Eine weit verbreitete Vorstellung ist, dass Schmerzen des Bewegungsapparates1 bei Kindern und Jugendlichen selten und von kurzer Dauer sind. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Rund die Hälfte aller Betroffenen klagen im Laufe ihrer körperlichen Entwicklung über anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates mit langfristigen negativen Folgen für Bewegung, Aktivität und Sport, Erfolg in der Schule und die Entwicklung eines aktiven Lebensstils. Dies ist umso relevanter, als dass in Deutschland nur 26% der Kinder und Jugendlichen die Bewegungsempfehlungen der WHO erreichen2 und muskuloskelettale Schmerzen eine große Barriere für körperliche Aktivität darstellen können. Am häufigsten sind in diesem Zusammenhang Knieschmerzen, bis zu 32% der Kinder und Jugendlichen sind davon betroffen3. Dabei ist die Therapie dieses Gesundheitsproblems derzeit unzureichend, da Bedarfe und Bedeutungszuschreibungen der Zielgruppe nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Ziel ist es daher, eine zielgruppengerechte lebensweltorientierte Intervention für Kinder mit Knieschmerzen zu entwickeln. Verschiedene Therapieelemente wie Übungstherapie, Information und Beratung, die sich im internationalen Versorgungskontext als effektiv erwiesen haben, sollen in ein Therapiekonzept unter Einbezug von digitalen Gesundheitsanwendungen integriert werden. Die Innovation liegt in der Alters- und Alltagsorientierung unter Einbezug des sozialen Umfelds (Familie, Peers, Sportverein, Schule) und der Priorisierung der Bedarfe und Bedeutungszuschreibungen der Betroffenen. So kann die Autonomie und Selbstwirksamkeit der Betroffenen unterstützt und potentiell die Effektivität und Nachhaltigkeit der gesundheitlichen Versorgung und Prävention verbessert werden. Die zu entwickelnde Intervention soll niedrigschwellig die Versorgungslücke zwischen Abwarten mit Sportkarenz und multimodaler Schmerztherapie schließen. Dies ist insbesondere für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen wichtig, die ein hohes Risiko für die Ausprägung eines negativen bewegungsbezogenen Selbstkonzeptes und für die Entwicklung von chronischen muskuloskelettalen Schmerzen haben.

Methodisch soll ein partizipativer Ansatz unter Einbezug der betroffenen Kinder und Jugendlichen und weiterer Stakeholder mit qualitativen und quantitativen Anteilen verfolgt werden.

Im Zentrum steht die Entwicklung einer innovativen Versorgungsform, die das Potential hat, die muskuloskelettale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern.

 

[1] DGKF. (2020). Muskuloskelettale Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen – Ein Algorithmus zur differenzialdiagnostischen Abklärung eines häufigen Leitsymptoms in der Kinder- und Jugendmedizin. Retrieved 10.12.2022, from https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/025-032.html

[2] Finger, J. D., Varnaccia, G., Borrmann, A., Lange, C., & Mensink, G. B. M. (2018). Körperliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. Journal of Health Monitoring, 3(1), 24-31. https://doi.org/10.17886/RKI-GBE-2018-006.2

[3] Rathleff, M. S., Roos, E. M., Olesen, J. L., & Rasmussen, S. (2013). High prevalence of daily and multi-site pain--a cross-sectional population-based study among 3000 Danish adolescents. BMC Pediatr, 13, 191. https://doi.org/10.1186/1471-2431-13-191