Erscheinungsdatum: 24.10.2014

Ehemaliger Bundesumweltminister Jürgen Trittin stellt Ökonomie in den Focus der Holzmindener Immobiliendebatte

Ehemaliger Bundesumweltminister Jürgen Trittin stellt Ökonomie in den Focus der Holzmindener Immobiliendebatte

„Klimaschutz ist ein knallhartes Wirtschaftsthema“, sagt Jürgen Trittin, Grüner und ehemaliger Bundesumweltminister, imLichthof der HAWK in Holzminden. Trittin stellt ökonomische Zusammenhänge in den Fokus und sorgt damit für Aufhorchen im Auditorium. Er halte Steuererleichterungen für Investoren, ähnlich wie sie nach dem Mauerfall für den Erwerb von Immobilien gewährt wurden, für den richtigen Weg, um die von der Politik gesetzen Klimaschutzziele zu erreichen. „Wir müssen über Wärme sprechen, denn wahre Energieeinsparung wird durch die energetische Sanierung des Altbaubestandes erreicht. Und die braucht einen Rahmen, in dem sich Investitionen lohnen.“ Trittin ist Hauptredner bei der 6. Holzmindener Immobiliendebatte zum Thema „Mein Haus. Mein Strom. Mein Wasser. Chancen und Grenzen der Autarkie.“

Klimaschutz nur global realisierbar
Der grüne Göttinger Bundestagsabgeordnete fordert Investitionssicherheit und mit Blick auf die aktuellen europäischen Verhandlungen, nicht nur gemeinsame, sondern auch rechtsverbindliche Klimaschutzziele. Wirklicher Klimaschutz sei nur global, nicht lokal realisierbar. Treibe man ihn aber auch lokal aktiv voran, so schaffe man trotzdem ein Stück mehr Autonomie – in gewisser Hinsicht ein Paradoxon.

Unterdessen hätte der Anteil Erneuerbarer Energien in Deutschland 31 Prozent erreicht und Deutschland unabhängiger gemacht. Wolle man allerdings, wie vom Weltklimarat gefordert, die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen, dürfe man nicht warten, bis die fossilen Brennstoffe aufgebraucht seien: „Wenn wir auch nur die Hälfte dieser Vorräte verbrauchen, ist das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr zu halten“, so Trittin.

"Eigentlich nicht machbar"
Das Für und Wider von Autarkiebestrebungen Einzelner oder Gemeinden hatte zuvor Dr. Marcus Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, aufgezeigt. Betrachte man das Thema Energie-Autarkie ohne „idealisierende, romantische Vorstellungen des von Vogelgezwitscher begleiteten immerwährenden Marmeladekochens“, dann müsse er feststellen: „Echte Autarkie ist eigentlich nicht machbar“, weil der Vorteil des Einen der Nachteil des Anderen sei. Energie-Abhängigkeiten seien aber durchaus verringerbar. Hier seien jedoch individuelle Lösungen gefragt.

Energieverbünde wünschenswert
In diese Kerbe schlägt auch Jens Ibendorf, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Zukunftszentrums Holzminden-Höxter (ZZHH). Reine Energieinsellösungen seien nicht sinnvoll und zu teuer. Energiedörfer könnten aber durchaus einen Teil der Energieversorgung übernehmen. Ibendorf wünscht sich, dass nicht nur Wohnbereiche, sondern künftig auch Industriebetriebe von Energiedörfern mit regenerativer Energie versorgt werden können.

Intelligente Stromnetze notwendig
Dazu müsse, das fordert auch Jutta Steinbrecher vom „Zentrum für umweltbewusstes Bauen“ an der Universität Kassel, das „Stromnetz 2.0“ realisiert werden, bei dem es beispielsweise um neue Regeln zur Einspeisung verschiedener Stromarten gehe. Ziel seien so genannte intelligente Netze – die „Smart Grids“. Damit ließen sich beispielsweise stark schwankende Einspeisungen managen, die naturgemäß durch die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie entstünden. In diesem Zusammenhang „müssen wir über neue Formen der Energiespeicherung sprechen“, greift Jörn-Erik Mantz vom Bereich „Energie Dienstleistungen“ beim Energieriesen RWE ein wiederkehrendes Thema seiner Vorgänger auf. In Richtung der Studierenden sagt er: „Denken Sie über Lösungen für Speichertechnik nach.“ Auch das Thema Altbausanierung bekommen die HAWK-Studierenden auf ihre Liste geschrieben: „Wie können wir es mit kostengünstigen Mitteln schaffen, dass der Gebäudebestand energieeffizienter wird? Hier sind Ihre Ideen gefragt.“

Der Lichthof ist voll besetzt mit Studierenden aller Holzmindener Studiengänge, einschließlich der Sozialen Arbeit. Aber auch, so hatte Dekanin Prof. Dr. Alexandra Engel bei ihrer Begrüßung hervorgehoben, mit Studierenden der Hochschule Ostwestfalen-Lippe (OWL), mit der die HAWK gemeinsam Träger des Zukunftszentrums ist.

"Es ist Ihre Zukunft"
Die Studierenden spricht auch Prof. Dr. Jürgen Erbach, Mitinitiator der Immobiliendebatte, in seiner traditionellen Schlussrede an: „Es ist Ihre Zukunft, machen Sie den Klimaschutz zu Ihrem Thema. Denn die Energiewende ist alternativlos.“ Zuvor hatte das Publikum bei der Podiumsdiskussion Gelegenheit, eigene Fragen an die Expertin und die Experten zu stellen – moderiert von Christof Hardebusch, Chefredakteur der Fachzeitschrift immobilienmanager und Mitinitiator der Immobiliendebatte.

Der Immobilien Manager Verlag (IMV) ist neben der HAWK, dem Zukunftszentrum Holzminden-Höxter und dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund Veranstalter der Reihe, die die Hochschule immer wieder über den Tellerrand der einzelnen Studiengänge blicken lässt. „Diese Fächer übergreifenden Initiativen machen das Angebot am HAWK-Standort einzigartig. Darauf können die Studierenden stolz sein“, betonte auch Erbach. An dieser Stelle seines Manuskriptes stehe: Applaus! Der brandet denn auch voller Freude auf.

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