Ergebnispräsentation auf Jobcoaching-Kongress in Münster

Erscheinungsdatum: 11.05.2020

Als erstes wissenschaftliches Projekt in Deutschland befasste sich JADE (Jobcoaching zur Arbeitsplatzsicherung Definieren und Evaluieren) an der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit der HAWK über drei Jahre und fünf Monate mit Jobcoaching als Maßnahme zur Arbeitsplatzsicherung von Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung. Ende Februar 2020, vor den Coronavirus-Kontaktsperren, präsentierte das Forschungsteam die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanzierten Forschungsprojekts auf dem Jobcoaching-Kongress in Münster.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrike Marotzki unternahm das Forschungsteam, bestehend aus den wissenschaftlichen Mitarbeitenden Dorothea Tschaggeny (geborene Harth), Reinhard Hötten und Lisa Weber, eine drei Phasen umfassende Analyse und Beschreibung von Jobcoaching zur Arbeitsplatzsicherung in Deutschland. Im Rahmen der ersten Phase, einer quantitativen Bestandsaufnahme zur Verbreitung und zum Entwicklungsstand von Jobcoaching, erhob das Team Daten in den 16 Bundesländern und Regionen. Während Nordrhein-Westfalen und Hessen im Erhebungszeitraum zwischen 2014 und 2016 vergleichsweise viele Jobcoachingfälle (bis zu 500) durchführten, ist die Maßnahme in den neuen Bundesländern noch nicht sehr verbreitet und das Profil von Jobcoaching weniger geschärft. So markieren beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt noch weitgehend „weiße Flecken“ auf der Landkarte.

Auf der Grundlage einer Fragebogenerhebung zur Professionalisierung von Jobcoaches zeigte sich, dass sich die untersuchte Gruppe von 46 Jobcoaches genau hälftig in Personen teilt, die den Weg zur Arbeit als Jobcoach mit einer therapeutischen, sozialen, oder pädagogischen Qualifikation verbunden haben (etwa in der Ergotherapie, Diplom-Pädagogik, Erziehendentätigkeit oder Sonderpädagogik) und solche, die einen Spartenwechsel vollzogen und mit einem eher handwerklichen, technischen oder kaufmännischen Beruf begonnen haben (beispielsweise Elektroanlageninstallationen, Industriemechanik, Gartenbau, Kauffrau).

 

In einer darauffolgenden zweiten Phase standen konzeptionelle Fragen und die Beobachtung von besonderen Merkmalen des Jobcoachings im Vordergrund.

Als typisch für den Ausgangspunkt von Jobcoaching stellte sich eine individuelle und soziale Krise in der Arbeitssituation eines Menschen mit Schwerbehinderung heraus. Wichtig für das Verständnis der untersuchten Jobcoaching-Fälle waren hier die Vorgeschichten am Arbeitsplatz. Die Zeit, in der sich die Krise vor Beginn des Jobcoachings zuspitzte, gab in der Regel Aufschluss darüber, in welchen Situationen und durch welche Faktoren die Teilhabe am Arbeitsleben der Personen mit Schwerbehinderung nicht mehr funktionierte und wo sich Ansatzpunkte für das Jobcoaching ergaben

Unter der „Perspektive der Teilhabe am Arbeitsleben“ ließen sich Wendepunkte und positive Fallverläufe im Jobcoaching als Ergebnis der Zusammenarbeit von Jobcoaching-Anbietenden (Jobcoach, Integrationsfachdienste, Leistungsträger) und Jobcoaching-Nehmenden (Arbeitnehmende, Arbeitgebende, Schwerbehindertenvertretungen, Kolleginnen und Kollegen) verstehen. Als zentraler Wirkfaktor des Jobcoachings lässt sich die über einen längeren Zeitraum gewährleistete Anwesenheit und begleitende Mitarbeit von Jobcoaches im Arbeitsprozess der betroffenen Personen verstehen. Aus dieser Perspektive ist es Jobcoaches möglich, individuell sehr konkret zu fördern sowie eingespielte förderliche und hemmende Interaktionen am Arbeitsplatz zu erkennen und sie unter der Zielsetzung einer verbesserten betrieblichen Teilhabe als Ressourcen zu unterstützen oder ihnen entgegenzuwirken. Fortlaufend entwickelte sich während des Forschungsprozesses im Forschungsteam zudem das Verständnis zentraler Begriffe wie Beeinträchtigung, Behinderung und Teilhabe am Arbeitsleben weiter.

In einer dritten Phase entstanden als Ergebnis der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Jobcoaching und mit Blick auf eine gelingende Durchführungspraxis die „Empfehlungen zum Jobcoaching“. Diese sind auch in der Schriftenreihe "Soziale Arbeit und Gesundheit im Gespräch" veröffentlicht.