Erscheinungsdatum: 18.05.2016

Studierende der Restaurierung fertigen eine Rekonstruktion in der Projektwoche \"Historische Techniken\" an

Wie farbig oder bunt müssen wir uns die Holzoberflächen von Möbeln, Skulpturen und Kirchenausstattungen zur Zeit der Reformation, vor also genau 500 Jahren, eigentlich vorstellen? Stimmt unser Bild von gedeckten und dunklen Farben? Dieser und weiteren Fragen gingen Studierende der BA-Studienrichtung „Konservierung und Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten“ im Rahmen einer Projektwoche zu „Historischen Techniken“ eindringlich nach und fertigten dabei überraschende Arbeitsproben an, die zur Diskussion anregen und weitere Arbeitsschritte und Entscheidungen begleiten werden. Diese Veranstaltung ist Teil des Langzeitprojektes der Studienrichtung, der Restaurierung des spätgotischen Chorgestühles aus Tobsdorf in Siebenbürgen/Rumänien von 1537 in der Restaurierungswerkstatt auf dem HAWK-Campus.

Unter Anleitung des Lehrbeauftragten Dipl.-Rest. Jens Klocke aus Hildesheim ging es nach einer Bestimmung der ursprünglich verwendeten Materialen, also der historischen Pigmente und Bindemittel sowie der historischen Maltechnik und Ausführungsweise, natürlich auch um unser Bild und unsere Vorstellung von dieser Zeit. Dazu sollte ein aus didaktischen Gründen von Studierenden in den zurückliegenden Semestern als Kopie angefertigter Kranz mit der ursprünglichen Farberscheinung rekonstruiert werden. Um die Analyseergebnisse zu veranschaulichen und die Diskussion zu beleben, wurde ein zu diesem Zweck angefertigtes Teilstück des Kranzes (dem oberen Abschluss dieses Großmöbels) in der ursprünglichen Farbigkeit durch die Studierenden bemalt. Das aus hellem Nadelholz gefertigte Bauteil war zuvor mit historischen Motiven beschnitzt worden, die in der Technik des Flachschnittes ausgeführt wurden.

Zur Anwendung kamen dabei nach einer Grundierung mit Vollei (Eiweiß und Eigelb) die Pigmente Rebschwarz, Zinnober und Bleizinngelb, wobei als Mal- und Bindemittel erneut das Vollei verwendet wurde. Einige Bereiche wurden ergänzend dazu noch mit wässriger Holzbeize lasierend akzentuiert.

Das Ergebnis irritiert und verblüfft zunächst. Zeigt es doch ein überraschend farbiges Äußeres, welches keinesfalls unserem Bild des Spätmittelalters entspricht. Kräftige und deckende Farben von Schwarz, Rot und Gelb stehen neben der Eigenfarbe des frischen Nadelholzes.

Neben der weiter fortschreitenden Restaurierung und dem Zusammenbau des Tobsdorfer Chorgestühles steht auch die Konzeption und Vorbereitung einer kleinen Ausstellung über die historischen Herstellungsweisen und Dekorationsmittel der Zeit vor 500 Jahren sowie die dann abgeschlossene Restaurierung an. Über Sinn und Zweck von Rekonstruktionen oder die Farbigkeit der Spätgotik wird bis dahin von den Studierenden der Konservierung/Restaurierung weiter diskutiert werden.

Wer mitdiskutieren möchte, der kann gerne mal im Haus D in der Restaurierungswerkstatt für Möbel und Holzobjekte vorbeischauen…

Weitere Informationen:

Dr. Dipl.-Rest. Ralf Buchholz

Konservierung und Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten

Studierende der Restaurierung fertigen eine Rekonstruktion in der Projektwoche "Historische Techniken" an HAWK Hochschule, Fakultät Bauen und Erhalten HAWK Hochschule, Fakultät Bauen und Erhalten