Dr. Tamara Thomsen ist neue Professorin an der HAWK
Seit Oktober 2024 ist sie nun Professorin für Theorien, Methoden und Praxis von Beratung und Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen.
Ihre Leidenschaft für das wissenschaftliche Arbeiten beginnt für Tamara Thomsen an der Uni Hildesheim. Nach einer Ausbildung zur Erzieherin und dem Abitur studiert sie dort Psychologie – und bleibt, um zu promovieren. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich damit, was die Entwicklung von adaptiven Bewältigungsfähigkeiten begünstigt, die Menschen benötigen, um unbeschadet durch Krisen oder kritische Lebensereignissen zu gehen. Es folgen Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Hildesheim, Lehraufträge an der Universität Witten/Herdecke und der Technischen Universität München und eine Vertretungsprofessur an der Uni Witten/Herdecke.
Nebenbei legt Thomsen in diesen Jahren eine beeindruckende sportliche Karriere hin. Ihre Leidenschaft: der Kraftdreikampf, bei dem Athlet*innen in den drei Disziplinen Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben ein größtmögliches Gewicht stemmen. So verbringt die Wissenschaftlerin ihre Freizeit im Kraftraum und auf nationalen und internationalen Wettkämpfen. Viele Jahre tritt sie im Bundeskader an, wird 4 mal Deutsche Meisterin, 1 mal Vizemeisterin und holt auch bei Europa- und Weltmeisterschaften mehrmals Gold-, Silber- und Bronzemedaillen. Und ihre Passion für den Sport sollte auch auf ihre berufliche Karriere Einfluss nehmen.
„Mir hat die Arbeit in der Wissenschaft viel Spaß gemacht, aber gleichzeitig hatte ich auch große Lust auf die Praxis“, erinnert sich Thomsen. Weil sie selbst im Leistungssport aktiv ist, entscheidet sie sich für eine Weiterbildung im Bereich Sportpsychologie und berät seitdem Leistungssportler*innen, unter anderem im Olympiastützpunkt Niedersachsen, der sich in Hannover befindet. „In meiner Arbeit habe ich gemerkt, dass die Probleme vieler Sportler*innen nicht nur mit dem Sport zu tun haben, sondern zum Beispiel auch im Privatleben liegen“, erklärt sie. Um Menschen auch unabhängig vom Sport psychologisch beraten und begleiten zu können, absolviert sie weitere Fortbildungen zur Systemischen Beratung und Therapie. In ihrer eigenen Praxis in Hildesheim berät sie in den folgenden Jahren Menschen in herausfordernden Lebenslagen und arbeitet nebenbei als Lehrbeauftragte. Ganz zurück in die Wissenschaft – das kann sie sich in dieser Zeit nicht vorstellen.
Doch der Lehrauftrag, der ihr 2021 an der HAWK angeboten wird, macht sie neugierig. „Ich mag neue Dinge und ich mag Herausforderungen“, erklärt sie ihre Entscheidung. „Und dann habe ich gemerkt, wie toll es eigentlich an der HAWK geht, Theorie und Praxis zu verbinden. Ich kann mich in Theorien verlieben, ich kann aber auch praktische Methoden unterrichten.“ So entscheidet sie sich 2023 auch für die Übernahme der Verwaltungsprofessur und schließlich für die Bewerbung um die Professur an der HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit.
Dort lehrt sie nun in den Studiengängen Soziale Arbeit und Kindheitspädagogik Methoden, Techniken und Theorien der Beratung und Gesprächsführung. Das entsprechende Modul möchte sie in den kommenden Jahren gemeinsam mit Kolleg*innen weiterentwickeln.
Auch was die Forschung angeht, hat sich Thomsen große Ziele gesteckt. Sie interessiert besonders ein relativ neuer therapeutischer Ansatz, die Arbeit mit inneren Anteilen nach dem Internal Family Systems Ansatz (IFS). „Dabei geht es um die Arbeit mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen, die jeder Mensch in sich trägt“, erläutert sie. In Deutschland gebe es dazu noch sehr wenige wissenschaftliche Arbeiten. „Ich würde diese Methode gerne in die Beratungspraxis bringen, speziell in die Beratung von Fachkräften.“ Thomsens Ziel: In den kommenden 5 Jahren einen eigenen Forschungsbereich mit konkreten Projekten voranzutreiben. Nebenbei plant sie auch ein Netzwerk, um Informationen zu Hildesheimer Beratungsangeboten zu bündeln und Kolleg*innen zu vernetzen.
Damit ist die neue Professorin wieder ganz in Wissenschaft und Lehre angekommen. Ihre Beratungstätigkeit, sowohl in der eigenen Praxis, als auch im Olympiastützpunkt, will Thomsen stark reduzieren – aber auch nicht ganz aufgeben. „Ich möchte nie ganz raus aus der Praxis. Die Lehre und die Studierenden profitieren schließlich auch sehr von der Praxiserfahrung.“
Und auch der Sport, der Thomsen ursprünglich in die Beratung brachte, spielt in ihrem Leben weiterhin eine entscheidende Rolle. Dem Leistungssport im Kraftdreikampf hat sie den Rücken gekehrt. Doch in einer alten Leidenschaft, dem Kampfsport, hat die Professorin eine neue Heimat gefunden. Und neben Kick- und Thaiboxen hält sie sich weiterhin mit Krafttraining, Laufen und Inlineskating fit. „Sport hat beruflich bei mir nun noch einen geringen Einfluss“ erzählt sie. „Aber er gehört zu meinem Leben und gibt mir die Energie, um gut zu arbeiten.“