Erscheinungsdatum: 16.08.2016

Bisherige Tandem-Lehrveranstaltungen sind aus dem Lehrangebot gestrichen (Deutsch/Englisch)

Bisherige Tandem-Lehrveranstaltungen sind aus dem Lehrangebot gestrichen (Deutsch/Englisch)

Die HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit wird im kommenden Wintersemester 2016/2017 ein neues Lehrformat zum Thema „Nahost-Konflikt und Soziale Arbeit“ anbieten. Die bisherigen Tandem-Lehrveranstaltungen „Der Nahost-Konflikt - Perspektiven von Sozialer Arbeit in Israel“ sowie „Zur sozialen Lage der Jugendlichen in Palästina“ sind aus dem Lehrangebot gestrichen.

Mit dieser Entscheidung reagiert die Fakultät auf diein der aktuellen Debatte vorgebrachten Punkte und auch auf die Tatsache, dass für die Lehrenden und Studierenden kein sicheres und vertrauensvolles Lehrumfeld gewährleistet werden kann.

Hier verweist Studiendekanin Prof. Dr. Anna Friedrich auf Drohungen aus unterschiedlichsten Quellen. „Ich distanziere mich von der Schwarz-Weiß-Zeichnung des Konflikts“, sagt Friedrich.

Die Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit hatte der Ethik-Kommission der HAWK schon im Mai dieses Jahres eine Neukonzeption beider Lehrveranstaltungen angekündigt. Das geplante neue Lehrformat soll voraussichtlich im Januar 2017 stattfinden.

Die Hochschulleitung begrüßt die Entscheidung der Fakultät. Sie ist zuversichtlich, dass nunmehr an die Stelle der aufgeheizten Debatte der letzten Tage eine aufrichtige und konstruktive Diskussion über den geeigneten Umgang mit unterschiedlichen Sichtweisen im Nahostkonflikt im Kontext der Lehrangebote für den Studiengang "Soziale Arbeit" treten kann.

„Antisemitismus hat an unserer Hochschule keinen Platz“, sagt die Präsidentin, Prof. Dr. Christiane Dienel. „Jeder, der die HAWK kennt, weiß,dass wir auf allen Ebenen Diskriminierungen aktiv entgegenwirken.“

5. August 2016

HAWK to offer redesigned seminar on "The Middle East conflict and social work" in winter semester 2016/17

The HAWK Faculty of Social Work and Health will introduce a redesigned seminar on the topic "The Middle East conflict and social work" in the coming winter semester 2016/2017. The former tandem seminars "The Middle East Conflict - Prospects of Social Work in Israel" and "On the Social Situation of Young People in Palestine" will no longer be offered.

This decision by the faculty comes as a response to issues raised in the current debate and as a result of fact that a safe and trustful learning environment cannot be guaranteed under such circumstances.

The Dean of Studies Prof. Dr. Anna Friedrich refers to threats from multiple sources. "I distance myself from thinking of the conflict in black and white", says Friedrich.

The Faculty of Social Work and Health had already announced the planned redesign of the courses to the ethic commission of the HAWK in May 2016. The new course is due to start in January 2017.

The executive committee of the university welcomes the decision of the faculty and hopes that this heated debate will change into an honest and constructive discussion about how best to deal with different points of view in reference to the Middle East Conflict within the context of the Social Work degree program curriculum.

“There is no place for antisemitism at our university”, president Prof. Dr. Christiane Dienel says. “Everybody who knows the HAWK also knows that we work against discrimination on all hands.”

5. August 2016

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Stellungnahme der HAWK vom 1. August 2016

Die Leitung der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen begrüßt ausdrücklich die vom zuständigen Ministerium für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen beschlossene Einsetzung eines unabhängigen externen Gutachters zur Untersuchung der Vorwürfe angeblicher antisemitischer Tendenzen in dem von der HAWK angebotenen Seminar „Zur sozialen Lage der Jugendlichen in Palästina“.

„Die Vorwürfe treffen uns hart, und wir sind überzeugt, dass sie ungerechtfertigt und unhaltbar sind“, sagte die Präsidentin der HAWK, Prof. Dr. Christiane Dienel. „Die wissenschaftliche Betrachtung gesellschaftlicher Situationen verlangt eine Behandlung aus unterschiedlichsten Perspektiven und die – selbstverständlich kritische – Einbeziehung unterschiedlicher Quellen. Nichts anderes ist hier der Fall. Unsere Hochschule unterhält vielfältige und lebendige Beziehungen nach Israel. Der Vorwurf des Antisemitismus ist in höchstem Maße ungerechtfertigt und verletzt alle Beteiligten sehr.“

Die Hochschule wird der einzuberufenden, unabhängigen Expertenkommission alle gewünschten Möglichkeiten zur Einsichtnahme geben und die Arbeit der Expertenkommission in jeder Hinsicht unterstützen.

