Projektziel

Für eine Ausstellung im Bayerische Kunstgewerbeverein (BKV) in München entwickelten 26 Studierende unter der Leitung von Prof. Melanie Isverding sowohl ein Konzept als auch die Exponate. Prof. Melanie Isverding betonte in ihrer Eröffnungsrede, wie sehr die Studierenden die Einladung des BKV schätzen und wie sie dadurch die eigene Arbeit mit realen Erfahrungen verknüpfen: „Immer wieder das eigene Haus zu verlassen, sich unter ein anderes Dach zu begeben, das Geschaffene im Austausch und in der eigenen Distanz zu überprüfen, ist ein enorm wertvolles Angebot“.

Hier ist eine Auswahl ausgewählter Exponate zu sehen. 

Nadine Anklam

Körperbezogene Objekte – "The Voice of the Horses"

Wie kann man den Tieren eine Stimme geben, wo sie doch unserer Stimme nicht mächtig sind?
Wie kann man auf Unterschiede achten, ohne sie sich anzueignen oder zu verzerren?
Wie kann man Hören und Anerkennen, was nicht gesagt werden kann?

 


"In meiner Arbeit hinterfrage ich die Mensch-Tier Beziehung und bin auf der Suche nach einem neuen Umgang mit den Tieren. Diese erfährt durch Schweifhaare und Hufhorn eine Materialisierung und Sichtbarkeit. Ich lenke das Material und lasse mich gleichzeitig von ihm lenken. Meine Arbeit ist der Versuch, den Tieren, ohne menschliche Aneignung, eine Stimme zu geben."

Objekt, 2024 – The Voice of the Horses
Stahl Schweifhaar

Nicolas Berkenheide

Objekt & Film – "Alone"

"Alone ist ein Angebot das Netzwerk unserer Umgebung bewusster wahrzunehmen.
Die eiförmigen Anhänger und ihre Aufnahmen entstanden aus einer Auseinandersetzung mit Andy Weirs Eitheorie im Rahmen des Semesterprojektes „Empathie der Objekte“.

 

Andy Weir stellt die These, dass alle Menschen die Reinkarnation ein und der selben Seele sind. Ich habe diese auf alle Dinge die uns umgeben erweitert und möchte das feine Netzwerk, welches uns alle wertfrei verbindet, ins Bewusstsein rufen."

Anhänger, Objektserie, 2024 – Alone
Messing patiniert

Ursula Hähner

Körperbezogene Objekte – "Verletzungen"

"Meine Objekte bieten die Möglichkeit zur Reflexion und Verbesserung des eigenen Umgangs mit psychischen Verletzungen und den damit verbundenen Gefühlen.

In einem interaktiven Prozess – allein oder im Austausch mit anderen Personen – lässt das Kupferblech zusammen mit den gewebten Artefakten eine spielerische und anschauliche Annäherung individueller Reaktionen im Umgang mit psychischen Verletzungen zu."

 

Das am Körper gehaltene oder getragene Kupfergefäß mit dem geflochtenen Baumwollband unterstützt die bewusste Wahrnehmung und Akzeptanz der eigenen Verletzungen.

Körperbezogene Objekte, 2024 – Verletzungen
Kupfer, Baumwolle, Jute, Glasperlen, Eichenholz, Erlenholz, Silber

Susie Heuberger

Halsschmuck – "Sangre de mi Sangre"

"Wenn ich an Stacheldraht denke, assoziiere ich damit Grenzen, Schutz und Barrieren gegen das Unbekannte. Diese Barrieren symbolisieren die Ängste, die oft zu Hass und einer Haltung der Abspaltung und Abgrenzung führen. Diese Halskette aus Silber, Mais und Stahl steht für meinen mexikanisch-europäischen Hintergrund.

 

Die in den Draht gedrückten Maiskörner stehen für die Einheit in der Vielfalt. "Sangre de mi Sangre" spiegelt meine Erfahrungen als Frau, Einwanderin, Mexikanerin und Deutsche wider. Und es lädt dazu ein, über die Unterdrückung nachzudenken, unter der Tausende von Menschen auch heute noch leiden."

Halsschmuck, 2024 – Sangre de mi Sangre
Stahl, einheimischer Mais aus Oaxaca, Silber

Franz Balthasar Kirsch

Kopfobjekt, 2023, Messing und Kupfer versilbert

Eine Linie, die sich anpasst, nicht dirigiert
Ein Skelett, das draußen liegt
Eine Maske nicht zum Verstecken, sondern zum Zeigen

 

"Auf der Suche nach Linien am Körper, die mein Interesse geweckt haben, habe ich mich mit meiner Frisur beschäftigt. Ich konzentriere mich auf bestehende Körperlinien und forme sie zu einem Skelett um meinen Kopf. Im Gegensatz zu einer Maske wird nichts verborgen. Stattdessen geht es darum, ein Stück zu sehen, anzuwenden und zu erschaffen, das nur zu einem Körper und einer Identität passt."

