Seit Mai 2009 besteht ein neues Kooperationsprojekt zwischen dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen LfDH und der HAWK Fakultät Erhaltung von Kulturgut, Studienrichtung Wandmalerei / Architekturoberfläche unter Leitung von Prof. Dr. des Nicole Riedl mit dem Titel:
Die Konservierung und Restaurierung der Wandmalereien im Brömserhof zu Rüdesheim / restaurierungswissenschaftliche Untersuchungen und Forschungen
Das Gesamtvorhaben bezieht sich auf die nachhaltige Konservierung und Restaurierung der spätgotisch-renaissancezeitlichen Raumausmalung in Ahnensaal und Kapelle des Adelshofs der Familie Brömser in Rüdesheim am Rhein. Die Einzigartigkeit der Wandmalereien drückt sich sowohl in der kompletten Erhaltung der Raumschale als auch in ihren technologischen Raffinessen aus, die in ihrer Feingliedrigkeit an Tafelmalerei erinnern. Als Stifter der kulturhistorisch wertvollen Wandmalereien kann das bedeutende Adelsgeschlecht des Rheingaus, die Familie Brömser angesprochen werden. Sie waren bereits im 14. Jahrhundert als Ministerialenadel der Erzbischöfe von Mainz tätig und erbauten 1330 einen prachtvollen Adelssitz - den Brömserhof. Der älteste Gebäudeteil beherbergt die Repräsentationsräume, Kapelle und den Ahnensaal. Beide Räume sind mit ausgesprochen schönen, ornamentalen und figürlichen Wand- und Gewölbemalereien aus dem späten 16. Jahrhundert geschmückt.
Die Wandmalereien sind von außerordentlich hoher Qualität, die sich in der Feinteiligkeit der Ausführung, im Umfang und in der Geschlossenheit der Raumausmalungen zeigt. Die in Seccotechnik ausgeführten Malereien haben einen herausragenden regionalen Bezug, vor allem aufgrund der Ansichten der Städte Rüdesheim und Mainz vom Rhein aus gesehen. Auch als profane Wandmalerei, die das Selbstverständnis eines vermögenden adeligen Bürgertums spiegeln, sind sie als große Seltenheit zu bewerten. Sie sind mit drei Inschriften auf die Jahre 1558-59 datiert und werden dem Maler Hans Ritter gen. Döring zugeschrieben, einem Schüler von Lucas Cranach d. Ä.
Die Wandmalereien befinden sich in dem nach Norden ausgerichteten mittelalterlichen Kernbau, der durch Kriegsschäden im Dachbereich jahrelang der freien Bewitterung ausgesetzt war. Die Auswirkungen der eingedrungenen Feuchtigkeit sind noch heute in Form von Salzausblühungen vor allem an den Nordwänden und in den nördlichen Gewölbefeldern erkennbar. Die Malereien sind durch die Salzaktivität strukturell in ihrem Mörtelbestand entfestigt und mürbe, liegen großflächig hohl und zeigen Oberflächenverformungen. Die Malschichten haben sich vom Untergrund gelöst, stehen schuppig auf, sind aufgerollt oder bereits verloren. Während die eindringende Feuchtigkeit durch die Reparatur des Daches und den Einbau einer Horizontalsperre in den 1980er Jahren keine weiteren Schäden produzieren kann, geht von dem aufliegenden Caseinfilm eine fortschreitende akute Gefährdung aus.
Natürliche Alterungsprozesse lassen den organischen Film vergilben, spröde und rissig werden, wobei er sich spannungsreich von der Malschicht abhebt und diese abreißt. Darüber hinaus reagiert der Caseinfilm auf temporär auftretenden Klimaschwankungen. Die Luftfeuchtigkeitsaufnahmen und -abgaben sind in dem organischen Überzug quantitativ ausgeprägter als in der Wandmalereisubstanz. Die dadurch ausgelösten Dehnungs- und Schrumpfungsbewegungen auf der Oberfläche der Malerei zeigen eine hohe Schadensprogression. Darüber hinaus bindet der Caseinfilm im hohen Maße Staub und Schmutz und bewirkt eine starke ästhetische Beeinträchtigung im Erscheinungsbild der Wandmalereien.
Eingebettet in die ganzheitliche Betrachtung zur Bekämpfung der Schadensursachen soll das Kooperationsprojekt vor allem die fortschreitende Schadensprogression an den wertvollen Malereien minimieren. Das zentrale Anliegen zukünftiger Maßnahmen soll deshalb sowohl in der Reduzierung des oberflächlich aufliegenden Caseinfilms als auch in der Stabilisierung des Mörtel- und Malschichtbestandes liegen. Die Nachhaltigkeit der klassischen Konservierung soll durch die Kombination mit präventiven Maßnahmen in Form von Klimaregulierung erzielt werden.
Der Brömserhof in Rüdesheim beherbert ein überaus sehenswertes und gut besuchtes Museum für mechanische Musikinstrumente, was von dem Denkmalbesitzer Siegfried Wendel seit den 1970er Jahren betrieben wird und die Räumlichkeiten auf diese Weise einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden. Dadurch werden jedoch auch die Arbeitszeiten mit Gerüsteinbauten erschwert, so dass die Konservierungs-maßnahmen in den Nachtstunden von 01:00 Uhr bis 10:00 Uhr morgens durchgeführt werden müssen. Trotz dieser unüblichen Arbeitszeiten haben sowohl die Studenten der HAWK als auch alle beteiligten Kollegen vorbildlich und engagiert die Projektziele verfolgt.
Realisiert wird das Projekt vor allem durch die Unterstützung des Landes Hessen. Zum einen durch die denkmalfachliche Betreuung der Leiterin der Restaurierungs-abteilung des Landesamt für Denkmalpflege Hessen Frau Dipl. Restauratorin Christine Kenner und zum anderen durch finanzielle Mittel. Darüber hinaus wurden Zuwendungen von dem Wirtschaftsministerium zur Förderung des Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal und aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes bereitgestellt.
Studenten der HAWK arbeiten nachts an der spätgotisch-renaissancezeitlichen Raumausmalung des Adelshofs Brömser
Rüdesheim, Brömserhof Arbeitsfoto in der Kapelle