Erscheinungsdatum: 04.11.2013

15 Studierende, 3 PraktikerInnen, zwei Professorinnen, 7 Tage New York City, Besuche bei rund 10 Einrichtungen und unendlich viele Eindrücke

15 Studierende, 3 PraktikerInnen, zwei Professorinnen, 7 Tage New York City, Besuche bei rund 10 Einrichtungen und unendlich viele Eindrücke

Das ist die Bilanz einer anregenden und lehrreichen Studienreise in den Big Apple, zu der- nach fast einem Jahr Planung und Organisation von Prof. Dr. Alexandra Engel und Prof. Dr. Leonie Wagner - am 7. September 2013 die TeilnehmerInnen aufbrachen. Ziel war es, den Wurzeln des Community Organizing und der Settlement-Bewegung näher zu kommen und die Soziale Arbeit in den USA kennenzulernen.

Auf dem Programm standen Einrichtungsbesuche und Hospitationen

Community Organizing ist eine Form der Gemeinwesenarbeit und hat in den USA eine lange Geschichte. Der Arbeitsansatz wurde maßgeblich von den GründerInnen der Settlement-Bewegung geprägt. Ihren Anfang nahm die Settlement-Bewegung mit der Gründung der Toynbee Hall 1884 in London. Schon 1886 wurde in New York City das erste Nachbarschaftshaus "Neighborhood Guild" (später University Settlement, s.u.) gegründet und nur knapp 25 Jahre später gab es in den USA bereits über 400 Settlements.

Die USA waren zu diesem Zeitpunkt mit einer schnell voranschreitenden Industrialisierung und damit auch einer sehr hohen Einwanderung konfrontiert: In den Städten war Wohnen unter menschenwürdigen Bedingungen kaum mehr möglich und die Auswirkungen der Armut waren immens. Das besondere des Ansatzes der Settlement-Bewegung bestand nun aus der Idee, dass wohlhabende Menschen sowie Studierende in die unmittelbare Nachbarschaft und auch in die gleichen Häuser derjenigen zogen, die Hilfe und Unterstützung benötigten. So konnten direkt vor Ort Angebote und Hilfen installiert werden – und zwar nur solche, die tatsächlich in der spezifischen Nachbarschaft erforderlich waren.

Aus der unmittelbaren Nähe zu den von Armut und Ungleichheit betroffenen Menschen entstand dann – als logische Weiterentwicklung dieses sozialräumlichen Ansatzes von Hilfe – das "Community Organizing", die Idee, die BewohnerInnen einer Nachbarschaft zusammenzubringen und sie in ihrer politischen Interessensvertretung zu unterstützen. Dies resultierte aus der philanthropischen und kapitalismuskritischen Überzeugung der Settlement-GründerInnen, dass ein Leben in menschenwürdigen Umständen auch für ihre weniger "leistungsstarken" Nachbarn nötig und nur durch Veränderungen auf der Makro-Ebene möglich war. Damals wie heute sind Inhalte der Proteste und Forderungen besseres Wohnen, eine öffentliche Gesundheitsversorgung, der Ausbau von vielfältigen Bildungsangeboten, etc.

Wie vielseitig und komplex die Arbeit von Nachbarschaftshäusern heute ist, konnten wir beim Besuch des "University Settlements", des "Goddard Riverside Community Centers" und der Dachorganisation "United Neighborhood Houses NY" erfahren.

Diese Institutionen gehören zu den größten und einflussreichsten ihrer Art. Die Angebote des "University Settlements" (www.universitysettlement.org/us/programs/) erreichen beispielsweise jährlich ca. 25.000 Menschen in einer ethnisch und wirtschaftlich gemischten Community: die MitarbeiterInnen sind multidisziplinär zusammengesetzt und decken z.B. alle für den Stadtteil nötigen Sprachkompetenzen ab.

In Gesprächen mit den AkteurInnen des Community Organizings wurde noch einmal deutlich, wie sehr die politische und kritische Haltung sowie die Überzeugungen und das Menschenbild der MitarbeiterInnen bestimmend für die Arbeit und die Erfolge ist: Sie sehen sich als "AnwältInnen", als UnterstützerInnen und FürsprecherInnen. Durch ihre Arbeit geben sie den sozial benachteiligten Menschen ihrer Nachbarschaft eine Stimme bzw. unterstützen diese darin, ihre eigenen Anliegen zu artikulieren.

An vielen Stellen wurde deutlich, dass sich die Finanzierung der Angebote erheblich von dem System in Deutschland unterscheidet. Die Einrichtungen, Institutionen und Nichtregierungsorganisationen bekommen zwar auch staatliche Gelder – diese sind aber in hohem Maße zweck- bzw. maßnahmengebunden, streng reguliert und machen nur einen kleinen Bruchteil der Mittel aus, die für den bedürfnisorientierten Ansatz nötig sind.

Hier kommt eine kulturelle Eigenschaft der US-BürgerInnen ins Spiel: ihre Spendenbereitschaft. Statistisch gesehen beläuft sich die jährliche Pro-Kopf-Spenden-Summe auf ca. 850 Dollar, wobei der größte Anteil von Unternehmen gespendet wird. Insofern wenden die Träger sozialer Angebote ungeheure Energien und Mittel auf, um professionelles Fundraising zu betreiben und möglichst einflussreiche und solvente SpenderInnen dauerhaft für sich zu gewinnen.

Das Programm wurde außerdem durch selbst organisierte Hospitationen der Studierenden in verschiedenen Feldern Sozialer Arbeit und ein Gespräch mit einer Repräsentantin der Sozialen Arbeit bei der UN sowie eine Führung durch die Gebäude der Vereinten Nationen ergänzt.

So konnten die TeilnehmerInnen in einer Woche New York zahlreiche Menschen treffen, viele Dialogeführen und eine Menge lernen. Die Studienreise wird sicher noch nachhaltig eine Inspirationfür das Studium, die Arbeit und das Leben sein.

  • HAWK Prof. Dr. Leonie Wagner
  • HAWK Prof. Dr. Alexandra Engel


Besuch des University Settlement - HAWK Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen Holzminden Besuch des University Settlement - HAWK Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen Holzminden