Mit 2, 5 Millionen Euro soll jetzt der Aufbau eines Fraunhofer Plasma Anwendungszentrums (PAZ) in Göttingen gefördert werden. Das hat Niedersachsens Wissenschaftsministerin Professor Dr. Johanna Wanka am Freitag angekündigt. Das PAZ ist eines von zwei neuen Fraunhofer Anwendungszentren in Niedersachsen. Beide sollen insgesamt fünf Millionen Euro durch die VolkswagenStifung bekommen.
Leiter des Plasma Anwendungszentrums in Göttingen wird Prof. Dr. Wolfgang Viöl, Vizepräsident der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/ Holzminden/Göttingen. Viöl erforscht seit mehr als zehn Jahren die Wirkung des ionisierten Gases an der Göttinger HAWK-Fakultät Naturwissenschaften und Technik.
Mit dem Plasma Anwendungszentrum ist auch der Wissenschaftsstandort Göttingen kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte der Fraunhofer-Einrichtungen. Geschafft hat dies mit der HAWK eine Fachhochschule, denn bisher arbeitet die Fraunhofer Gesellschaft ausschließlich mit Universitäten zusammen. Jetzt werden die beiden niedersächsischen Anwendungszentren erstamls – die Fachhochschule Hannover bekommt ein Holzfaser-Anwendungszentrum – an Hochschulen angesiedelt. Insgesamt gibt es bundesweit sechzig der renommierten Fraunhofer Institute, die zu mehr als 70 Prozent von der Industrie sowie von öffentlich finanzierten Forschungsprojekten getragen und zu knapp 30 Prozent von Bund und Ländern gegen finanziert werden.
Wissenschaftsministerin Wanka rechnet damit, dass das Plasma Anwendungszentrum in Göttingen nach erfolgreicher Aufbauarbeit in den nächsten fünf Jahren zwischen 15 bis 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt und dabei einen Umsatz von 1,5 bis 2 Millionen Euro erwirtschaftet.
„Das geplante Anwendungszentrum hat sich zur Aufgabe gemacht, das Innovationspotenzial der kommerziellen Plasmatechnik aufzudecken beziehungsweise zu erweitern, um die Plasmatechnologien nutzbringend in neuen Feldern etablieren zu können“, beschreibt Vizepräsident Viöl das Projekt. Im Plasma Anwendungszentrum arbeitet Viöl mit Prof. Dr. Günter Bräuer vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) in Braunschweig zusammen und setzt damit eine langjährige Kooperation fort.
Seit mehr als zehn Jahren erarbeiten Forscherinnen und Forscher der HAWK neue Anwendungen der Plasmatechnologie. Auf der soliden Basis erfolgreicher Forschung und großer Erfahrung in dem Bereich der Modifikation von Holz und Saatgut mit Atmosphärendruckplasmen, in denen Prof. Dr. Viöl derzeit die weltweit führende Rolle einnimmt, und der Spitzenforschung auf dem Gebieten der Plasmamedizin und Laser-Plasma-Hybridtechnologie, sollen kommerziell einsetzbare und innovative Produkte zur Verbesserung der Lebens- und Gesundheitssituation ermöglicht werden. Als eine der ersten Fachhochschulen überhaupt zeigt die HAWK durch die gemeinsame Eröffnung eines Institutes mit der Fraunhofer-Gesellschaft, dass sie über eine hoch innovative Forschung verfügt. Dies erhöht die Attraktivität der HAWK für Studierende und künftige Partner.
Das Fraunhofer IST beschäftigt sich seit fast 15 Jahren mit Atmosphärendruck¬plasmaverfahren (ADPV). Besondere Erfolge weist das Institut bei Entwicklungen zur strukturierten Oberflächenmodifikation (Plasma Printing) sowie der gezielten Anpassung von Oberflächen für Anwendungen in der Medizintechnik auf. Beide Institutionen können zahlreiche Patente und Veröffentlichungen vorweisen.
Die Forschungsthemen im Anwendungszentrum:
Energie
Eine effiziente Energiespeicherung stellt die größte Herausforderung bei der Elektromobilität im großen Maßstab dar. In diesem Zusammenhang erlauben Plasmaverfahren die zielgerichtete Generierung von speziellen Schichtsystemen mit bisher unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht erreichten Qualitätsmerkmalen. Dies ermöglicht die Entwicklung hocheffizienter Kondensatoren und Akkumulatoren, die den Ausbau einer alltagstauglichen Elektromobilität mit hoher Reichweite und Lebensdauer erheblich beschleunigen könnten.
Oberflächenreinigung
Auch in alltäglichen Heimanwendungen zeichnet sich bereits das hohe Potenzial der Plasmatechnologie ab. Plasmen sind hochkomplexe Systeme, die aufgrund ihrer Zusammensetzung aus elektrischen, chemischen und physikalischen Komponenten über ein hohes Wirkungsspektrum verfügen. Dies erlaubt die zielgerichtete Generierung reinigender, oberflächenaktivierender und sterilisierender Effekte, die zum Beispiel in der Kosmetik, Reinigung, im Haushalt oder zur Steigerung der Hygienestandards in öffentlichen Gebäuden genutzt werden können.
Wundheilung
Plasmatechnische Prozesse eignen sich darüber hinaus für medizinisch-therapeutische Verfahren in der Dermatologie zur Wunddesinfektion und Beschleunigung der Wundheilung. Die Vielseitigkeit technisch erzeugbarer Plasmen erlaubt zudem die Realisierung einfach bedienbarer Handgeräte für den alltäglichen Gebrauch.
Kooperationspartner
Durch die langjährige Zusammenarbeit mit den regionalen Unternehmen und größeren Firmen in Drittmittelprojekten hat die HAWK bereits jetzt ein weitläufiges Netz zu zahlreichen Unternehmen aufbauen können, die durch das Fraunhofer Plasma Anwendungszentrum angesprochen werden sollen. Weitere Interessenten und potentielle Partner sollen erreicht werden, beispielsweise durch die enge Zusammenarbeit mit großen Forschungs- und Innovationsnetzwerken, wie dem Kompetenznetz Industrielle Plasma-Oberflächentechnik e.V. (INPLAS), dem Measurement Valley e. V. und dem Nano- und Materialinnovationen Niedersachsen e.V. Die langjährige Kooperation mit diesen und anderen namhaften Netzwerken ermöglicht die gezielte Ansprache von zahlreichen zukunftsorientierten Firmen.
Allein im Measurement Valley e.V. sind 34 südniedersächsische Unternehmen und Institutionen zusammengeschlossen, die durch Neuigkeiten aus der Forschung, Tagungen, Workshops und gemeinsamen Projekten mit den Innovationen vertraut gemacht werden können. Durch die Bearbeitung dieser zukunftsorientierten Schwerpunktthemen trägt das Plasma Anwendungszentrum zur Stärkung der Innovationskraft beteiligter Unternehmen auf dem Gebiet der Plasmatechnologie bei. Konkret sollen für diese Anwendungsbereiche sinnvolle, technische und wirtschaftlich realisierbare Verfahren gefunden werden, Funktionsmuster entwickelt, die Wirksamkeit unter Beweis gestellt und Prototypen produziert werden, die von Anwendern getestet werden können.
Hier geht es zur Presseinformation des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums