Erscheinungsdatum: 10.05.2012

Prof. Dr. Wolfgang Hetsch bildete 30 Jahre lang Studierende aus

Prof. Dr. Wolfgang Hetsch verließ vor kurzem die HAWK Fakultät Ressourcenmanagement. 30 Jahre war er hier Professor für forstliche Klimakunde, Bodenkunde, Waldernährung, Pflanzensoziologie und Standortskunde, er lehrte zudem in den Bereichen Botanik, Vegetationskunde und Naturschutz. Darüber hinaus ist Wolfgang Hetsch bei den forstlichen Kolleginnen und Kollegen als engagierter Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Forstliche Standorts- und Vegetationskunde sowie als Naturschutzbeauftragter seiner Heimatregion bekannt. Ute Neumann (HAWK) führte ein nicht nur rückblickendes Interview mit ihm.

Neumann: Herr Hetsch, Sie sind jetzt einige Wochen im Ruhestand. Was ist denn schöner am Ruhestand als am Arbeitsalltag?

Hetsch: Nun, man kann sich seine Zeit etwas besser einteilen. Aber bei mir ist das ja eher etwas fließend, da ich im letzten Semester nicht so viele Stunden hatte und dieses Semester einen Lehrauftrag.

Neumann: Ihre Themen sind ja die Klima-, Boden- und Standortskunde und die Pflanzensoziologie. Da hätte es für Sie Anfang der 1980er vielfältige Berufsbereiche gegeben. Warum entschieden Sie sich damals für die Bewerbung auf eine Professur hier an der Fachhochschule?

Hetsch: Ich habe ja eine forstliche Ausbildung und war dann eine Zeit lang an der Uni Göttingen im Bereich Bodenkunde als Assistent.
Und in dem Bereich der forstlichen Bodenkunde sind die Berufschancen sicher durchaus auch variabel, aber auch nicht unendlich. Und deshalb habe ich mich nach zwei zusätzlichen Jahren in einem GTZ-Projekt (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Anm. d. Redaktion) in Tansania dann auf diese Stelle beworben.

Neumann: Es gibt ja auch Kolleginnen und Kollegen, die wechseln als Experten im Laufe ihrer Professur in die Wirtschaft oder Politik. Was hat Sie hier dreißig Jahre lang gehalten?

Hetsch: Mir hat die Arbeit hier Spaß gemacht. Und meine Interessen in und neben der Lehre war gerade auch die Vegetationskunde, das konnte man gut verbinden.

Neumann: Und die Arbeit mit den Studierenden?

Hetsch: Ja, das macht deshalb Spaß, weil meine Fächer als Objekte draußen den Waldbestand, die Bodenvegetation, den Boden zu behandeln haben. Mit denen sollen sich die Studierenden ja auseinander setzen und nicht mit dem, was der Hetsch an die Tafel schreibt. Man ist also nicht in erster Linie Lehrer vor der Tafel, sondern eher beratend und interpretierend im Wald aktiv, Dolmetscher für die Sprache des Bodens und der Vegetation.

Neumann: Viele Studierenden, auch ehemalige, erinnern sich an eindrucksvolle Exkursionen mit Ihnen!

Hetsch: Da gab es z.B. die sogenannte Allgäu-Exkursion, die über viele Jahre im Anschluss an das Sommer-Semester stattfand. Das ist nicht durch mich entstanden, sondern durch eine Lehrbeauftragte, die das Kanzelwandhaus kannte. Das ist ein Naturfreundehaus oberhalb von Oberstdorf wunderschön in 1.500 m Höhe gelegen.
Danach ist Herr Kerck mit eingestiegen und er hat das später weitergeführt, als die Kollegin nicht mehr da war. Und ich habe das dann auch mit unterstützt und weitergeführt. Das Allgäu ist einfach eine wunderschöne Gegend.

Neumann: Und nach Griechenland hat es Sie auch mit den Studierenden gezogen.

Hetsch: Ja, Griechenland war da das Weiteste. Aber das erste Mal waren wir, glaube ich, in der Rhön. Dann gab es noch Exkursionen in die Elbtalauen, nach Sachsen-Anhalt, in die Heide, in den Ostharz und Schwarzwald und einmal waren wir auch in Polen. All dies fand im Rahmen der standorts- und vegetationskundlichen Lehre statt.

Das ist auch für einen Dozenten etwas anderes als die Standorte, die man vor der Haustür kennt. Und wenn man Kontakte und örtliche Unterstützung hat, ist das keine Schwierigkeit. Hier ist ein besonderes Lob an die Forstpartie angebracht. Ich habe meine Forstkollegen, das ist ja eine überschaubare Gruppe, immer als äußerst hilfsbereit und entgegenkommend erlebt.

