Erscheinungsdatum: 25.10.2016

Operations- und Rettungsbunker als Denkmal - Förderpreis der DGKG an ehemalige HAWK-Studentin

Sie sind heute noch eine sichtbare Mahnung an den Krieg: riesige Schutz- und Verteidigungsbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, die vereinzelt und auffällig in vielen Städten zu sehen sind. Krankenhäuser besaßen ebenfalls solche Anlagen zum Schutz von Patienten und Personal – hier konnten während der Bombenangriffe die medizinische Versorgung aufrechterhalten und sogar Behandlungen und Operationen durchgeführt werden. Doch wie soll mit diesem baulichen Erbe, das viele Fragen nach einer sinnvollen und auch wirtschaftlichen Nutzung aufwirft, heutzutage umgegangen werden? Und was ist die historische Bedeutung dieser Bunker?


Verena Kruza, die im Wintersemester 2015/2016 ihr Architekturstudium in der Fachrichtung Baudenkmalpflege an der HAWK abschloss, hat sich mit diesen Fragen in ihrer Masterarbeit auseinandergesetzt. Für ihre Abschlussthesis „Operations-Bunker mit Rettungs-Bunker im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf – Denkmalpflegerische Zielstellung“ wurde ihr jetzt der erste Preis des Förderpreises der Deutschen Gesellschaft für Krankenhausgeschichte (DGKG) in Magdeburg verliehen. Die Jury lobte die Ausführlichkeit der Arbeit und Einordung in die historischen Zusammenhänge. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Dr. Fritz Dross, lobte die Thesis: „Frau Kruza betritt innerhalb der Krankenhausgeschichte Neuland mit dieser Aufarbeitung.“
Die Gutachter für den Förderpreis seien von der Arbeit sehr überzeugt gewesen. Denkmalpflege betreffe eben nicht nur schöne Barockfassaden alter Hospitäler, sondern auch Zeugnisse aus den Zeiten des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, die man historisch noch ganz anders bedenken müsse, so Dross.

Sechs dieser erhaltenen Operationsbunker gibt es alleine in den Hamburger Krankenhäusern. Die Bunkeranlage in Eppendorf bot rund 180 Patienten sowie dem Personal Platz und hatte zudem zwei Operationssäle.

Für die Bestandsaufnahme habe sie zwei Ortsbegehungen in beiden Bunkern gemacht, erzählt Kruza über ihr Vorgehen während der Masterarbeit. „Ich habe nicht ein einziges spezielles Buch über das Thema gefunden – das Thema ist in der Denkmalpflege noch nicht so stark bearbeitet“, sagt sie zur Recherchephase. Viele Informationen wie Baupläne und alte Fotos erhielt sie aus Archiven und dem Denkmalschutzamt – vor allem aber aus dem Privatarchiv von Klaus Pinker vom Verein „Hamburger Unterwelten e.V.“.

Erstprüfer an der HAWK war Prof. Dr. Christoph Gerlach vom Institut für Baudenkmalpflege. Auf das Thema aufmerksam gemacht wurde Kruza von ihrer Zweitprüferin, Hon.-Prof. Anna Katharina Zülch, Lehrbeauftragte am Institut für Baudenkmalpflege der HAWK und Architektin aus Hamburg. Sie kennt die Bunkeranlage in Eppendorf bereits seit 1985.

„Die Masterarbeit ist eine bemerkenswert herausragende Untersuchung, weil sie analytisch wirklich hervorragend ist“, sagt Zülch zu der Thesis von Kruza. Nicht nur die Baugeschichte, auch die historischen Umstände des, in den Kriegsjahren unter schwierigen Umständen konstruierten, Bunkerkomplexes habe Kruza sehr gut aufgearbeitet.

„Wie berechnet man Kulturgut, etwas, was wir uns leisten wollen als Kulturnation?“ stellt Zülch die Gegenfrage auf den oft geäußerten Einwand, ob solche Kriegsbauten aufgrund des Denkmalschutzes dann nicht noch schwerer zu bewirtschaften seien. Ein Abriss oder eine Sprengung ist nämlich oftmals fast unmöglich geworden. „Wir brauchen als Gesellschaft dieses Kulturgut, denn es wird als Anschauungs- und Geschichtsmaterial benötigt.“ Und genau das habe Kruza bei der Analyse des Eppendorfer Operationsbunkers herausgefunden.

„Das Bewusstsein, dass Bunker Denkmäler sind – diese Geschichte ist noch nicht besonders weit verbreitet“, sagt Dross zur Zukunft dieser Bunker. „Und das ist die Gretchenfrage in der Denkmalpflege: Was soll heute darin passieren?“ Das sei besonders schwierig, denn viele Möglichkeiten verböten sich oder seien nicht realisierbar: zum Beispiel alles, was Tageslicht braucht, Fenster könne man nicht ohne weiteres in die teils meterdicken Betonwände einbauen.

Kruza kommt am Ende ihrer Masterarbeit zu positiven Schlüssen, was die Nutzbarkeit angeht:
Die Operations- und Rettungsbunkeranlage in Eppendorf sollte denkmalgeschützt sein - aufgrund ihrer vielfältigen geschichtlichen aber auch städtebaulichen sowie baukulturellen Bedeutungen, der historisch seltenen Mauerziegel-Fassade und auch wegen des guten Erhaltungszustands. Das Objekt sei – wie sie formuliert – ein „unbequemes, aber positives Denkmal“. Eine erfolgreiche Nutzung sei durchaus möglich: zum Beispiel als Bauarchiv der Institution des Universitätsklinikums und dazu vor allem als direkt erfahrbares, lebensgroßes Ausstellungsstück des medizinhistorischen Museums des Krankenhauses Klinikums in Hamburg-Eppendorf.

Verena Kruza, die nach ihrem Abschluss in einem Hamburger Architektur- und Denkmalpflegebüro arbeitet, freut sich sehr über die mit 1300 Euro dotierte Ehrung. Ebenso wie ihre ehemalige Dozentin, die sich mit ihrem Prüfling freute: „Da hat es die Richtige getroffen“, sagt Zülch.

Deutsche Gesellschaft für Krankenhausgeschichte

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