Landesweit einmaliges Forschungsmodell: Kommissare werden zu Puppenspielern
Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat Professor Dr. Birgit Klosterkötter-Prisor vom Fachbereich Sozialpädagogik der Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen mit rund 17400 Euro für das spiel- und theaterpädagogische Projekt Präventions-Puppenbühne ausgezeichnet. Es ist in Zusammenarbeit mit dem Präventionsrat Pro Alfeld und der Polizei Alfeld entstanden und wurde im Rahmen des bundesweiten Aktionsprogramms "PUSH – Dialog Wissenschaft und Gesellschaft" des Stifterverbandes aus rund 200 Vorschlägen unter die ersten fünf gewählt.
Die Präventionspuppenbühne "Boiiing" mit ihren interaktiven Bühnenstücken will Kinder im Grundschulalter in spielerisch-kindgemäßer Form dazu anregen, sich mit den sie täglich umgebenden Konflikten wie Gewalt und Fremdenfeindlichkeit auseinander zu setzen und auf spielerische Weise Problemlösungen zu erproben. Parallel dazu ist ein wissenschaftlich fundiertes Lehrerbegleitprogramm entwickelt worden. Der niedersächsiche Innenminister Heiner Bartling hat die Schirmherrschaft über das in dieser Form landesweit einmalige Projekt übernommen.
"Puppenbühnen haben häufig Unterhaltungscharakter mit Lerneffekt. Oft gehört der belehrende Zeigefinger zum Programm", sagt Prof. Dr. Birgit Klosterkötter-Prisor, "unser Projekt ist demgegenüber darauf ausgerichtet, dass Kinder die Konfliktlösungen im Zusammenspiel mit den Polizisten selbst erarbeiten."
Die Alfelder Polizei hat dafür Polizeioberkommissar Uwe Höltgebaum, Polizeikommissar Klaus Siemsglüß und die Angestellte Charlotte Gille vom normalen Dienst komplett freigestellt. Praktisch sieht das Ganze so aus: Zu aktuellen Themen wie Gewalt oder Diebstahl entwickeln die Puppenspieler unter der Leitung von Birgit Klosterkötter-Prisor kleine Stücke, wobei sie an der Hochschule sowohl Spiel- und Theaterpädagogik in Theorie und Praxis als auch Puppenspiel vermittelt bekommen. Diese Stücke werden nach einer vorausgegangenen Elterninformationsveranstaltung in den Klassen vorgeführt. Das Ende der Geschichte bleibt dabei immer offen. In Zusammenarbeit mit dem Lehrer besprechen Schüler und Polizisten die im Stück angesprochenen Probleme und entwickeln Strategien. Das Ende dürfen die Schüler dann selbst gestalten mit drei Puppenjungs, einem Mädchen, einer Frau und einem Mann. Einen Kasper gibt es nicht. Die Präventionspuppenbühne hat schon viele Schulen im Kreis Alfeld besucht und das in der FH entwickelte spielpädagogische Modell umgesetzt.
Mit dem Preisgeld soll jetzt die wissenschaftliche Untersuchung über die Veränderung des Schülerverhaltens in Sachen Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit und über die Wirkung des Puppensiels finanziert werden. Die beiden Diplomanden Michaela Stier und Kevin Jansen sollen als studentische Hilfskräfte eingestellt werden, die gemeinsam mit ihrer Dozentin Birgit Klosterkötter-Prisor am Beispiel einer dritten Klasse untersuchen, ob und inwiefern pädagogisch angeleitetes Puppenspiel Gewaltbereitschaft schon im Grundschulalter abbauen kann. "Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass von Seiten der Theaterwissenschaft als auch von Schulen und Hochschulen in zunehmendem Maße die Frage nach der Wirkung von Spiel und Theater auf das Sozialverhalten der Kinder gestellt wird", sagt Birgit Klosterkötter-Prisor, die schon vor Jahren ihre Doktorarbeit über eine empirische Untersuchung des Rollenspiels mit lernbehinderten Schülern veröffentlicht hat.