Coronavirus-Pandemie verstärkt Benachteiligungen von Frauen in der Wissenschaft

Erscheinungsdatum: 09.02.2021

Der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft wird jedes Jahr am 11. Februar gefeiert. Die Vereinten Nationen wollen mit diesem Tag darauf aufmerksam machen, was für eine wichtige die Rolle Frauen in der Wissenschaft und Forschung spielen. Es gilt, Frauen und Mädchen einen uneingeschränkten und gleichberechtigten Zugang zur Wissenschaft zu ermöglichen und ihre Beteiligung an der Wissenschaft zu fördern. In der aktuellen Coronavirus-Pandemie zeigt sich, dass die Krise Frauen in der Wissenschaft in besonderem Maße trifft.

Es besteht das Risiko, dass sich bereits bestehende Hürden und Benachteiligungen für Frauen weiter verstärken. Das Folgende beleuchtet die zwei Hauptaspekte dazu .

Wissenschaftlerinnen werden weniger als Expertinnen gefragt

Männliche Virologen und Wissenschaftler stehen während der Coronavirus-Pandemie stärker in der Öffentlichkeit als ihre weiblichen Kolleginnen, obwohl es viele Virologinnen gibt. Zwei Studien der MaLisa-Stiftung verdeutlichen die strukturellen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern an einem ganz aktuellen Beispiel. Trotz des hohen Frauenanteils in der deutschen Ärzt*innenschaft ziehen Autorinnen und Autoren zurzeit in der Coronavirus-Berichterstattung hauptsächlich Männer hinzu und ignorieren qualifizierte Expertinnen nahezu.

 

In TV-Formaten waren nur 22 Prozent der Expert*innen weiblich und in Online-Formaten sogar nur sieben Prozent. Speziell in den drei Top-Ressorts Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist Anteil der Frauenstimmen deutlich niedriger. Mit 33 Prozent in der Politik sind Frauen klar in der Unterzahl. Neben den Sprecher*innen sind Frauen unter den Expert*innen stark unterrepräsentiert, gerade in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendern sind nur 15 Prozent der Expert*innen Frauen. Dies reproduziert Geschlechter-Klischees auch in den Funktionen als Expertinnen. Dort kommen in "relevanteren" Themen, wie Politik, Wirtschaft und Umwelt weniger Frauen als Expertinnen zum Einsatz als in „nebensächlichen“ Themen wie Unterhaltung und Gesellschaft.
 
Eins ist deutlich zu sehen: Der Grund für die Seltenheit von Expertinnen ist nicht darauf zurückzuführen, dass es keine Expertinnen gibt. Mit einer Liste von Expertinnen zur Coronakrise, macht der Verein ProQuote auf diese Frauen aufmerksam. 

Weitere Informationen:

  • Linkliste von der Universität Tübingen zum Thema Corona, Gender und Diversität
  • Weitere Expertinnenlisten des Frauennetzwerkes Medien
     

Wissenschaftlerinnen können in der Pandemie weniger publizieren

Aktuelle Studien verdeutlichen, dass die Zahl der Veröffentlichungen von Frauen mit der pandemiebedingten Schließung der Kindertagesstätten und Schulen sinkt, obwohl sich zuvor ein Anstieg der Publikationen von Autorinnen verzeichnen ließ. Die fehlende Zeit für Publikationen von Wissenschaftlerinnen resultiert daraus, dass Frauen während der Pandemie in vielen Familien den Hauptaufwand für die Kinderbetreuung stemmen müssen.

Frauen mit betreuungsbedürftigen Kindern reduzierten zu Beginn der Pandemie ihre Arbeitsstunden im Durchschnitt zwei Stunden mehr als Männer. 54 Prozent der Frauen gaben an, den überwiegenden Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen, bei den Männern waren es 12 Prozent. Nur ein Drittel der Paare teilt die Kinderbetreuung partnerschaftlich auf. Somit wird deutlich, dass sich in der Coronavirus-Krise traditionelle Rollenbilder verfestigen und in einigen Partnerschaften sogar eine dauerhafte Re-Traditionalisierung stattfinden wird.

Online-Aktionen zum Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft:

Kontakt

Kiehl
Referentin für Gleichstellung; Projektkoordinatorin "Zukunft FH-PROF"