Erscheinungsdatum: 14.12.2017

Forschungs-Team untersucht Nutzen und Nachhaltigkeit sozialer Schuldnerberatung

Über 30 Vertreterinnen und Vertreter aus dem Bereich der Schuldnerberatung konnte das Projektteam um Prof. Dr. Uwe Schwarze, Kathrin Mittelstät und Matthias Becker zur Auftaktveranstaltung des EFRE-Projekts „SchuB NDS“ an der HAWK begrüßen.

Bis September 2019 wollen die Forscher/inn/en die aktuell veraltete und weitgehend lückenhafte Forschungslage um Erkenntnisse zur Nachhaltigkeit und zum Nutzen von Schuldnerberatung bereichern. Gleichzeitig werden sie der Frage nachgehen, was genau die „soziale Komponente“ in der Schuldnerberatung kennzeichnet. Neu ist, dass die Forschungsperspektive ausdrücklich die Bedarfe und die Nutzenperspektive ganz unterschiedlichster Akteure in den Schnittstellen zur Schuldnerberatung in den Fokus rückt. Das Erkenntnisinteresse liegt dabei nicht allein auf ökonomischen Gesichtspunkten oder möglichen „Einspareffekten“, sondern umfasst ausdrücklich soziale, kulturelle und politische Dimensionen. So werden mittels eines „Mixed-Methods-Ansatzes“ auf Basis von quantitativer und qualitativer Analysen erstmalig Daten zu Verlaufsmustern von Überschuldungen, zu möglichen „Drehtüreffekten“ und zu besonders wirksamen Beratungsansätzen ermittelt. Angesichts der Tatsache, dass rund 90 Prozent aller Überschuldeten keine Hilfe von Schuldnerberatungen in Anspruch nehmen, stellt die Gruppe der Nicht-Nutzer/inn/en einen weiteren zentralen Untersuchungsgegenstand dar. Am Ende des Projekts sollen konkrete Handlungsempfehlungen für die Schuldnerberatungsstellen entwickelt werden, die auch für weitere in den Beratungsverläufen involvierte Akteure, wie Gläubiger, Banken, Gerichte, Arbeitgeber in ihren Schnittstellen zur Schuldnerberatung, von Relevanz sind.

Die Forschungsgrundlage des Teams bildet gegenwärtig ein Datensatz von über 20.000 Einzelfällen der Jahre 2006-2017, welche die AWO, Kreisverband Hildesheim-Alfeld, dem Projektteam mit der Bitte um Auswertung zur Verfügung gestellt hat.

Vor diesem Hintergrund verband Projektleiter Prof. Dr. Uwe Schwarze seinen Dank an die Kooperationspartner mit einem Appell an die Anwesenden, sich auch weiterhin durch die Bereitstellung von Datenmaterial oder die Unterstützung beim Feldzugang im Rahmen der qualitativen Teilstudie aktiv ins Forschungsprojekt einzubringen, da das Projekt auf eine möglichst breite Unterstützung aller relevanten Akteure in der Region angewiesen sei.

Aktiv einbringen konnten sich die Anwesenden bereits während der Auftaktveranstaltung. Verschiedene Workshops zu den Themenkomplexen „Nachhaltigkeit“, „Nutzen“ und „soziale Schuldnerberatung“ boten die Gelegenheit sich auszutauschen und Ideen zu generieren, die in der jetzigen Startphase noch mit in das Forschungsdesign integriert werden können.

Einen zentralen Programmpunkt, der direkt Aspekte der Schuldnerberatung als Soziale Arbeit thematisierte, bildete der Vortrag von Prof. Dr. Hans Ebli von der Hochschule Ludwigshafen. Er stellte dabei das Spannungsfeld von ökonomischen Zwängen, geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und den Ansprüchen an die eigene Fachlichkeit dar, in dem Schuldnerberater/inn/en in der heutigen Zeit unter wachsendem Erwartungsdruck agieren müssen. In seinem Plädoyer für eine neue Debatte um die Fachlichkeit einer sozialen Schuldnerberatung griff er einzelne Ziele des Forschungsprojekts direkt auf, wie etwa die stärkere Einbindung der Perspektive der Klient/inn/en und die der (Nicht)Nutzerforschung. Vor allem die noch ungeklärte empirische Frage nach dem „Gebrauchswert“ sozialer Beratung bilde eine signifikante Komponente mit Blick auf eine gelingende soziale Schuldnerberatung, so ein resümierender Impuls von Prof. Dr. Ebli.

Im Verlauf von drei Diskussionsräumen trugen die Teilnehmenden der Auftaktveranstaltung nach der Mittagspause ihre Anregungen und Ideen sowie zahlreiche konkrete Forschungsfragen aus ganz unterschiedlichsten Perspektiven zusammen. Vom Projekt-Team wurden diese abschließend im Plenum präsentiert und Prof. Dr. Uwe Schwarze schloss mit einem optimistischen Ausblick auf zwei forschungsintensive Jahre des Projekts. Im Ergebnis zeichnete sich am Ende einer sehr gelungenen Auftaktveranstaltung auch eine Unterstützung in Form einer Kooperation des Projekts mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW) und weiteren Trägerorganisationen der Sozialen Arbeit in der Region Hildesheim-Hannover ab. Die Datenerhebung und auch der Feldzugang zu den geplanten Interviews und Befragungen werden somit vielfältig möglich sein. Hierfür gilt allen Beteiligten und Unterstützer*innen schon jetzt ein herzlicher Dank!

Weitere Informationen:

  • Forschungsblog Projekt SchuB NDS
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