Die zuständige Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit plant schon länger die Zusammenführung der bisher zwei Seminare zur Situation in Nahost in eines und hatte der Ethik-Kommission hierüber berichtet. Für diese Neukonzeption kann das Gutachten sicher wichtige Anregungen geben. Es ist nach derzeitigem Stand beabsichtigt, diese neu konzipierte Lehrveranstaltung im Wintersemester anzubieten.

(english statement below)

Stellungnahme der Präsidentin der HAWK, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim - Holzminden - Göttingen, Prof. Dr. Christiane Dienel, vom 29. Juli 2016, zu den zunächst durch den Zentralrat der Juden in Deutschland und anschließend in der Jüdischen Allgemeinen, der Jerusalem Post sowie in den Sozialen Medien erhobenen Vorwürfen gegen eine Lehrveranstaltung an der Hochschule

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich in zwei Schreiben an den Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen sowie an die Wissenschaftsministerin gewandt und Kritik an der Lehrveranstaltung "Die soziale Lage der Jugendlichen in Palästina" geübt. Kernpunkt der Kritik sind die dort verwendeten Quellen, zu denen auch sehr israelkritische Materialien gehören. Ich habe daraufhin die Ethikkommission unserer Hochschule gebeten zu prüfen, ob diese, seit zehn Jahren an unserer Hochschule angebotene Lehrveranstaltung, gegen die Prinzipien wissenschaftlicher Lehre verstößt. Die Ethikkommission hat dies einstimmig verneint. Die kritisierten Quellen dienen im Seminar als Material zur kritischen Auseinandersetzung, sie sind selbstverständlich nicht Auffassung der Dozentin oder der Hochschule.

Dieser Sachverhalt wurde anschließendGegenstand einer ausführlichen Berichterstattung in der Jüdischen Allgemeinen (der Wochenzeitschrift des Zentralrats der Juden) und in der Jerusalem Post. In diesen Artikeln wird u.a. der Vorwurf erhoben, die Hochschule habe jahrelang Antisemitismus verbreitet. Als Belegwerden die im Seminar verwendeten israelkritischen Quellen angeführt, während unsere Hinweise ignoriert wurden, dass das kritisierte Seminar nur in Kombination mit einem Seminar aus israelischer Sicht belegt werden kann, um so die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen im Konflikt zu erlernen.

Hierzu nehme ich persönlich wie folgt Stellung:

Meinungspluralität ist konstitutiv für eine wissenschaftliche Hochschule; beide Seminare, sowohl das zur Lage der Jugendlichen in Palästina, als auch das zum jüdischen Leben in Deutschland, sind, ebenso wie das gesamte Lehrangebot der HAWK, derart ausgestaltet, dass sich die Studierenden kritisch mit den jeweiligen Positionen auseinandersetzen. Die Verwendung israelkritischer Quellen bedeutet nicht, dass sich Lehrende diese Positionen zu Eigen machen, wie es die Berichterstattung unterstellt.

Ich wehre mich deshalb entschieden gegen den Vorwurf, die Hochschule habe jahrelang Antisemitismus verbreitet. Antisemitismus ist der Hochschule fremd; im Gegenteil pflegen die Kolleginnen und Kollegen der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, ebenso wie Kolleginnen und Kollegen anderer Fakultäten, vielfältige und herzliche Austauschbeziehungen zu israelischen Hochschulen, Kolleginnen und Kollegen.

Mittlerweile hat die Berichterstattung zu einer Welle von Vorwürfen gegen unsere Hochschule geführt, die den Namen "Shitstorm" verdienen. Kolleginnen und Kollegen und auch ich selbst werden massiv beschimpft und bedroht, Privatadressen werden ausgeforscht. Möglicherweise werden die Kolleginnen und Kollegen in der Fakultät Soziale Arbeit deshalb dieses Lehrangebot überdenken. Es ist ihnen auch nur schwer zuzumuten, dem enormen öffentlichen Druck weiter standzuhalten, und es steht zu befürchten, dass sich dieser auch innerhalb der Veranstaltungen entlädt.

Ich würde sehr bedauern, wenn ein solches Lehrangebot an der HAWK zukünftig nicht mehr möglich wäre, denn Pluralität und das Aushalten sehr unterschiedlicher Positionen sind für akademisches Lernen konstitutiv, und gerade das konnte in den beiden in Frage stehenden Lehrveranstaltungen sehr gut erfahren werden.

Ich bin traurig und betroffen, in welchem falschen Licht unsere Hochschule öffentlich dargestellt wird. Diese unberechtigten Vorwürfe tun mir auch persönlich sehr weh.

Aber hier wird unsere Hochschule und diese Lehrveranstaltung zum Austragungsort des Palästina-Konflikts gemacht, und in der Art der Berichterstattung wird uns keinerlei Chance gelassen. Ziel ist offenbar, mit allen Mitteln zu verhindern, dass unterschiedliche Sichtweisen zu diesem Konflikt an unserer Hochschule zu Wort kommen dürfen. Es soll mit moralischem Druck und dem völlig unberechtigten Vorwurf des Antisemitismus erzwungen werden, dass den Kritikern nicht genehme Inhalte an unserer Hochschule verbannt werden.

