Design im „Superwahlja!“

Das Wahlfest in Dippoldiswalde, kurz „Dipps“ genannt, findet dieses Jahr im Rahmen der Werkschau in Haus B im Raum 207 statt. Für zwei Tage verwandelt sich der Seminarraum in einen Marktplatz im Freistaat Sachsen. An der „Wahlkneipe“, einem Wahlomat konstruiert wie ein Spielautomat, lässt sich herausfinden, welches Parteiprogramm die höchsten Übereinstimmungswerte hat. Zum Ergebnis spuckt ein angeschlossener Drucker das passende Cocktailrezept aus. Ausgedacht und gebaut haben diese Kiste Cherise Barthel und Noa Lea Waecken. Die Wahlkneipe ist Teil eines Wahlfest-Konzepts, das jede ländliche Gemeinde mit mindestens einer Schule, einem Marktplatz, einer Feuerwehr und einer Kneipe adaptieren könnte. „Wir wollen, dass die Menschen zusammenkommen und den Tag der Wahl richtig feiern“, erläutern die beiden Studentinnen. Wer wählen geht, bekommt ein Bändchen und darf zusätzlich an einer Tombola teilnehmen. Alle Wähler*innen gewinnen.

Warum Dipps, warum Sachsen? „Wir haben ein Bundesland stellvertretend in diesem Landtags-Superwahljahr ausgewählt. Zu Chemnitz in Sachsen haben wir Hildesheimer eine besondere Verbindung. Gegen Chemnitz haben wir die Bewerbung um die Kulturhauptstadt 2025 verloren. Also sind wir mit den Kursen nach Chemnitz gereist und haben uns vor Ort von den unterschiedlichsten Menschen angehört, was die Probleme sind, was die Menschen bewegt und versucht, zu verstehen und zuzuhören. Dabei haben wir gelernt: In den ländlichen Gegenden ist der Vertrauensverlust in das ‚System‘ und die Zukunft besonders groß. Dipps ist ein Ort, der für viele andere steht“, meint Prof. Sabine Cole, die den Projektkurs „Strategic Advertising“ leitet.

Auf dem Werkschau-Wahlfest sind auch die Plakate von Florian Gutnoff zu sehen. Er hat mit allen Wahlprogrammen der relevanten Parteien die mit ChatGPT verknüpfte bildgebende künstliche Intelligenz DALL-E „gefüttert“. „Der Prompt waren die wichtigsten Parteiziele. So kann man auf einen Blick sehen, wie sich die Parteien die Zukunft von Sachsen vorstellen“, berichtet Florian Gutnoff. Das Hashtag #zukunftswahl macht auf einen Blick sichtbar, was in den Programmen auf vielen Seiten formuliert ist und oft nicht gelesen wird. Auch hier findet keine Wertung statt. Die Betrachter*innen machen sich ihr eigenes Bild.

Selbst ein Bild erstellen auch Studierende des Illustrationsprojekts von Prof. Franziska Junge, wenn sie ihre Wahlkabine aufbauen. Wähler*innen können sich darin von den Illustrator*innen ihr eigenes Wahlplakat zeichnen lassen. Ausgestattet mit ihrer persönlichen Forderung an die Politik. Mit einer Sammelglas-Serie von Bautzner Senf können Kund*innen zeigen, welches Design ihnen schmeckt. Denn auch Design sendet Botschaften. Woke sieht anders aus als konservativ, liberal und populistisch lassen sich auch künstlerische Stile zuordnen. Wer noch mehr Senf zum politischen Geschehen dazu geben möchte, kann dies in einer überdimensionalen Senfglas-Urne tun.

Weitere Projekte sind Sticker-Kampagnen für nicht-rechte Fußball-Ultras, eine KI, mit der sich politisches Diskutieren trainieren lässt, die Selfie-Foto-Ecke einer beliebten Sektmarke, eine Brauerei-Kampagne im Kronkorken-Format oder eine Kampagne gegen übermäßigen Alkoholkonsum, um Sylt-Grölereien zu verhindern. In einem weiteren Projekt gibt es in Tamponverpackungen versteckte Wahlinformationen mit Botschaften für eventuell nicht-wählende Frauen, denn die würden unter einem Rechtsruck ganz besonders leiden.