Nach dem Abschluss im Studiengang BA Soziale Arbeit in Hildesheim arbeitet er in der Mietschuldner*innenberatung.
Ich empfand das Studium an der HAWK immer als sehr frei gestaltbar bzw. interessensorientiert und
das gab mir die Möglichkeit, die Studienzeit bestmöglich zu nutzen..
Wie bist du zum Studium der Sozialen Arbeit gekommen?
Um ehrlich zu sein war es mehr Zufall und Unüberlegtheit als alles andere. Ich war schon zu
Schulzeiten interessiert an gesellschaftlichen Problematiken und zwischenmenschlichen Dynamiken
und konnte mir immer vorstellen „etwas mit Menschen zu machen“. Letztendlich googelte ich nach
Studiengängen die das verbinden und Soziale Arbeit klang von den Studieninhalten am vielfältigsten
und für mich interessantesten. Ich habe entsprechend, um diese Idee auch zu erproben, ein
Vorpraktikum in einer Inobhutnahmegruppe gemacht und konnte mir danach keinen anderen
Studiengang mehr vorstellen.
Welche Rolle spielte das Studium an der HAWK Hildesheim für dich? Von welchen Inhalten profitierst du im Berufsalltag?
Ich empfand das Studium an der HAWK immer als sehr frei gestaltbar bzw. interessensorientiert und
das gab mir die Möglichkeit, die Studienzeit bestmöglich zu nutzen, um diese Interessen zu vertiefen
und mein Studium dahingehend zu strukturieren. Nichtsdestotrotz merke ich im Berufsalltag, dass
das reflexionsthematische Angebot während des Bachelors als auch in der Anerkennung für das
eigene Verständnis von Sozialer Arbeit und der eigenen Identität in der Profession sehr wichtig war,
um mit möglichen Herausforderungen umgehen zu können. Ich habe mich entsprechend nach
Beendigung des Studiums gut vorbereitet gefühlt, um in den Berufsalltag zu starten und habe durch
die regelmäßige Auseinandersetzung mit mir selber, der Stärkenorientierung an der HAWK und die
freien Gestaltungsmöglichkeiten des Studiums viele Ressourcen mitgenommen, die mir in der Arbeit
Sicherheit geben und meine Handlungsfähigkeit sichern. Trotzdem sind es auch die rechtlichen
Grundlagen im Studium, die ich in der Arbeit immer wieder brauche (und mir wünschte ich hätte
besser aufgepasst)
Wie würdest du deinen (beruflichen-) Weg bis Heute beschreiben? Wie war dein beruflicher Start?
Ich habe bereits in vielen Praxisfeldern der Sozialen Arbeit gearbeitet und habe Praktika, Nebenjobs
und die staatliche Anerkennung genutzt, um verschiedene Bereiche kennenzulernen. Nach meiner
staatlichen Anerkennung habe ich angefangen in der Wohnungsnotfallhilfe zu arbeiten und bin
aktuell auch noch in diesem Bereich tätig. Entsprechend würde ich meinen beruflichen Weg als
facetten- und abwechslungsreich beschreiben und kann das jeder Person so weiterempfehlen. Die
unterschiedlichen Praxisfelder, die verschiedenen Anforderungen und Arbeitsaufträge, die einzelnen
Adressat*innengruppen und ihre individuellen Lebenssituationen stellten auch mich regelmäßig vor
Herausforderungen, förderten jedoch meine Resilienz und mein Selbstvertrauen ungemein.
Der berufliche Start und die damit verbundene Loslösung von der sonst gewohnten
Praktikant*innen- bzw. Student*innenposition war zunächst ungewohnt und aufregend, jedoch
konnte ich meine Position als nun vollständiger Sozialarbeiter schnell einnehmen und selbstständig
arbeiten.
Was sind herausfordernde Situationen und wie meisterst du diese?
Für mich lassen sich die Herausforderungen auf unterschiedlichen Ebenen betrachten. Zum einen ist
man natürlich mit Herausforderungen der Praxisfelder konfrontiert und dem Versuch, der Arbeit als
Sozialarbeiter*in (auch trotz gewisser strukturellen Schwierigkeiten und bürokratischen
Hindernissen) bestmöglich nachzugehen. Zum anderen arbeiten wir als Sozialarbeiter*innen in
keinem perfekten System und einer Gesellschaft, die Soziale Arbeit als solche nicht priorisiert,
weshalb immer wieder die Fragen aufkommen, wie eigene Grenzen gesetzt werden können oder
müssen, wie mit Grenzen des Systems umgegangen werden kann, welche Position wir selber im
sozialen Raum einnehmen und welches Selbstverständnis wir haben. Entsprechend gibt es durchaus
Situationen, in denen ich mich mit arbeitsbegründeten oder persönlichen Herausforderungen
konfrontiert sehe. In meiner derzeitigen Tätigkeit in der Wohnungsnotfallhilfe habe ich viel mit
echtlichen Angelegenheiten und verschiedenen Ämtern bzw. Anträgen für diverse Leistungen und
Unterstützungsmöglichkeiten zu tun. Vor allem die bürokratischen Hindernisse und Schwierigkeiten
erfordern viel Geduld, Netzwerkarbeit, Selbstvertrauen, Handlungskreativität und rechtliches
Wissen.