Vor diesem Hintergrund sehe ich es als meine Amtspflicht, die grundgesetzlich geschützte Freiheit der Lehre zu verteidigen, und zwar umso mehr, je schriller die Vorwürfe werden.

Prof. Dr. Christiane Dienel
- Präsidentin -
HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
Hildesheim - Holzminden - Göttingen


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University administration appreciates the installation of an independent expert commission

The administration of the HAWK University of Applied Sciences and Arts Hildesheim/Holzminden/Göttingen expressly welcomes the decision of the Lower Saxon Ministry of Science and Culture to consult an independent expert who investigatesallegations against the HAWK concerning alleged anti-Semitictendencies in the seminar “On the Social Situation of Young People in Palestine”.

“The accusations have a severe impact on us and we are convinced that they are unjustified and indefensible”, said Prof. Dr. Christiane Dienel, president of HAWK. “An academic approach to social situations requires a university to treat subjects from different perspectives using a plethora of sources. Naturally, critical sources have to be among such a canon of sources and reading materials. This is the case here. Our university maintains diverse and vital exchange relationsships with Israel. The accusation of anti-Semitism is unjust and offends every party concerned.”

The university will grant the independent commission of experts access to all aspects of the seminar in question and it will support the commission in every respect.

The responsible Faculty of Social Work and Health has been planning to merge the two seminars about the situation in the Middle East for some time and it reported this decision to the ethics committee. The new report certainly can provide important ideas for the restructuration of the course. At the moment, the HAWK intends to offer the redesigned seminar in winter semester 2016.

Statement by Prof. Dr. Christiane Dienel, President of the HAWK University of Applied Sciences and Arts Hildesheim – Holzminden – Göttingen, on recent accusations by the Jüdische Allgemeine Zeitung, the Jerusalem Post, and users of social media against an academic seminar

The Central Council of Jews in Germany has contacted both the Governor of the German state of Lower Saxony (Niedersachsen) and the Lower Saxon Minister of Science by means of two formal letters criticizing the HAWK’s seminar “On the Social Situation of Young People in Palestine”. The criticism of the seminar centers on the use of reading materials which heavily criticize Israel. In response, I asked the university’s internal ethics committee to examine the course with regard to whether this seminar - which has been offered by the HAWK for the last decade - violates fundamental principles of academic instruction. The committee unanimously concluded that this is not the case. The sources under attack only serve as reading materials and are used to train students in critical discourse. They certainly do not represent the political views of the course instructor or the HAWK.

The Jüdische Allgemeine (which is the weekly newspaper published by the Central Council of Jews in Germany) as well the Jerusalem Post subsequently reported on the matter. Their articles claim that the university has been promoting anti-Semitism for years. As proof, the authors mention the reading materials in question, neglecting our stipulation that students are only allowed to take the course if they also concurrently enroll in another seminar that gives an overview of Israel’s views on the subject. This practice is meant to enable students to reflect on the conflict from both sides.

Concerning this matter, I hereby take the following position:

Plurality of opinion is an essential aspect of any academic institution. For this reason both the seminar on Jewish life in Germany and the course on the social situation of young people in Palestine – as well as all course offered at the HAWK - are designed to educate students so that they can analyze the subject matter critically. Contrary to the allegations made by these recent reports, the examination of critical reading material does not imply that a lecturer maintains the views presented as his or her own or promotes them.

I therefore defend myself against claims that our university has been promoting anti-Semitism for years. Anti-Semitism has no place at the HAWK. Indeed, members of the HAWK, especially professors and instructors from the Faculty of Social Work and Health, maintain diverse and cordial exchange relationships with Israeli universities and colleagues.

In the meantime, media coverage has caused a wave of allegations against our university. My colleagues and I have been massively insulted and threatened, even on a private level. This has created a situation in which my colleagues from the Faculty of Social Work and Health might need to rethink the concept of these courses. One can hardly expect them to withstand the public pressure and there is reason to fear that this conflict may disrupt the class sessions themselves.

I would regret if it were no longer possible for the HAWK to offer such an academic seminar, because plurality and the ability to tolerate different views are essential to academic learning. Both aspects were able to be experienced very well in the two courses in question.

It makes me sad and concerned to see how our university is shown in a false light. These unjustified accusations also hurt me personally. Unfortunately, our university and the two seminars seem to have been turned into a venue for a miniaturized version of the Israeli-Palestinian conflict, with the media coverage leaving us no chance to explain ourselves. It seems as if the goal is to prevent different views on the conflict from having a chance to be heard at our university. By employing moral pressure and totally unjustified accusations, the critics are trying to force us to ban issues that do not enjoy their approval.

With this in mind, I consider it my duty as president to defend the fundamental right of academic freedom regardless of how harsh the allegations may be.

Prof. Dr. Christiane Dienel
- President -
HAWK University of Applied Sciences and Arts
Hildesheim - Holzminden - Göttingen

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