Erscheinungsdatum: 09.11.2015

In der Restaurierungswerkstatt für gefasste Holzobjekte und Gemälde wird ein Haufen Material zu einem historischen Denkmal

In der Restaurierungswerkstatt für gefasste Holzobjekte und Gemälde wird ein Haufen Material zu einem historischen Denkmal

Im Jahr 2000 übernahmen die Restaurierungswerkstätten der HAWK zahlreiche Fragmente von Kunstwerken aus dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover. Erst bei der Sichtung in den Werkstätten fielen unter sehr viel Dreck, Reste von Geweben auf, darunter auch Fragmente von bemalten Textilien. Nach genauer Betrachtung und Planierung der Einzelteile sowie einer ersten Reinigung wurden Gemäldefragmente erkannt, bei denen es sich um Reste zweier, unterschiedlicher Herrscherportraits handelt. Das ältere der beiden Gemälde trägt eine Inschrift, aus der sich entziffern lässt, dass hier Heinrich von Dannenberg und Braunschweig-Lüneburg abgebildet ist. Heinrich von Dannenberg lebte von 1533 bis 1598 und residierte gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm im Celler Schloss. Er wird dem protestantischen Adel zugerechnet. Das Gemälde stammt demnach und auch nach kostümkundlicher und epigrafischer Betrachtung etwa aus der Zeit um 1600. Dieses somit rund 400 Jahre alte Fundobjekt wurde zunächst von den Studentinnen Barbara Ebeling und Anja Hartmann im BA-Studium konserviert, das heißt, die Fragmente wurden stabilisiert und gereinigt.

Wie kann man mit solchen Fragmenten umgehen? Eine Ergänzung der gesamten Form ist nicht möglich, denn der Ursprung des Gemäldes und seine Provenienz blieben auch nach intensiven Recherchen unbekannt. Da es sich bei diesem Fundstück spektakulärer weise um die einzige bisher bekannte gemalte Darstellung Heinrich von Dannenbergs handelt, ist auch eine Ergänzung des Gesichts undenkbar. Was sollten wir tun? Diese Frage wurde lange in der Werkstatt diskutiert und führte in diesem Jahr zu einem erfreulichen Abschluss: Die Leiterin des Residenzmuseums im Celler Schloss, Frau Dr. Juliane Schmieglitz-Otten zeigte sich sehr daran interessiert, das Fragment in dieser Form als Denkmal auszustellen, dem seine Geschichte anzusehen ist. Die beiden Studentinnen Christiane Adolf und Sheralie Büsching fügten im MA-Studium die 33 Einzelteile in der Faden-zu-Faden-Verklebe-Technik und mit Japanpapierkaschierung soweit zusammen, dass fünf große Teilstücke entstanden. Die gesamte Größe beträgt nun 130 x 150 cm (HxB). Die Teile konnten problemlos verpackt und nach Celle transportiert werden. Dort werden die Teilstücke zur Ausstellung auf einer schrägen Ebene zusammengelegt und präsentiert. Eine solche Präsentationstechnik, bei der der/die Betrachter/in das Kunstobjekt zwar visuell aufnehmen kann, jedoch die ursprüngliche Funktion -hier das Gemälde- zunächst nicht erkennt, wird Ausstellungsbesuchern bisher nur bei fragilen, textilen Objekten zugemutet. Wir sind gespannt auf das Feedback der Besucher und Besucherinnen.

Alle Beteiligten sind stolz und zufrieden, dieser für die niedersächsische Landesgeschichte wichtigen Persönlichkeit -quasi aus dem Müll heraus- zumindest wieder ein Drittel seines Gesichtes gegeben zu haben. Zurück bleibt das zweite Herrscherportrait, es sind übrigens die Beine von König Georg III. von Hannover …

Zuständig: Prof. Dr. Michael von der Goltz

Wiss. Mitarbeiterinnen Ina Birkenbeul und Kerstin Wäcken

HAWK Fakultät Bauen und Erhalten HAWK Fakultät Bauen und Erhalten