Projekt „AchsAR – Augmented Reality in der Nutzfahrzeugtechnik“ – erste Tests mit Schüler*innen
Außerdem kann reales Anschauungsmaterial beliebig erweitert und mit Informationen und Übungsanleitungen versehen werden.
Levin Glausch ist der erste Berufsschüler, der die AR-Brille aufsetzen darf. Durch die Gläser kann er seine Umgebung erkennen und die LKW-Achse, die vor ihm steht.
Doch mit Hilfe der Brille sieht er noch mehr: Ein virtueller Sechskantschlüssel erscheint wie aus dem Nichts. Eine Animation zeigt, wie sich das Verbindungsstück von der Achse lösen lässt. Im Anschluss versucht Glausch es dann selbst. „Das war eine interessante Erfahrung, ich habe so etwas noch nie gemacht“, berichtet der angehende Mechatroniker für Nutzfahrzeuge danach. Er glaubt, dass AR-Anwendungen dieser Art im Schulunterricht einen großen Vorteil bieten könnten. „Wenn man etwas direkt vor sich sieht, ist es viel besser als Bilder in Schulbüchern.“
Die Idee zu dem Projekt entstand durch den Bedarf an besserem Anschauungsmaterial an der BBS Holzminden. Nur wenige Auszubildende der Kraftfahrzeugmechatronik spezialisieren sich hier auf den Bereich Nutzfahrzeuge. Einen eigenen LKW als Anschauungsobjekt gebe es darum beispielsweise nicht, berichtet Schulleiter Andreas Hölzchen. „Durch die neue Technik können wir nun das zeigen, was es normalerweise nicht zu sehen gibt“, erklärt er. Und an dieser Stelle hörten die Möglichkeiten von Augmented Reality nicht auf, ergänzt Prof. Dr. Alexandra Engel, Projektleiterin von AchsAR und Direktorin des Zukunftzentrums Holzminden-Höxter (ZZHH). „Gleichzeitig können die Schülerinnen und Schüler damit nicht nur die Achse von heute einüben, sondern auch all die Arbeitsschritte, die es in Zukunft geben wird, beispielsweise bei einer elektrifizierten Achse.“
Neben dem ZZHH, einer gemeinsamen Einrichtung der HAWK und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), und der BBS Holzminden ist die HAWK-Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit an dem Forschungsprojekt beteiligt. Prof. Dr.-Ing. Christopher Frey stellte dafür das Modell einer selbst entwickelten, innovativen Leichtbauachse für Nutzfahrzeuge zur Verfügung. Dazu spendete die Firma Jost Achsen Systeme ein marktübliches Achsenmodell. Laurent Matthies, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät, digitalisierte die Daten beider Achsen und überführte diese in ein AR-Programm. Gemeinsam mit einem Lehrerteam der BBS Holzminden entwickelte er eine Anwendung, die von Schüler*innen intuitiv bedient werden kann.
Nun beginnt die Erprobungsphase an der Berufsschule, begleitet vom Forschungsteam des ZZHH. „Wir holen uns jetzt das Feedback der Schülerinnen und Schüler“, erklärt Engel. Eine begleitende Evaluation soll zeigen, wie die Anwendung noch verbessert werden kann. Langfristig sollen dann möglichst viele Schüler*innen die Möglichkeit bekommen, in einer AR-Umgebung zu lernen. „In etwa einem Jahr soll eine Anwendung vorliegen, die wir guten Herzens auch anderen Schulen, beispielsweise der BBS Northeim, zu Verfügung stellen können“, so Engel.
Auch Schulleiter Andreas Hölzchen sieht im Bereich AR großes Potenzial für seine Schule. Er könne sich vorstellen, auch in anderen Ausbildungsberufe mit „erweiterter Realität“ zu arbeiten. „Ich glaube, dass dieser Bereich in zehn Jahren Standard sein wird und dass diese Technik dann in der Schule Einzug gehalten haben sollte. Und wir sind gut daran, uns rechtzeitig dahingehend aufzustellen.“
Das Projekt „AchsAR – Augmented Reality in der Nutzfahrzeugtechnik“ wird als innovatives Bildungsprojekt der beruflichen Erstausbildung bezuschusst aus Mitteln der ESF Förderung des Landes Niedersachsens und ist Teil des Südniedersachsenplans.