Neumann: Was kann man denn als Studierender, der mit Ihnen auf Exkursion fährt, Besonderes lernen?

Hetsch: Ja, nicht unbedingt etwas Besonderes. Es geht darum, dass das, was ich hier methodisch lerne, eben überall, mindestens in Mitteleuropa oder, wenn es sein muss, auch darüber hinaus, anwendbar ist. Also, wie gucke ich einen Wald an? Worauf kann ich mich da stützen? Welche Umweltbedingungen gibt es? Was bedeutet das für Waldwachstum, was kann ich da ableiten? Und das kann ich überall üben, das muss nicht im Göttinger Wald sein.

Neumann: Rückblickend auf Ihre dreißigjährige Dienstzeit: Haben sich denn diese Exkursionsorte in sich verändert, konnten Sie z.B. selber Auswirkungen auf die Vegetation erleben?

Hetsch: Ja, vegetationsmäßig sind das zum Teil deutliche Änderungen. Das liegt allerdings nicht nur an der Immissionssituation, und das heißt ja vor allem neben früheren Säureeinträgen immer noch Stickstoffeinträge, die sich da auswirken, sondern auch an den Kalkungen, zum Beispiel hier in Niedersachsen. Und da zeigen sich schon Vegetationsänderungen.
Also wenn man das vorher so geahnt hätte, hätte man das mal genauer dokumentieren sollen, was leider nicht passiert ist. So kann ich nur im Nachhinein in meinem Kopf als einzelne Erinnerungen feststellen: "Ja, da gab es doch beispielsweise diesen einen Bestand im Reinhäuser Wald früher noch mit Heidelbeere und sogar Heide und so weiter", also mehr Säurezeiger auf der nährstoffärmeren Seite. „Und das hat sich verschoben zu Perlgras und anderen Arten“, also einem standörtlich mittleren Aspekt.

Neumann: Haben sich „die Studierenden“ innerhalb Ihrer Professorenzeit verändert?

Hetsch: Also die Zahl der Hunde hat sich nicht wesentlich geändert.
Aber was sich meiner Ansicht nach etwas verschoben hat, ist möglicherweise die Motivation, mit der die Studenten kommen-das ist aber ein sehr subjektives Bild von mir.
Gerade in den achtziger Jahren, da hätte man auf die Frage „Warum mache ich ein forstliches Studium?“ folgende Antworten erhalten:
Zum einen gab es eine erhebliche Gruppe Umwelt- und Naturschutzbegeisterter, dann die Jäger und zu einem Teil hat sicher mancher auch aus familiären traditionellen Gründen das Studium gewählt.
Der Anteil derjenigen, die das aus einer Umwelt- und Naturschutzmotivation heraus machen, ist meiner Ansicht nach kleiner geworden. Aber vielleicht habe ja ich mich nur verändert und nicht die Studenten.


Neumann: Aufgrund der freundlichen Informationsweitergabe eines Ihrer Kollegen hat Ihnen ja das Kollegium zum Abschied einen Bohrstock geschenkt. Was erwartet denn diesen Bohrstock in Zukunft?


Hetsch: (Lacht) Mich interessiert die Waldvegetation nach wie vor. Als Beispiel, ich bin durch einen unserer Ehemaligen Studenten, Matthias Heller, in der Göttinger Nachbarschaft auf eine Segge aufmerksam gemacht worden, die Schatten-Segge, die relativ selten ist und über deren Vorkommen man nicht so genau Bescheid weiß. Da habe ich jetzt weitere Vorkommen gefunden und dann ist es gut, wenn man das auch standörtlich dokumentieren kann, also nicht nur geografisch angeben kann, wo sie wächst, sondern auch den Standorts- und Waldtyp. Da braucht man einen Bohrer.

Neumann: Und bei Ihrem Abschieds-Symposium haben Sie begeistert von zu untersuchenden Mooren berichtet.

Hetsch: Ja, die Moore, das ist eine nette Geschichte. Ich habe noch als Schüler in einer Jahresarbeit in der Biologie ein Moor bei mir in der Nachbarschaft, nördlich von Marburg im Burgwald, auf Empfehlung meines Biologielehrers vegetationskundlich untersucht.
Und jetzt sagte mir die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, dass diese Bereiche neu untersucht werden sollen, um Renaturierungen planen und durchführen zu können.
Da konnte der Hetsch nicht umhin zu sagen: "Ah, da mache ich nach fünfzig Jahren gerne noch mal mit!"

Neumann: Ich bedanke mich für das nette Gespräch.

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