Gesundheitscampus Göttingen lud zum Austausch über Diversity-Kompetenz in der Ge

Erscheinungsdatum: 22.09.2022

Für die Tagung „Gesundheit für alle!“, die am Gesundheitscampus Göttingen stattfand und sich mit der Chancengleichheit im Gesundheitswesen beschäftigte, ziehen die Veranstalterinnen eine durchweg positive Bilanz. Rund 70 Vertreter*innen verschiedener Professionen des Gesundheits- und Sozialwesens kamen an diesem Tag zusammen, um gemeinsam auszuloten, wie sich das Motto des Fachtags – „Gesundheit für alle!“ – zukünftig erreichen lässt.

Gesundheitliche Teilhabe für alle Menschen – unabhängig von Geschlecht oder Geschlechtsidentität, Alter, Ethnizität, Religion und Weltanschauung oder sozialem Status – das stand im Mittelpunkt der Diskussionen. Die geschäftsführende Dekanin der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit, Prof. Dr. Andrea Koch, der Dekan Gesundheit, Prof. Dr. Christoph Rußmann, die Studiendekanin Gesundheit, Prof. Dr. Juliane Leinweber, sowie die Gleichstellungsbeauftragte der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Nicola Hille, verdeutlichten in ihren Grußworten, dass sie Chancengleichheit im Gesundheitswesen als grundlegend betrachten, um das Gesundheits- und Sozialwesen für die Zukunft fit zu machen. Sie sehen Diversität auch als bedeutendes Querschnittsthema für Forschung und Lehre am Gesundheitscampus Göttingen, einer Kooperation der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und der HAWK.

Für mehr gesundheitliche Teilhabe muss an verschiedenen Stellen angesetzt werden

In ihrem Einführungsvortrag erläuterten die vier Initiatorinnen des Fachtags, Maria Barthel, Dr. Ilka Benner, Dr. Doreen Müller und Dr. Christin Scheidler, dass für mehr gesundheitliche Teilhabe an verschiedenen Stellen angesetzt werden kann – beispielsweise auf der gesellschaftlichen Ebene, bei den Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens und bei den dazugehörigen Fachkräften. Dabei hoben die Referentinnen die Diversity-Kompetenz als zentrale berufliche Handlungskompetenz von Fachkräften des Gesundheits- und Sozialwesens hervor. Infolgedessen erörterten sie zentrale Aspekte, unter anderem: Was benötigen Fachkräfte, um Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Bedürfnissen gerecht zu werden? Wie lassen sich entsprechende Kompetenzen in der Ausbildung – also in Studium und Lehre – verankern und wie kann die Lehre selbst diversitätssensibel gestaltet werden?

 

Charlotte Kastner von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigte in ihrem Vortrag auf, dass Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitswesen keine Einzelfälle sind. Diskriminierung finde schon beim „Zugang zur Gesundheitsversorgung, bei der Interaktion zwischen Gesundheitspersonal und Patient*innen sowie bei den Institutionen statt.“ Dies passiere etwa durch standardisierte Abläufe und Routinen der Einrichtungen, die zudem unter Zeit- und Effizienzdruck stünden. Aber auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen selbst können Diskriminierung erleben, etwa beim Zugang zur Beschäftigung oder bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diskriminierung führe beispielsweise dazu, so die Expertin, dass nicht alle den gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben und damit nicht in gleichem Maße von qualitativ hochwertiger und bedürfnisorientierter medizinischer Behandlung profitieren würden. Diskriminierung könne dann zu falschen Diagnosen führen und sich auf die psychische und physische Gesundheit der Betroffenen auswirken.

Workshop-Foren zur diversitätsorientierten Weiterentwicklung des Gesundheits- und Sozialwesens

Am Nachmittag zeigten Expert*innen in vier thematisch unterschiedlichen Foren Möglichkeiten auf, wie sich das Gesundheits- und Sozialwesen diversitätsorientiert weiterentwickeln lässt. Im Fokus standen dabei Themen wie Diversität in Studium und Lehre, in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens und die Erfahrungen in Berufen wie Geburtshilfe, Logopädie, Pflege und Soziale Arbeit. Eines der Foren beleuchtete die Perspektive von Trans*Personen. Hier verdeutlichte die Veranstaltung, dass schon kleine Interventionen, wie die korrekte Ansprache von Patient*innen, große Wirkung erzielen könnten. In den Foren wurde außerdem herausgearbeitet, dass Diversität in der Ausbildung zur Norm werden müsse.

Am Ende waren sich die Teilnehmer*innen einig: Diversity-Kompetenz zu entwickeln ist ein lebenslanger Reflexions- und Lernprozess. Dazu gehöre die Arbeit an der eigenen Haltung, die es ermögliche, Unsicherheiten auszuhalten und eigene Normalitätsvorstellungen zu überdenken. Ziel sei es, Ungleichheiten und Benachteiligungen abzubauen. Dabei seien das Menschenrecht auf Gesundheit und das Diskriminierungsverbot Grundlage der Arbeit im Gesundheits- und Sozialwesen. Um das Ziel eines diversitätsorientierten Gesundheits- und Sozialwesens zu erreichen, müssten jedoch auch Zeit und Ressourcen bereitgestellt werden.

Die Initator*innen freuen sich nun darauf, das Thema auf verschiedenen Ebenen weiter voranzutreiben. Unter anderem ist geplant, eine Broschüre mit zentralen Ergebnissen des Fachtags zu veröffentlichen. Auch soll ein Netzwerk gegründet werden, um den Austausch zu intensivieren.