Sarah May

Kopfobjekt, 2024 – "Ohnmacht", Aluminium, Kupferdraht, Zinnlot

Kopfobjekt – Ohnmacht
Im Sog der Ohnmacht
Die Benetzung von Gefühlen auf und in mir.
Die Sanftheit, die solche Emotionen gewährleistet.

 

Ein Bündel von Gefühlen die miteinander ringen.
Das eine gäbe es nicht ohne des anderen.
Angst, Mut, Liebe Hass, Trauer, Wut.
Die Gleichzeitigkeit ist kaum einzufangen.
Sie besetzt meinen Körper und Geist, ich
werde von ihr bemächtigt.
Ohnmächtig lass ich mich ergreifen.
Der Panzer auf dem Rücken stellt sich auf.
Ein Netz erstreckt sich hoch den Kopf entlang.
Unbeirrt frisst sie sich durch.
Dabei wird sie immer stärker, unermüdlich.

Catharina Mohr

Körperbezogene Objekte, 2024 – "Imbedded", Ton, Wolle, Garn, Papier, eingebettete Beziehungsdinge

Den emotionalen Wert eines Gegenstandes definiert nur der Besitzer. Nur wenn dieser das außen dazu einlädt, ein Teil davon zu werden, wird dieser Wert weitergegeben.

 

Ich möchte genau diesen Objekten ein Zuhause geben, einen Ort, an dem sie beschützt werden. Durch diesen Gedanken entstanden Schalen, die durch meine Handflächen geformt eine beschützende Geste bilden. Im Innern weich gebettet, von Filz gefasst, liegen sie fest beschützt. Die Kreatur, die diese Objekte beschützt, würde dies für immer tun, außer jemand würde sich dazu entscheiden, die Schalen unwiderruflich zu öffnen und so die Verantwortung für den emotionalen Wert zu übernehmen.

Tim Neumann

Objekte, 2024 – "Sacred Objects Sacred Leaves", Messing patiniert, Textil, gewachsten Blättern

"Inspiriert von dem Bewahren von Reliquien, stellte ich Objekte her, deren Inhalte sich auf die Auswirkungen des Anthropozäns beziehen. In ihnen werden Materialien verwahrt, welche für die Ehrung der Natur stehen und somit gegenteilig zu den ursprünglichen Reliquien stehen.

 

Ich habe Materialien gesammelt, mit denen ich in meiner direkten Umgebung alltäglich in den Kontakt komme. Erde, Laubblätter, Heu und Holz wurden über das Einhüllen in Textil, dem jeweiligen Platzieren und Verschließen im Gefäß weiterverarbeitet sowie gleichzeitig bewahrt. Alle Oberflächen stellen die Natur in Abstraktion dar. Die verschlossenen Gefäße stehen somit für den Schutz der Natur."

Emma Sattler

Körperbezogene Objekte, 2024 – "Plis de ballet - Skin/ Anger/ Joy", Kupfer, Emaille, Textil

Die Selbstwahrnehmung des eigenen Körpers wird geprägt von der Gesellschaft, die über den Wert von Körpern mitbestimmt. Unzählige Kämpfe mit sich selbst werden dadurch ausgelöst.

 

"Meine Arbeit ist sowohl eine Reaktion auf diese Kämpfe sowie eine Spiegelung des Balletts und meinen Empfindungen als Frau. Sie zeigt durch Ballettposen entstandene Körperfalten, deren Farbgebung der Emaille mit Emotionen belegt sind. Der Pudrige Ton steht für meine Haut und Verletzlichkeit, Rosa für das Ballett und grau-schwarz für die Wut und den Kampf gegen normierende Körperbilder. Mit dem Band von Spitzenschuhen werden die Falten um den Körper gebunden - stolz präsentiert und zugleich Schutzschild vor den Blicken der Gesellschaft."

Gerrit Schulze Raestrup

Tränengefäße, 2024 – "Trockene Tränen aus dem Lacrimarium", Messing, Salz

Trockene Tränen aus dem Lacrimarium – Ein Tränengefäß ist ein antikes Gefäß in dem medizinische oder Kosmetische Substanzen aufbewahrt wurden. Die antiken Tränengefäße aus Glas interpretiere ich in Form eines Drahtgeflechts und tauche dieses in geschmolzenes Salz.