Was gibt dir die Arbeit in deinem Bereich zurück?
Ich habe das Gefühl mit meiner Arbeit etwas erreichen zu können. Dieses „sinnstiftende“ an der
Arbeit hält bei mir einen gewissen Ehrgeiz und eine Motivation aufrecht, die mich immer wieder
gerne zur Arbeit gehen lassen. Die Beziehungsarbeit und der Kontakt zu unterschiedlichen
Adressat*innen gibt mir persönlich viel Energie und macht die Arbeit auch so spannend. Kein Tag ist
wie der andere, jede*r Adressat*in ist ein Individuum mit unterschiedlichen Lebenssituationen und
Herausforderungen und jede Hilfe kann unterschiedlich verlaufen und sich entwickeln. Man lernt
sehr viel über sich selbst.
Wie erkenne ich, dass die Soziale Arbeit etwas für mich ist?
Ich finde diese Frage ist nicht unbedingt einfach oder eindeutig zu beantworten. Natürlich sollte man
eine gewisse Empathie besitzen und Freude an zwischenmenschlicher Interaktion haben. Welche
Eigenschaften ansonsten wichtig sind hängt, zumindest meiner Meinung nach, stark vom Praxisfeld
ab. Nichtsdestotrotz arbeiten wir als Sozialarbeiter*innen aufgrund eines Arbeitsauftragt und
(gesellschaftlicher) Problemlagen, die es zu erkennen und bearbeiten gilt. Letztendlich soll Soziale
Arbeit Menschen dazu befähigen, mit ihren individuellen Herausforderungen umgehen zu können,
weshalb Sozialarbeiter*innen auch dazu bereit sein müssen, sich mit entsprechenden
Herausforderungen auseinanderzusetzen, unabhängig davon ob die Herausforderungen auf
individueller oder auf struktureller Ebene zu beleuchten sind.
Was sind drei Kernkompetenzen die ich mitbringen sollte?
Offenheit, Abgrenzungskompetenzen, Kommunikationsfähigkeit
Würdest du sagen, dass man von Sozialer Arbeit gut leben kann?
Ich bin aktuell mit meinem Gehalt zufrieden und kann gut davon leben. Diese Frage ist natürlich
jedoch von der eigenen Lebenslage abhängig. Meinem Empfinden nach ist das Gehalt nicht mehr so
schlecht wie es in den Vorstellungen mancher Menschen verankert ist, jedoch spiegelt es dennoch
wider, dass soziale Angelegenheiten gesellschaftlich nicht die Anerkennung und Priorität
zugesprochen bekommen, die sie meiner Meinung nach verdienen und dass ein auf
Wirtschaftlichkeit basierendes Sozialsystem absolut kritisch zu beleuchten ist.
Könntest du dir vorstellen den Bereich innerhalb der Sozialen Arbeit noch einmal zu wechseln?
Ich bin aktuell sehr zufrieden in meiner Tätigkeit in der Wohnungsnotfallhilfe und obwohl ich viele
Praxisfelder ausprobiert habe und die neuen Herausforderungen und Umstellungen auch sehr
genoss, kann ich mir aktuell vorstellen in diesem Bereich tätig zu bleiben. Ob und inwiefern ich
meine akademische Laufbahn fortführe ist noch nicht eindeutig geklärt, für den Fall dass ich jedoch
keinen Master mache würde ich erstmal in der Wohnungsnotfallhilfe bleiben.
Was ist Soziale Arbeit für dich? Vielleicht eher: Was bedeutet Soziale Arbeit für dich?
Um einer theoretischen, wissenschaftlichen Beantwortung dieser Frage aus dem Weg zu gehen:
Soziale Arbeit bedeutet für mich gesellschaftliche Problemlagen und Strukturen zu erkennen, zu
hinterfragen und anschließend entgegenzuarbeiten, um den letztendlich von den Strukturen
benachteiligten Personen zu helfen und gesellschaftliche Entwicklungen/Veränderungen voranzutreiben.
Moritz Dubiel
Studiengang: BA Soziale Arbeit Hildesheim
Abschlussjahrgang: 2023
Aktueller Arbeitsbereich: Mietschuldner*innenberatung
Das Interview entstand im Rahmen des Studierendenprojekts "Berufliche Wege in die Soziale Arbeit" im Wintersemester 2023/24.