Ist Trocken- und Hitzestress für die Buche zu groß, wird die Eiche dominant

Erscheinungsdatum: 11.09.2020

Forscherinnen und Forscher der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst am Standort Göttingen unter der Leitung von Prof. Dr. Helge Walentowski und Prof. Dr. Christoph Leuschner vom Albrecht-von-Haller-Institut der Georg-August-Universität Göttingen arbeiten seit zwei Jahren an den ökologischen Konsequenzen des Klimawandels für deutsche Buchenwälder.

Die heutigen Klimamodelle und regionalen Klimaprojektionen sehen dabei einen Temperaturanstieg von mindestens zwei Grad Celsius für Mitteldeutschland voraus. Kann man mit der Buche und den im Buchen-Klima gut wachsenden Wirtschaftsbaumarten weiterhin planen oder bahnen sich grundlegende Veränderungen in der Baumartenzusammensetzung an? Darauf versuchen rumänische und deutsche Forstwissenschaftler und Ökologen in dem gemeinsamen NEMKLIM-Projekt Antworten zu finden. Ein Ergebnis: Ist der Trocken- und Hitzestress für die Buche zu groß, wird die Eiche dominant.

Ähnliche Bedingungen, wie sie bei zwei bis 2.5 Grad Celsius Temperaturzunahme in Mitteldeutschland zu erwarten wären, können bereits heute in den westlichen Vorbergen der rumänischen Karpaten im Arader Land und im Banat studiert werden. Neben klimatologischen Messungen im Wald werden an drei Untersuchungsorten zahlreiche weitere waldökologische Untersuchungen unter anderem zur Kohlenstoffbindung durchgeführt. Das Projekt wird vom Bundesamt für Naturschutz und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit finanziert. Forschungspartner sind die Transsilvanische Universität in Kronstadt und das Rumänische Nationale Institut für Forstliche Forschung und Entwicklung “INCDS Marin Drăcea”.

 

                                                       
Neben Faktoren wie dem Bodenwasservorrat und der Niederschlagsverteilung ist auch das Mikroklima, also das Klima im Waldesinneren, von großer ökologischer Bedeutung für das Gedeihen der Bäume. Deswegen wurden unter anderem die Lufttemperatur und die Luftfeuchtigkeit in zwei Metern Höhe gemessen, und zwar genau an den Stellen, an denen von Natur aus kühl-schattige Buchenwälder in wärmegeprägte, lichtere Eichenwälder übergehen. Klimamessgeräte wurden in typischen Eichen- und Buchenwald-Ökosystemen installiert, aber auch in den Übergangsbereichen, welche man als Ökotone bezeichnet, und in Lichtungen als Kontrolle für das Freilandklima außer halb des Waldes.

Die von Dr. Stefan Hohnwald durchgeführten Mikroklimamessungen ergaben, dass die Buchenwälder unter Hitzestress leiden und nicht mehr in der Lage sind, ihr typisches dichtes Blätterdach mit dem feuchten Innenklima auszubilden. Wenn an wolkenlosen Sommertagen die Temperaturen im Waldesinneren über 30 Grad Celsius steigen, dann bekommt die Buche offensichtlich Probleme und Eichen, welchen diese Werte weniger ausmachen, erlangen Konkurrenzvorteile und ersetzen die Buche. Dasselbe gilt auch, wenn die Luftfeuchtigkeit unter 55 Prozent sinkt und das Dampfdruckdefizit 25 Hektopascal (hPa) im Waldesinneren überschreitet.  
Die außergewöhnliche Schattentoleranz der Buche und ihre gute Wüchsigkeit in einem feuchten kühlen Klima geht mit verringerter Stresstoleranz einher. Wird der Trocken- und Hitzestress zu groß, wird die stresstolerantere, aber weniger schattentolerantere Eiche zum zentralen Akteur.

Prof. Dr. Helge Walentowski von der Göttinger HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement zieht Schlüsse aus den Untersuchungsergebnissen: „Unsere Untersuchungen in Rumänien zeigen deutlich, wie eng die Baumarten an die herrschenden Klimabedingungen gebunden sind. Die Begrenzung unserer wichtigen Nutzholzarten auf ihre klimatische Nische haben wir uns alle nicht so strikt vorgestellt; wir müssen aber eine enge Begrenzung durch das Klima zur Kenntnis nehmen. Natürlich gibt es Klimawirkungen, die erst mit Verzögerung im Wald zu Auswirkungen führen, doch sollten wir uns nicht darauf verlassen. Unsere Baumarten sind eben keine Allrounder, die hohe Produktivität und Holzertrag mit Toleranz gegenüber Klimastress verbinden können. Die Forstwirtschaft braucht dringend bessere Informationen über klimatische Grenzwerte, an denen die Stresstoleranz unserer Baumarten überschritten wird und Baumartenausfälle und Bestandsverluste drohen. Bleibt zu hoffen, dass es der Menschheit gelingt, die Klimaerwärmung so einzudämmen, dass die roten Linien nicht überschritten werden und die Wälder in Deutschland weiterhin nachhaltig bewirtschaftet werden können und eine ausreichende Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel vorhanden ist.“

 

Kontakt

Bild Prof. Dr. Helge Walentowski – Dekan der Fakultät Ressourcenmanagement in Göttingen
Professur für das Lehrgebiet "Vegetations- und Bodenkunde sowie Naturschutz"