Erscheinungsdatum: 16.06.2014

Junge Frauen können ins Studium schnuppern und Praxiserfahrung sammeln

Junge Frauen können ins Studium schnuppern und Praxiserfahrung sammeln

Junge Frauen mit Interesse an Naturwissenschaften, Mathematik und Technik können an der HAWK auf Probe studieren – ein oder zwei Semester lang. Das Besondere? Abgelegte Prüfungen werden mit Creditpoints belohnt, die später auf ein reguläres Studium angerechnet werden können. Auch ein Praktikum gehört zu dem Projekt, so dass zu den fachlichen Kenntnissen auch in den Berufsalltag geschnuppertwerden kann.

Männer sind besser im logischen Denken. Und sie sind stärker als Frauen. Darum arbeiten Männer in körperlich anstrengenden Berufen oder in Jobs, in denen es auf das systematische Denken ankommt. Und Frauen? Die kümmern sich um andere Menschen oder machen etwas, wo sie viel reden müssen. Diese Einteilung von Männer- und Frauenberufen scheint überall in der Gesellschaft noch immer fest verankert. „Das ist schade und auch totaler Blödsinn“, findet Jennifer Hoffmeister.

Für die Fakultät Naturwissenschaften und Technik der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen betreut die Ingenieurin das Projekt StartMINT, das die Unterstützung von Frauen bei der Wahl eines MINT-Studienfaches zum Ziel hat. Zu den MINT-Fächern gehören Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Ein oder zwei Semester lang können Frauen mit Abitur oder Fachhochschulreife an Vorlesungen und Seminaren teilnehmen und prüfen, ob die Anforderungen für sie passen. Das Projekt startet jeweils zum Wintersemester im September.

Tüftlergene können auch Frauen treffen, ist sich Hoffmeister sicher. Und in manch einer Schülerin schlummert vielleicht ein Talent, von dem sie bisher noch gar nichts wusste. So ging es auch Henrike Dörner aus Göttingen. „Ich habe ein Sprachenabitur gemacht“, erzählt die 22-Jährige. Englisch, Deutsch und Französisch wählte sie in der Oberstufe als Leistungskurse. Dann kam es aber doch ganz anders.

„Der ursprüngliche Gedanke war, Naturwissenschaften für ein anschließendes Zahnmedizinstudium zu lernen“, sagt Dörner. Zu diesem Zweck nahm sie bei StartMINT an der HAWK Fakultät Naturwissenschaften und Technik teil und besuchte Vorlesungen und Seminare im Studiengang Präzisionsmaschinenbau. Am Ende des Semesters entschied sie sich, Klausuren mitzuschreiben. „Es war ein unglaublich toller Moment, als ich alle Klausuren in den naturwissenschaftlichen Fächern bestanden habe“, erzählt die 22-Jährige, „Ich war davon überzeugt, dass ich Mathe, Physik und Chemie gar nicht kann.“

Das StartMINT-Projekt erlaubt es, dass den Teilnehmerinnen die erhaltenen Creditpoints aus den bestandenen Klausuren angerechnet werden, und für ein anschließendes Studium genutzt werden können. Offiziell eingeschrieben sind die Projektteilnehmerinnen allerdings nicht. So wird sichergestellt, dass es beim Start zu einem regulärem Studium keine Probleme, etwa bei der Beantragung von BAföG-Geldern, gibt. Dennoch steht den Teilnehmerinnen die hochschulinterne Infrastruktur, wie Bibliothek oder Mensa, zur Verfügung. Auch eine Kinderbetreuung über das Studentenwerk Göttingen kann unter bestimmten Voraussetzungen genutzt werden.

Neben Präzisionsmaschinenbau können die Projektteilnehmerinnen an der Fakultät Naturwissenschaften und Technik auch Veranstaltungen der Studiengänge Physikalische Technologien und Elektrotechnik/Informationstechnik besuchen. Einen starren Laufplan gebe es dabei nicht, erzählt Hoffmeister. Die Teilnehmerinnen dürfen auch in fortgeschrittene Veranstaltungen reinschnuppern, je nach dem, woran am meisten Interesse bestehe.

Neben den Vorlesungen oder Seminaren gehört auch ein sechsmonatiges, vergütetes Praktikum zum StartMINT-Projekt. Damit ist Svenja Scheffer gerade beschäftigt. Die 19-Jährige ist StartMINTlerin im Fach Forstwirtschaft an der HAWK Fakultät Ressourcenmanagement und probt gerade, wie es ist, als Försterin zu arbeiten. „Es hat mir gefallen, dass ich erst mal sehen konnte, ob ich das überhaupt schaffe“, erzählt Scheffer. Försterin zu sein, bedeutet Wald, Mensch und Geld unter einen Hut zu bringen, was man auch multifunktionale Forstwirtschaft nennt. Der/die Försterin steht dazwischen, weshalb Waldpädagogik und Kommunikation immer wichtiger werden. Ein paar technische Aspekte im Zusammenhang mit der Holzlogistik gehören auch dazu. „Aber das ist alles in einem erlernbaren Rahmen“, findet Dr. Andrea Teutenberg, die StartMINT an der Fakultät Ressourcenmanagement betreut. Einen Grund, der gegen den Beruf der Försterin sprechen würde, findet sie nicht. Im Gegenteil. „Es ist sehr schade, dass dieses Fach die gesellschaftliche Vielfalt nicht abbildet“, sagt Teutenberg.

Probleme damit, dass die meisten ihrer Kommilitonen männlich sind, habe Scheffer nicht gehabt: „Man wurde voll akzeptiert und sehr herzlich aufgenommen.“ „Manchmal können Männer ziemlich ruppig sein. Damit muss man umgehen können“, sagt Dörner. Auch Betreuerin Hoffmeister sieht eine Entwicklung bei den Teilnehmerinnen. StartMINT trage dazu bei, die Frauen selbstbewusster zu machen. „Wenn ich die Gespräche davor und danach vergleiche, merke ich, vor mir sitzt ein ganz anderer Mensch.“

Nach ihrem Praktikum im Forstamt möchte Scheffer ein reguläres Studium der Forstwirtschaft an der HAWK aufnehmen. Auch StartMINTlerin Dörner ist nach dem Projekt geblieben. Sie studiert heute Präzisionsmaschinenbau an der HAWK und ist auf dem besten Weg Ingenieurin zu werden. Für beide stehen die Jobchancen nach dem Studium hervorragend, sagen alle.

„Ich empfehle StartMINT denjenigen Frauen, die noch unschlüssig sind“, rät Scheffer. Es sei eine sehr gute Möglichkeit, sich selbst klar zu werden, sagt die angehende Försterin. „Die Mädels brauchen mehr Selbstbewusstsein“, meint auch Ingenieurin Hoffmeister, „Auf Leute, die sagen: ‚Du bist ja nur ein Mädchen, du kannst das nicht‘ sollte keine mehr hören!“

Ansprechpartner/in:

Fakultät Naturwissenschaften und Technik
Jennifer Hoffmeister
Tel.: 0551/3705-142
E-Mail: jennifer.hoffmeister@hawk-hhg.de

Fakultät Ressourcenmanagement
Prof. Dr. Artur Frank
Telefon: 0551/ 5032-253
E-Mail: artur.frank@hawk-hhg.de

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