenden weißen Lichtes in den Fenstern des Bürogebäudes ein sanfter, langsam anschwellender Blau-Grün Schimmer.
Die Installation wurde im Rahmen der drei „Luminale“-Tage von rund 1700 Menschen besucht. Das Organisationskomitee der „Luminale“ und die Messe Frankfurt motivierten die HAWK, das Projekt in zwei Jahren fortzusetzen.