 

Das Salz haftet am Draht. Dadurch möchte ich, getrocknete Tränen zu symbolisieren und physisch erfahrbar zu machen. Sie sollen die Trauer aus dem Verborgenen ans Licht bringen und den Umgang mit Verlust in unserer heutigen Zeit hinterfragen

Lena Schüler

Ringe, 2024 – "Die Reise eines Samens", Silber, Blüten getrocknet, Japanpapier

"Meine Intention war es zu zeigen, wie vielfältig die Natur sein kann und diese Vielfältigkeit in meinen Schmuck zu übersetzen. Jeder Ring ist anders, so wie es auch Pflanzen sind. Der Silberdraht steht symbolisch für Wurzeln, welche sich um die Hand schlängeln und in einer Blüte enden.

 

Diese wird mittels eines Schlüsselringprinzips und in der Einbettung eines speziellen Papiers festgehalten. Trotz der Befestigung kann der Innenteil entweichen. Diese Mög- lichkeit soll auf einen Prozess der Vergänglichkeit, aber auch des Entstehens ver- weisen. Denn auch Blüten und Blätter sind vergänglich, ebenso können sie wieder wachsen. Die Ringe stehen für Grundbausteine von Wachstum und weisen auf die Fragilität und Wichtigkeit der Natur."

Jonas Schwalenberg

Broschen, 2024 – "Places in Charcoal", Silber, verbrannte Eiche, Edelstahl

"In der Serie Hidden Structures habe ich mit verbrannten Holzoberflächen experimentiert, inspiriert von der traditionellen japanischen Technik „Yakisugi“. Dabei habe ich Eichenholz intuitiv verbrannt, um die Eigenschaften des Holzes selbst hervorzuheben, wie zum Beispiel Jahresringe oder die Richtung der Holzfasern.

 

Mit den Techniken des Ätzens und Sägens übertrug ich zudem frei gezeichnete Interpretationen von Holzstrukturen in die Metallfassung. Die geätzte Oberfläche ergänzt die Strukturen vom Holz. Mit der Schaffung dieser Schmuckstücke möchte ich dazu anregen, genauer unter die Oberfläche zu schauen um auf faszinierende Details im verborgenen Inneren zu stoßen."

Noah Welter

Halsschmuck, 2024 – "Post-Pektorale", Stahl, geschmiedet

"Attribute von Durchdringung, Reihung, Ausschmieden und Bruch sind zentral in meiner Beschäftigung mit zeitgenössischem Schmuck. Die Formsprache der Objekte erinnert an Pektorale, eine Art Urform im Schmuck, wie sie in verschiedenen Kulturen und Zeiten zu beobachten sind.

 

Urformen sind durch ihre Entstehungsgeschichte mit elementaren Handlungen in der Verarbeitung verbunden. In diesen Handlungen ist ein besonderer Reiz inne. Die Objekte sind im Warmschmiedever- fahren entstanden. Der Entstehungspro- zess fordert ein dynamisches Agieren, ein schnelles und rauschhaftes Arbeiten, das sowohl Kompromiss und Konsequenz beinhalten. Keines der Objekte hat je eine Feile gespürt. Der Prozess der Herstellung und die Erfahrung beim Tragen sind gleichermassen wichtig. Ziel war es nicht nur ein Objekt herzustellen sondern Erfahrungen zu provozieren."

Marleen Wysocki

Halsschmuckserie, 2024 – "Morphic Realities", Kupfer, Emaille, Seide

“Als Menschen nehmen wir uns selbst und unsere Umgebung durch das Prisma persönlicher Prägungen und Überzeugungen wahr. Subjektive Wahrnehmungen entfalten sich durch wiederholte Erfahrungen und Emotionen und formen und projizieren unsere Realität aus den Tiefen unserer inneren Welten.

 

ntuitiv gestaltete Formen fangen vielfältige Reflexionen des Lebens ein und unterstreichen die Idee, dass alle Perspektiven willkommen sind, auch solche, die nicht mit unserer eigenen übereinstimmen. Durch diese Vielfalt können wir unser Selbstbild entdecken und verändern. Jedes Objekt spiegelt nicht nur seinen Träger wider; es spiegelt auch den Betrachter wider.

Diese Stücke symbolisieren Eigenverantwortung und Selbstreflexion. Sie ermutigen uns, innere Gedanken zu hinterfragen und unsere Glaubenssysteme neu zu schreiben. Mögen sie sanft daran erinnern, dass wir Architekten unserer eigenen Realität sind.“