Es gibt Produkte, die sehen toll aus, sind aber unpraktisch. Umgekehrt kann das genauso passieren. Noch schlimmer: Eigentlich braucht sie niemand. Damit die Studierenden der HAWK-Fakultät Gestaltung genau solche Produkte später nicht verantworten müssen, hat sich das fachübergreifende Pilotprojekt von Prof. Stefan Wölwer drei Monate lang der „User Experience (UX)“, auf deutsch also dem Anwendererlebnis, gewidmet. Das Thema ist frei, aber verlangt, nicht nur, beispielsweise ein Produkt oder ein Plakat zu entwerfen, sondern vor allem den „Raum“ davor und danach zu untersuchen. Ein echte Herausforderung also, der sich insgesamt 17 Design-Studierende aus dem Master-Studiengang Gestaltung der HAWK gestellt haben.
HAWK Radio berichtet über das Kondom-Projekt
HAWK Radio berichtet über das Ehrenamtportal
Insgesamt hatten sich fünf Gruppen gebildet. Die eine hat sich gesagt: „Wir wollen den Einstieg sowie den allgemeinen Alltag des studentischen Lebens vereinfachen.“ Dabei konnten Annabel Meier, Katharina Hardt, Angelika Schäfer, Sarah Hientzsch und Ann-Kathrin Reinke sicherlich Erfahrungen aus ihrem eigenen Start ins Studium einbringen. Eine Informations-Säule zeigt digital den Weg zum Hörsaal, bietet Einblick in den Semester-Plan, zeigt das Mensa-Essen oder gibt Tipps für lokale Kulturveranstaltungen. Und wer auf dem Weg in die Hochschule vergessen hat, in welchem Raum die nächste Vorlesung ist, nutzt einfach das dazu passende Handy-App.
Für einen guten Start in den Tag setzt sich die Gruppe „Aurora“ ein. Benannt nach der „Göttin der Morgenröte“, geht es hier um das Schlafen - und noch mehr - um das individuell-einstellbare Wecken. Felix Hoppenstock, Kai Krause und Christian Bode haben einen per Computer gesteuerten Schlafraum konzipiert. Der glänzt mit dimmbaren Lichtquellen, einem am heizbaren Bett angedockten Schuhwärmer, per Handy programmierbaren Aufwach-Geräuschen inklusive einem riesigen Wand-Display, auf dem Bilder von Wald oder Meer als perfekte Aufwach-Kulisse abrufbar sind. „Wir wollten das Thema Schlafzimmer vollkommen neu denken“, erklärt die Gruppe. Pate dafür stand die Absicht, dass die Technologie den Bedürfnissen des Menschen zu folgen hat und nicht umgekehrt. Laut Recherche sind alle Lösungen mit dem heutigen Stand der Technik umsetzbar.
Vor allem an alte Menschen haben Frauke Maydorn, Monika Mersmann und Andrea Geisweid gedacht. „Wir haben nach einer Umfrage bei der VHS-Gruppe Hi-Seniors festgestellt, dass die stetig wachsende Generation „50 plus“ den Zustand „Ruhestand“ komplett neu definiert. Viele wollen im Rentenalter aktiv sein, auch ehrenamtlich“, erklären die drei. Darum haben sie eine Website als „Ehrenamt-Portal“ fürs Internet entwickelt. Im Angebot sind ehrenamtliche Tätigkeiten rund um die Themen Wirtschaft, Kirche, Öffentlichkeit und Privatleben. Auch junge Leute sollen sich für das Portal interessieren. Darum werden auch bezahlte Tätigkeiten wie Gartenpflege oder Einkaufs-Service vermittelt. Besonderen Wert hat die Gruppe auf eine barrierefreie Gestaltung der Website gelegt. „Wir haben in unserer Umfrage festgestellt, dass blinkende Banner oder ähnlich auffällige, bunte und schnelle Bilder für alte Menschen oftmals verwirrend sind“, erklären die Studentinnen.
Kein fertiges Produkt, dafür aber sehr spannende Marktforschungsergebnisse präsentieren Marlene Klünker und Jens Habersetzer. Sie haben sich die Aufgabe gestellt, Kondomverpackungen zu verbessern. Mit verschiedenen Umfragen wendete sich das Duo an eine breite Gruppe von Nutzern quer durch alle Altersgruppen. Weiterhin wurden Tests sowohl in dunklen wie auch in hellen Räumen mit Sehenden und Nicht-Sehenden modellhaft durchgeführt und per Video zur Auswertung fest gehalten. „Unser Fazit ist, dass viele der Kondom-Innovationen nicht wirklich an den Wünschen der Verbraucher orientiert sind. Vielmehr stellte sich heraus, dass gerade die Verpackung ein Hemmnis darstellt.“
Eine besondere Misch-Form aus Spiel, Buch und E-Book haben Isabell Meier, Anne-Kathrin Bennecke, Saskia Plankert und Alexander Stöckel entwickelt. Sie zeigen ein interaktives Buch-Format, das aus bienenwabenförmigen Sechsecken besteht. Darin liegen entsprechend geformte Karten. Sie können immer wieder anders zusammengelegt werden – je nach Neigung, für welchen Arbeitsschritt sich der Konsument gerade besonders interessiert. Außerdem ist das neuartige Buch auch für den Tablet-PC erhältlich. Auch hier kann man sich intuitiv durch die Inhalte tippen. „UXOD“ heißt es, steht für „User Experience One Day“ und soll laut Prof. Stefan Wölwer unbedingt zu einem Wettbewerb zur Zukunft des Buches zur Leipziger Buchmesse geschickt werden.
Weitere Informationen:
- Master-Studiengang Gestaltung
- Prof. Stefan Wölwer