Erscheinungsdatum: 06.10.2006

600.000 Euro Fördergeld für zwei Forschungsprojekte von GöttingerHAWK-Professoren der Fakultät Naturwissenschaften und Technik

600.000 Euro Fördergeld für zwei Forschungsprojekte von Göttinger HAWK-Professoren der Fakultät Naturwissenschaften und Technik

Mit mehr als 600.000 Euro fördert das Bundesforschungsministerium zwei Projekte der Plasma-Forschung der Professoren Dr. Wolfgang Viöl und Michael Leck von der Göttinger Fakultät Naturwissenschaften und Technik an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst. Zum einen geht es um die Entwicklung einer neuen Oberflächenstruktur von Gefäßstützen (Stents), die zum Beispiel in die innere Halsschlagader eingesetzt werden und das Schlaganfallrisiko vermindern. In dem anderen Projekt dreht es sich um die Veränderung von mineralischen Oberflächen durch eine Plasma-Behandlung . (Bei Plasma handelt es sich hier um Gasentladungen.) Ziel ist die Haftverbesserung von Dicht- und Klebstoffen, welche zur Verbindung von konstruktiven Fugen und Spalten im Bauwesen eingesetzt werden. An der HAWK werden erstmals Betonelemente mit Plasma behandelt.


Neue Oberflächenstruktur von Blutgefäßstützen

Die Verengung der inneren Halsschlagader (sog. Arteria Karotis) ist die häufigste Ursache eines Schlaganfalls. In den vergangenen Jahren hat sich die minimal-invasive Behandlung mit Gefäßstützen, den so genannten Stents, sogar im Schädelbereich, durchgesetzt. Allerdings stellen Stent-Behandlungen im Schädelbereich besondere Anforderungen an die Stent-Größe, denn sie werden hier in miniaturisierter Form eingesetzt.

Ebenso werden an das Stent-Design und an die Oberflächenbeschaffenheit hohe Anforderungen gestellt, damit es nicht zu Embolien oder zur Bildung von überschießender Narbenbildung (In-Stent-Retinose) kommt, die eine erneute Gefäßverengung nach sich ziehen. Diese Probleme treten bei zehn bis dreißig Prozent der behandelten Patienten auf.

Um die Forschung in dieser Richtung voran zu bringen, hat Prof. Dr. Wolfgang Viöl von der Göttinger HAWK-Fakultät Naturwissenschaften und Technik gemeinsam mit Prof. Dr. M. Es-Souni vom Institut für Werkstoff- und Oberflächentechnologie der Fachhochschule Kiel erfolgreich einen Forschungsantrag für ein Kooperationsprojekt gestellt. Das Projekt wird von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. (AiF), einem Projektträger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, finanziell mit 260.000 Euro für jede der beiden Hochschulen gefördert.

Beteiligt an diesem Projekt sind noch sechs Wirtschaftsunternehmen, die die Bereiche der Analyse und Diagnostik sowie Projekt begleitende Beratung abgedecken. Wichtige Partner sind außerdem zwei Kliniken des Universitätsklinikums Kiel, die klinische Tests/Versuchsreihen praxisnah durchführen werden.

Vorrangige Ziele dieses Forschungsvorhabens sind, neben der Entwicklung selbstexpandierender Stents, vor allem die Entwicklung einer neuen Oberflächenstruktur durch Plasma-Behandlung, die das vorhandene Embolierisiko minimieren soll. Außerdem soll eine neuartige Nano-Komposit-Beschichtung entwickelt werden, die eine erneute Verengung der Schlagader verhindern soll. Und über allem steht natürlich eine gute Bioverträglichkeit, die die Stents gewährleisten müssen.


Plasma-Behandlung von Beton

Sowohl im Wohnungs- als auch im Industriebau müssen aufgrund des ernomen Kostendrucks die Erstellungszeiten immer weiter verkürzt werden. Heutzutage werden Hochhäuser, bedingt durch benötigten Wohnraum sowie aus Kostengründen, in immer kürzerer Zeit gebaut. Um dies zu erreichen werden ganze Segmente industriell gefertigt und anschließend an der Baustelle zusammen gefügt. Die so entstehenden Fugen zwischen den einzelnen Segmenten werden mit elastischen Fugendichtstoffen abgedichtet.

Der Dichtstoff muss sowohl bei extremen Temperaturschwankungen als auch bei Bewegungen zwischen den angrenzenden Bauteilen seine Hauptaufgabe des Abdichtens erfüllen. Eine langfristige Dichtigkeit der Fugen ist ein ganz wesentliches Qualitätsziel bei der Erstellung eines Gebäudes. Beim Versagen des Dichtstoffes kann Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringen; Schäden sind die Folge. Beispielsweise ist die Sanierung von feuchten Mauerwerken sehr aufwändig und kostenintensiv.

Ein weiteres Problem im Bauwesen stellen technisch bedingte Oberflächenverunreinigungen dar. - Gelegentliche Reste von Schalölen machen die Dichtstoffhaftung auf Beton schwierig bis unmöglich. Hinzu kommen verschiedene Material- und Umwelteinflüsse, die dazu führen, dass sich der Dichtstoff schon nach kurzer Zeit vom Beton ablösen kann. Um dies zu verhindern, musste bisher vor der Applikation des Dichtstoffes ein chemiescher Voranstrich, ein so genannter Primer, auf die Fugenflanken aufgetragen werden. Dieser verbessert die Haftung zwischen Dichtstoff und Beton. Die Verwendung eines Primers hat jedoch zwei entscheidende Nachteile. Zum einen muss nach dem Auftragen des Primers eine Mindestwartezeit von ein bis zwei Stunden eingehalten werden. Zum anderen gehören handelsübliche Primer zur Klasse der gesundheitlich bedenklichen Substanzen.
Durch eine Plasmavorbehandlung kann auch der Einsatz von Primern entfallen.

In einem Forschungsprojekt der Göttinger Fakultät Naturwissenschaften und Technik der HAWK werden in Zusammenarbeit mit der Firma Degussa, Verfahren entwickelt, um die nachgewiesene Haftverbesserung zwischen Beton und Dichtstoffen weiter zu optimieren und industriell einsatzfähig zu machen.
Die Reinigung und Aktivierung von Kunststoff- und Metalloberflächen durch Gasentladungsverfahren ist in zahlreichen industriellen Fertigungsprozessen bereits Stand der Technik. Die Behandlung von mineralischen Systemen wie Betonteilen mit Plasma wird an der HAWK erstmals durchgeführt. Dabei werden die Fugenflanken mit einer mobilen Plasma-Quelle, die ebenfalls an der HAWK entwickelt wurde, vorbehandelt und anschließend mit Dichtstoff abgedichtet. Durch diese neue Fugenvorbehandlungsmethode kann Zeit gespart und die Qualität gesteigert werden. Ein wichtiger zusätzlicher Aspekt ist die Substitution von toxischen Substanzen durch die „Physikalische Primerung“.

Dieses Projekt wird an der HAWK von den Professoren Michael Leck und seinem Kollegen Professor Dr. Wolfgang Viöl geleitet. Die beteiligten Industrieunternehmen und das BMBF fördern es mit einer Gesamtsumme von mehr als 340.000 Euro.

Plasma-Behandlung von Oberflächen Plasma-Behandlung von Oberflächen