Die Hörsäle füllen sich wieder, denn die vorlesungsfreie Zeit ist auch für Studierende der HAWK zu Ende. Aus den Semesterferien gibt es viel zu berichten. Zwei Architektur-Studenten aus Hildesheim haben eine ganz besondere Geschichte zu erzählen: Yetkin Bentürk (28) und Ronny Achtermann (23) haben mit zehn weiteren Studentinnen und Studenten aus Hannover, Weimar, Marokko, Polen und Luxemburg zwei Dorfkirchen im französischen Burgund vermessen. „Das war Baugeschichte pur. Was wir in den drei Wochen gelernt haben, dafür brauchen andere drei Jahre“, betonen beide unisono. „Aufmaßpraktikum“ war der schlichte Titel ihres durchaus anstrengenden Abenteuers.
Die Chapelle de Changy war Bentürks und Achtermanns Projekt. Jeden Winkel, jede Öffnung, jede Stufe kennen sie jetzt und zu dem historischen Aufriss von 1886 ist jetzt ein nagelneuer hinzugekommen. Davor lag harte Arbeit. Mit Hilfe des so genannten Tachymeters konnten die beiden Hildesheimer einen groben Plan als Computer-Datei erstellen, dann war der gute alte Zollstock gefragt. Jedes Detail der Kapelle wurde zunächst in Feldbüchern festgehalten und dann am Abend und oft bis in die späte Nacht im Atelier reingezeichnet.
Gast- und Auftraggeber war das Centre d’Etudes des Patrimoines in Saint-Christophe-en-Brionnais, das die romanischen Kunst- und Kulturgüter Frankreichs verwaltet. Seit zwölf Jahren schon bekommt das Zentrum fachliche Unterstützung aus Deutschland. Initiator der deutsch-französischen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet ist Prof. Dr. Dr. Hermann Wirth von der Bauhaus Universität Weimar, der dieses Aufmaßpraktikum gemeinsam mit Prof. Dr. Paul Zalewski vom Institut für Denkmalpflege an der Universität Hannover organisiert hat.
Dass zum ersten Mal Studenten einer Fachhochschule, nämlich der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim mit auf die Reise gehen durften, ist dem Kontakt zwischen Zalewski und dem Hildesheimer Architektur-Professor Martin Thumm zu verdanken. Der nämlich verbreitete das Praktikums-Angebot am Hohnsen. Yetkin Bentürk und Ronny Achtermann schlugen ein. Beide starten jetzt in das dritte Semester ihres Studiums – gestärkt durch neues Wissen, aber auch durch neue Freundschaften. Denn trotz aller Arbeit gab es an den Wochenenden Zeit für die internationale Studentenschar, Burgund zu erkunden und französisches Leben kennenzulernen.