HAWK und Rigaer Baucollege konservieren barocke Kirchenausstattung in Lettland

Erscheinungsdatum: 11.01.2016

Zum dritten Mal fand in der barocken Trinitatis-Kirche in Kuldiga unter Leitung von Prof. Dr. Michael von der Goltz ein zweiwöchiger Workshop zur Konservierung der polychromen hölzernen Innenausstattung statt. Beteiligt waren fünf Studierende der HAWK Hildesheim, Masterstudiengang Konservierung und Restaurierung in der Studienrichtung Gefasste Holzobjekte und Gemälde, und vier bis acht Studierende des Building College Riga.

Begleitet wurde die Gruppe für drei Tage von der Dozentin Mara Bogustova, und für zwei Tage von dem Leiter der Restaurierungssektion vom Building College, Māris Jēkabsons, sowie wieder mal von Frau Eva Jordan-Fahrbach, Textilrestauratorin am Herzog Anton Ulrich Museum, Braunschweig.

Im Jahr 2012 waren in diesem Rahmen sorgfältige Untersuchungen zum Bestand und Zustand der u.a. durch Schadinsektenbefall stark beschädigten Innenausstattung durchgeführt worden. Aufbauend auf den damals gewonnen Erkenntnissen schloss sich im Jahr 2013 die Durchführung weitreichender Sicherungsarbeiten an der Polychromie zweier Seitenaltäre und des Orgelprospekts an, wobei bei der Wahl des Festigungsmaterials das feuchte Innenraumklima in der Kirche berücksichtigt werden musste. Während die Arbeiten an den raumfesten Teilen in der Kirche erfolgten, konnten lose Teile in einem provisorisch eingerichteten Werkstattraum im Pfarrhaus bearbeitet werden.

 

Ende 2015 wurden jetzt einerseits die vorher begonnen Sicherungsarbeiten an der Polychromie weitergeführt. Andererseits begannen sehr umfangreiche Konsolidierungsarbeiten an den Insektengeschädigten Holzträgern. Diese werden erschwert durch die kalten Temperaturen in der Kirche und die provisorischen Arbeitsplätze, die immer wieder das Improvisationsvermögen aller Beteiligten erforderten. So musste im Vorhinein, um Studierende nicht zu gefährden, bereits ein möglichst gering toxisches Festigungsmittel ausgewählt werden, bei gleichzeitig schwieriger Materialbeschaffung (Lösemittel). Zudem stand in diesem Jahr der Arbeitsraum im Pfarrhaus nicht zur Verfügung - eine überraschend auftretende Schwierigkeit, die aber durch das freundliche Engagement der örtlichen Polizei mit Bereitstellung eigener Räume beseitigt werden konnte.

Alle Arbeiten wurden engagiert und erfolgreich in gemischten deutsch-lettischen Teams durchgeführt. Aufgrund der Menge der geschädigten Holzsubstanz wird uns das Projekt allerdings auch in den kommenden Jahren noch beschäftigen. Der gemeinsame Aufenthalt der Hildesheimer und Rigaer Studierenden ermöglichte es, Kontakte zu knüpfen und Eindrücke der lettischen Kultur und Landschaft zu gewinnen. So gab es neben der alten, pittoresken Stadt Kuldiga, mit dem breitesten Wasserfall Europas, einschließlich zu beobachtender springender Lachse, am Wochenende eine kenntnisreiche Führung durch das Museum in dem kleinen Ort Dube sowie durch die Hafenstadt Lipaja (Libau). Ein weiterer überraschender Höhepunkt bildete in Riga, neben einer sachkundigen Führung des Domherren, Herrn Ronalds Lūsis, durch den Dom, die Einführung in die hochkomplizierten Vorbereitungen zur Begasung des durch Schadinsekten stark befallenen Kirchturms durch Dr. Uwe Noldt und Herrn Michael Römer, Chef der Firma Römer Biotec. Allein schon der Zugang zur Turmspitze über einen außen liegenden Baustellenlift bot einerseits einen sensationellen Blick auf die Stadt Riga, andererseits auch gehörigen Nervenkitzel.

Das von der Thure und Andrea von Wahl Stiftung geförderte Projekt in Kuldiga stieß wieder mal auf großes öffentliches Interesse. In einer Zeitung erschien ein Bericht und auch das Fernsehen berichtete wieder. Zudem informierte sich die regionale Denkmalpflegekommission sowie eine große Gruppe Studierender des Building Colleges, der Kunstakademie Riga und des lettischen Restauratoren-Verbands.