Jugendliche sind nicht einfach selbst schuld daran, wenn sie keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Dass Lehrstellen fehlen, ist ein gesamtwirtschaftliches Problem. Und das sollten die Jugendlichen auch wissen, ist die zentrale Forderung von Blandine Ehrl. Die 24-Jährige ist jetzt im Rahmen der Diplomfeier an der HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit für ihre hervorragende Abschlussarbeit ausgezeichnet worden. Sie hat sich mit der Jugendberufshilfe befasst, das heißt, mit den Möglichkeiten und Aufgaben von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, junge Leute beim Übergang von der Schule in den Beruf zu unterstützen.
Laudator Prof. Dr. Lutz Finkeldey, betonte die ganz außergewöhnliche Leistung von Blandine Ehrl. Es sei ihr gelungen, ein zentrales Dilemma in allen Facetten herauszuarbeiten: Förderangebote und Kompetenzanalyseverfahren der Jugendberufshilfe seien an Methoden aus der Personalentwicklung der Wirtschaft orientiert. Der Erfolg dieser Angebote werde vor allem an den Übergangsquoten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt gemessen. Das heiße im Umkehrschluss, dass bei den Kompetenzfeststellungsverfahren auch vorrangig Fähigkeiten geprüft werden, die für den Arbeitsmarkt relevant sind.
Das Problem dabei: „Durch die Existenz von Kompetenz und Profilierung werden jedoch nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen. Sie werden zu Instrumenten, die sortieren, aussortieren helfen.“
Wolle ein Maßnahmenträger der Jugendberufshilfe erfolgreich sein, so fasst Finkeldey zusammen, dann müsse die Fallzahl der Vermittelten stimmen. Wie diese erreicht werde, gehe aber in sehr vielen Fällen an der Situation der Jugendlichen vorbei. Blandine Ehrl bringt es in ihrer Analyse auf den Punkt: „Die Jugendberufshilfe wird so zum Handlanger ökonomischer Interessen, obwohl ihr eigentliches Ziel die soziale Interessenvertretung junger Menschen ist.“
Konsequenz und politische Forderung aus diesem Teufelskreis muss aus Sicht der Diplomandin deshalb sein, dass der Mensch immer im Mittelpunkt zu stehen habe: „Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen müssen entlang sozialer Aspekte und nicht in Abhängigkeit von Kosten und Zeit formuliert werden.“
Finkeldey hob aber nicht nur die besondere Qualität der prämierten Diplomarbeit, also der fachliche Leistung, hervor, Blandine Ehrl habe neben ihrem Studium auch für die Hochschule sehr viel Engagement gezeigt. Derzeit lebt sie in Paris, wo sie an der Sorbonne studiert.
Die Auszeichnung für ihre Diplomarbeit nahm Blandine Ehrl von Kurt Kirchner, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Fördervereins der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, entgegen. Traditionell prämiert der Förderverein die beste Jahrgangsabschlussarbeit. Insgesamt bekamen bei der Feierstunde rund 120 Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Soziale Arbeit ihre Diplom-Urkunden überreicht. Prof. Dr. Maria Busche-Baumann, Dekanin der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, und Studiendekan Prof. Heinz-Dieter Gottlieb wünschten allen einen guten Start ins Berufsleben.