Jeder lernt für sein eigenes Fortkommen, nicht für den Lehrer. Diese Erkenntnis reift gemeinhin langsam und mit etwas Glück schon in der Schulzeit. Studentinnen und Studenten haben dies in der Regel längst begriffen. Wenn ihre Studienleistungen aber neben der eigenen Bildung auch noch einen guten Zweck erfüllen und zudem die Chance auf Realisierung haben, dann spornt das natürlich zu besonderen Leistungen an. In diesem Fall geht es um Bachelor- und Master-Studierende der Architektur an der Hildesheimer Fakultät Bauwesen der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, die zukunftsweisende Ideen zur Instandsetzung und Modernisierung der hannoverschen Zentrale des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Niedersachsen entwickelt haben.
Aber das ist noch nicht alles, denn die Hildesheimer leisten mit ihrer Arbeit auch noch einen Beitrag zur Unterstützung von Naturschutzprojekten, zumindest im vermittelten Sinn: Das BUND-Haus, Goebenstraße 3a, in der Landeshauptstadt war nämlich in Gefahr. Der Vermieter wollte verkaufen. Bei einem neuen Eigentümer wäre der bis dahin günstige Mietpreis Vergangenheit gewesen. Höhere finanzielle Belastungen der Zentrale wären notwendig zu Lasten von Naturschutzprojekten gegangen.
Als einzige sinnvolle Alternative erschien den niedersächsischen Umweltschützern der Kauf des ehemaligen Fabrikgebäudes über Bankkredite, der aber nur mit einem finanziellen Eigenanteil möglich war. Ein „Notruf“ erging an alle bekannten Naturschützer in Stadt und Land. Hildesheim mit einem eigenen BUND-Büro war natürlich auch dabei.
Und hier kommt ein weiterer Hildesheimer ins Spiel. Burkhard Aickele vom „team sozial“ der Hildesheimer Agentur „Ringe & Stehr“ konzipierte im Auftrag des BUND die groß angelegte Spendenaktion „Notruf“, bei der Ende vergangenen Jahres mehr als 80.000 Euro Grundkapital für den Hauskauf zusammen gekommen sind.
Aickele war es auch, der den Kontakt zu HAWK-Professor Dr. Georg Klaus an der Fakultät Bauwesen aufnahm. Der sicherte sofort zumindest ideelle Unterstützung zu und konnte seinerseits noch Professor Martin Thumm und Professor Dr. Rainer Hobigk für das Projekt gewinnen. Unter ihrer Leitung haben rund dreißig Bachelor- und neun Master-Studierende in diesem Sommersemester an dem Thema Instandsetzung und Modernisierung des Komplexes Goebenstraße gearbeitet. Der BUND will aus dem Industriegebäude in der List ein „Umwelthaus“ machen und es zu einem ökologisch vorbildlichen Niedrigenergiehaus umbauen.
Viele Studierende hatten sich zu Arbeitsgruppen zusammengeschlossen. Entstanden sind 15 Bachelor- und acht Master-Entwürfe, die dem BUND jetzt unter dem Titel „Konzepte einer zukünftigen Architektur“ vorgestellt wurden. Der Komplex Goebenstraße 3a besteht aus einer Stahl-Beton-Konstruktion, der „materiell wie ästhetisch ansprechend gegliederte Ziegelfassaden aus der Umbruchzeit zwischen Historismus und Moderne“ vorgestellt sind, wie Prof. Thumm betonte. Thumm betreute auch die Entwürfe der Hildesheimer Master-Studierenden, die ein futuristisch anmutender Schwung auszeichnet. Eine Dachkonstruktion aus Glas und Holz – so die Idee von Christian Seemann und Daniel Janek – lässt das Licht zum Innenarchitekten werden.
Ob ein Entwurf gänzlich oder in Teilen realisiert werden kann, ist noch offen. Fest steht aber, dass der erste Jahrgang von Hildesheimer Master-Studierenden im Fach Architektur mit seinen Entwürfen schon eine erstklassige „Visitenkarte“ vorgelegt hat.
Master-Studierende, die an dem Projekt teilgenommen haben:
Jörg Dreyer, Michael Lowin, Christine Furmanek, Denis Nagel, Anja Fröhlich, Christian Seemann, Daniel Janek, Anja Welke und Stefanie Brüning-Fleißig.