Erscheinungsdatum: 01.06.2016

Die HAWK und der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. diskutieren Fluchtmigration aus Sicht der Sozialen Arbeit

Bei der Fachtagung "Fluchtmigration und Soziale Arbeit" in der Aula am HAWK-Standort Hohnsen 2 haben verschiedene Rednerinnern und Redner die Chancen und Herausforderungen der Sozialen Arbeit im Umgang mit Geflüchteten diskutiert. In ihrer Eröffnungsansprache stellt Prof. Dr. Christiane Dienel fest: ""Fluchtmigration ist das Thema des Jahres 2015, wahrscheinlich auch 2016". Die Bedeutung der Sozialen Arbeit in der gegenwärtigen Situation sei enorm, so die HAWK-Präsidentin.

Auch die große Resonanz auf den Fachtag zeugt von der Aktualität des Themas und dem großen Interesse der Vertreterinnen und Vertreter der Sozialen Arbeit. In der voll besetzen Aula beleuchten die Referentinnen und Referenten das komplexe Thema aus den unterschiedlichen Blickwinkeln von Betroffenen, Politik und Sozialarbeitenden. Im Hintergrund steht immer die Frage, wie genau der Beitrag der Sozialen Arbeit bei den zu bewältigenden Herausforderungen aussehen kann.

Hintergründe zur Fluchtmigration und Vertiefung in Foren

Ahmed Abdalla und Abdelbagi Ali Babiker nehmen gerade ein Studium auf, als sie aus ihrer Heimat dem Westsudan fliehen müssen. Sie wollen nicht in einem Krieg gegen ihre eigenen Landsleute kämpfen. Als einziger Ausweg vor Verfolgung bleibt die Flucht. Ihre eindringlichen Schilderungen machen deutlich, was hinter dem Wort Fluchtmigration steckt und zwar die Familie und das gesamte alte Leben hinter sich zu lassen und sich auf eine gefährliche und oft Jahre lange Flucht mit ungewissem Ausgang zu begeben. In Deutschland angekommen, belastet sie ihr unsicherer rechtlicher Status und der damit verbundene schwierige Zugang zu Sprachkursen. Heute ist es ihr größter Wunsch, nach drei Jahren in Deutschland, endlich ein Studium aufnehmen zu können, sich eine Existenz aufzubauen und wirklich richtig anzukommen.

Für Gastreferent Prof. Dr. Markus Ottersbach von der TH Köln sind die angesprochenen strukturellen Probleme wie der unsichere Aufenthaltsstatus der Geflüchteten und der damit verbundene erschwerte Zugang zu Teilhabe Gründe, die eine gelungene Integration erschweren und nicht etwa der von der Politik suggerierte mangelnde Integrationswille der Geflüchteten. Die Profession der Sozialen Arbeit ist daher hier besonders aufgefordert, ihr Menschenrechtsmandat wahrzunehmen. Ottersbach kritisiert in seinem Vortrag auch die Nichtbeachtung der globalen Fluchtursachen. Die Fluchtmigration werde leider oft erst dann wahrgenommen, wenn Geflüchtete im Land ankommen.

In unterschiedlichen Foren bearbeiten die Teilnehmenden anschließend Themenkomplexe der Fluchtmigration vertiefend und reflektieren ihre Ergebnisse praktisch.

Podiumsdiskussion

Auf der abschließenden Podiumsdiskussion diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Praxis leidenschaftlich. Besonders den Praktikerinnen und Praktikern ist der Unmut über verschiedene willkürlich erscheinende Maßnahmen der Politik wie die Residenzpflicht und der erschwerte Zugang zu Sprachkursen für bestimmte Flüchtlingsgruppen anzumerken. Die Politik stünde in der Bringschuld, Perspektiven zu schaffen, dass Integration gelingen kann, so Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Dazu gehöre, dass man in Ausbildung und Sprachkurse investiere und nicht durch politische Maßnahmen Außenseitergruppen erst schafft.

Den Stellenwert der Sozialen Arbeit bei den kommenden Aufgaben schätzen alle Beteiligten als sehr hoch ein. Bei der Beratung und Orientierung der Flüchtlinge werde die Fachkompetenz von Sozialarbeitenden dringend gebraucht. Ihr Beitrag als Impulsgeberinnen und Impulsgeber für zukünftige Entwicklungen, etwa durch die gezielte Zusammenarbeit von Hochschule und Praxis, sei ebenfalls unentbehrlich. Die Beteiligung der Menschen mit Fluchtgeschichte und die Einhaltung qualitativer Standards der Sozialen Arbeit müssten dringend von Beginn an gewährleistet werden, um Integration und Chancengerechtigkeit weiterhin und zukünftig zu fördern.

Ausgerichtet wurde der Fachtag über die Kooperation der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. von Hannah von Grönheim und Laura Müller.

Podium:Thomas Heek (Caritas Friedland), Kai Weber (Geschäftsführer Flüchtlingsrat Nds.), Brigitte Pothmer ((BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, MdB), Mirco Weiß (CDU, Stadt Hildesheim, Hille Gosejacob-Rolf ( Ehrenvorsitzende DBSH), Moderation Lena Kaiser (taz Nord)

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