HAWK-Produktdesign-Absolventin gewinnt den International Marianne Brandt Award
Entstanden ist die Idee durch die Faszination Tullneys für japanische Handwerkskunst und der Kultur, die sich dort um das Trinken von Tee entwickelt hat. So wird allen Utensilien, die zur Zubereitung dienen, große Beachtung geschenkt. In den ao-Teedosen befinden sich deutliche Bezüge zu bekannten Elementen. Eins davon ist die in traditionellen japanischen Einrichtungen verwendete Tatami-Matte mit einer Füllung aus Reisstroh. Sie dient noch heute als architektonisches Maß – ihr Seitenverhältnis von 1:2 wurde in das Außenmaß der Dosen übertragen. Die Vorgabe von 4,5 Tatami-Matten als Grundfläche eines traditionellen Teehauses war der Gedanke hinter dem Aufbau der Reihe.
Funktional ausgereift
Die fließende Oberflächenstruktur lädt zur bewussten haptischen Auseinandersetzung mit dem Objekt ein. Der schwere, in Sand gegossene Bronzedeckel altert und ist gleichsam unperfekt. In diesem Produkt treffen Symbole von Bewegung und Veränderung auf gleichzeitige innere Ruhe. Die Teedosen sind natürlich auch funktional ausgereift – loser Tee wird in ihnen lichtgeschützt und aromadicht gelagert. Die fließende Oberflächenstruktur lädt zu einer bewussten haptischen Auseinandersetzung mit dem Objekt ein. Die Hamburgerin Tullney lernte während ihres Studiums im Kompetenzfeld Produktdesign an der HAWK-Fakultät Gestaltung die verschiedenen Facetten der Glasherstellung kennen und schätzt das Material für seine Vielseitigkeit und Eleganz. Produziert wurden die Teebehälter im von der Gerhard Bürger Stiftung finanzierten Kurs zum Thema „Aufbewahrung“. Unter der Leitung von Dozent Fabio Vogel konnte Tullney dann ihre Interessen rund um Glas und japanische Teekultur bündeln. Begleitet wurden die Studierenden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Werkstätten der Glasmanufaktur Harzkristall, wo die Teebehälter entstanden sind.
Eine Antwort auf die Teegefäße von Marianne Brandt
Die Jury begründet ihre Entscheidung wie folgt: „Die poetischen Teebehälter „ao“ von Valeska Tullney sind nicht nur eine subtile gestalterische Antwort auf die von Marianne Brandt in den 1920er Jahren am Bauhaus gestalteten Teegefäße. Es gelingt Tullney, ihre kubischen Teebehälter aus mundgeblasenem Glase, die das Motiv des Kubus auf eine feine poetische und eine sehr eigenartige Weise variieren, durch Farbtöne zwischen blau bis grün sowie anderen Materialeffekte mit landschaftlichen Assoziationen aufzuladen.“ Der International Marianne Brandt Award für herausragendes Produktdesign ist mit 5.000 Euro dotiert. Dazu Tullney: „Es ist meine erste Auszeichnung als Designerin und hat daher einen besonderen Wert für mich. Ich denke, dass Preise wie der Marianne Brandt Award gerade jungen Designenden Vertrauen in das eigene Schaffen verleihen. Das Preisgeld unterstützt zusätzlich darin, den eigenen Weg freier gestalten zu können.“ Tullney absolvierte ihren Bachelorabschluss im Kompetenzfeld Produktdesign an der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim und schließt aktuell an der Aalto-Universität in Helsinki den Master im Studiengang International Design Business Management an.
Über den International Marianne Brandt Award
Überall auf der Welt befinden sich in den führenden Museen und Sammlungen die Werke des Bauhausmitglieds, der Designerin und Künstlerin Marianne Brandt. Das Erbe von Marianne Brandt ist aber nicht mehr nur ein Stück Designgeschichte: Alle drei Jahre treffen sich in ihrer Heimatstadt Chemnitz junge, internationale Design- und Kunstschaffende, um ihre aktuellen Arbeiten im Spannungsfeld von Design und Kunst zu zeigen. Der 2001 gegründete und seitdem von der Villa Arte e. V. Chemnitz verliehene Preis zeichnet neben Produktdesigns auch Fotografie und andere künstlerische Formate aus. Unter dem Motto „Die Poesie des Funktionalen“ geht der Preis der Frage nach, wo und wie Projekte, die nützlich und inspirierend sind, heute in den ehemaligen Tätigkeitsfeldern von Marianne Brandt gedeihen.
Aus allen Einsendungen, die bis Ende April 2019 eingereicht wurden, nominiert eine internationale Jury 60 Beiträge, die ab Herbst 2019 im Industriemuseum Chemnitz zu sehen sein werden. Im Rahmen der Eröffnung der zweimonatigen Ausstellung, die immer um Brandts Geburtstag am 1. Oktober eröffnet, wird der mit jeweils 5.000 Euro dotierte Marianne-Brandt-Preis in den Kategorien Design, Fotografie und Kunst verliehen. Die Veranstaltung beinhaltet auch die Vergabe von Sonderpreisen, die von Sponsoren und Unterstützern gestiftet werden. Parallel zum Wettbewerb läuft ein umfassendes öffentliches Programm mit Vorträgen, Vorträgen und Workshops. Zur Preisverleihung erscheint ein Katalog. Der Internationale Marianne-Brandt-Preis wird von der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen und der Stadt Chemnitz unterstützt.