Erscheinungsdatum: 11.04.2013

Vergessenes Begräbniskulturgut im Landkreis Hildesheim wurde von Studentinnen der Fakultät Bauen und Erhalten konserviert.

Vergessenes Begräbniskulturgut im Landkreis Hildesheim wurde von Studentinnen der Fakultät Bauen und Erhalten konserviert.

Auf dem Dachboden der Kapelle im kleinen Ort Lübbrechtsen zwischen Külf und Duinger Berg fanden sich 2002 einige verdreckte Holzbretter. Dank der Achtsamkeit des Kirchenvorstandes verschwanden die Bretter nicht gleich im Bauschutt, sondern wurden im Sonnenlicht betrachtet. Dabei entdeckte man noch schwach erkennbare Beschriftungen auf den bemalten Brettern.

Glücklicherweise erinnerte sich ein Beteiligter an die Restaurierungswerkstatt für Gefasste Holzobjekte und Gemälde an der HAWK. Der Kontakt wurde hergestellt und so kamen die ersten fünf Konsolbretter nach Hildesheim. Sie wurden von den Studentinnen Jessica Joeks, Kirsten Lehne und Anke Preußer eingehend untersucht, die Beschriftungen transkribiert und die Farbe gefestigt.

Totenkronenkonsolen dienen dem Gedenken an ledig Verstorbene

Ein verstorbenes Kind, bzw. ein unverheiratet gestorbener Erwachsener bekam auf den Sarg eine Krone gesetzt, als Ersatz für die im Leben nicht bekommene Brautkrone. Diese Krone, aus Metall, Draht, Flitter und Glasperlen gefertigt, wurde vor dem Verschließen des Grabes herausgeholt. Mit Namen und Daten des/der Verstorbenen versehen, bekam sie auf einer Holzkonsole- der sogenannten Totenkronenkonsole - einen Platz in der Kirche. Dieses Bestattungsbrauchtum war bis um 1870 in vielen Gegenden üblich, Zeugnisse dazu haben sich jedoch nur wenige erhalten.
Die eigentlichen Totenkronen existieren -wie auch in Lübbrechtsen- nahezu nicht mehr. Deshalb ist die Sammlung von 14 Totenkronenkonsolen aus Lübbrechtsen von hoher kulturhistorischer Bedeutung.

In den folgenden Jahren wurden zwei weitere Konsolbretter durch Jessica Joeks untersucht und konserviert und in der Ausstellung Totenhochzeit mit Kranz und Krone im Sepulkralmuseum Kassel präsentiert.

Im Jahr 2012konnten die letzten acht Bretter von Ruth Reisenauer im Rahmen ihrer BA-Thesis untersucht werden. Im Anschluss führte Sie die Konservierung der Totenkronenkonsolen durch, die nun zurück nach Lübbrechtsen gebracht wurden. Dort hängen bereits die ersten sieben an den Wänden der Kapelle und erzählen den Gemeindemitgliedern und Besuchern eine kleine Geschichte der eigenen Geschichte.

Betreut wurden die Arbeiten von
Prof. Dr. Michael von der Goltz,
Prof. Dr. Thorsten Albrecht und
Dipl. Rest. Ina Birkenbeul.

Totenkronenkonsolen auf dem Dachboden der Kapelle im kleinen Ort Lübbrechtsen. Totenkronenkonsolen auf dem  Dachboden der Kapelle im kleinen Ort Lübbrechtsen.