Erscheinungsdatum: 30.05.2011

<p>HAWK-Studierende der Sozialen Arbeit aus Holzminden gestalten Lesung</p>

HAWK-Studierende der Sozialen Arbeit aus Holzminden gestalten Lesung

Anstelle einer Eintrittskarte einen Stuhl, mit dem man sich seinen Platz in der Schlosskapelle selbst sucht und schafft: Aktive Publikums-Teilhabe am Geschehen einer Lesung planten und realisierten 20 Studierende der Sozialen Arbeit der HAWK Holzminden am 26. Mai 2011 im Kulturzentrum des Landkreises Holzminden, dem Weserrenaissance Schloss Bevern. Die Gesamtperformance dieser Lesung kann als überaus gelungen bezeichnet werden.

Im Rahmen des Seminars "Kulturelle Teilhabe" und auf Initiative des Kulturressorts des Landkreises lockten die Studierenden – per Flyer, Plakat und facebook - gut 70 ZuhörerInnen in die Schlosskapelle. Partizipativ war auch der Gesamtrahmen des Projekts, die Lesungsreihe "HOL liest: Deutschland umsonst": Nach dem deutschlandweit an mehreren Orten erlebbaren Konzept "Eine Stadt liest ein Buch" ruft "HOL liest" durch wechselnde Ausführende Literaturinteressierte aller Alter und Interessen zusammen, um an ungewöhnlichen Orten gemeinsam immer wieder einem literarischen Werk Aufmerksamkeit zu schenken, das nicht zufällig von hoher literarischer Güte, gesellschaftlicher Aktualität und zudem lokaler Relevanz ist. Holzminden liest Michael Holzachs Bestseller "Deutschland umsonst".

1981 machte sich der ZEIT-Redakteur und ehemalige Schüler des Landschulheims am Solling auf. Zu Fuß und ohne Geld bahnte er sich mit seinem Hund Feldmann seinen Weg durch ein Wohlstandsland. Er wanderte dabei auch mitten durch Stadt und Landkreis Holzminden, zugleich aber auch quer durch die sozialen Schichtungen des Achziger-Jahre-Deutschlands. Mehrfach nahm er dabei Station bei sozial Gestrandeten, Randgruppen, begegnete Ausgegrenzten und auch helfenden Menschen.

Als Ergebnis ihrer Auseinandersetzung mit dem Seminarthema "Kulturelle Teilhabe" rückten die Studierenden der Sozialen Arbeit in ihrer ambitionierten Lesung besonders jene Textpassagen des Werks in den Fokus, die auch nach dreißig Jahren noch soziale Brennpunktrelevanz zeigen. Hintergrundthema dabei – und auch visuell überzeugend in Szene gesetzt - war der Topos des Unterwegs-Seins. Musikalisch abwechslungsreich eingerahmt wurde das Gelesene immer wieder von thematisch umspielenden Musikstücken - vom mittelalterlichen Abschiedsgesang zum Irish Folk-Song und französischen Chanson bis zur Neuen Deutschen Welle. Die Studierenden vollzogen den Blick quer zur gesellschaftlichen Normalität wie Holzach selbst ihn in seiner Innensicht auf die Randgruppe der Sinti und auf soziale Einrichtungen wie Psychiatrie und Gefängnis beschreibt. Dabei überzeugten sie durch einen enorm professionellen Vortrag – und mit bestrickenden dramaturgischen Ideen, etwa wenn sie dem Publikum Kekse austeilten, die das "Schlaraffenland" sinnlich erahnen ließen, das der hungernde Holzach an den Mauern eines Gefängnisses von den Insassen in Form zusammengesparter Lebensmitteln herübergereicht bekam.

Tatsächlich entstand bei dieser Lesung ein kulturelles Gemeinschaftsgeschehen, das eine im Jetzt und Hier stattfindende, gemeinsame inhaltliche Auseinandersetzung mit einem sozial engagierten literarischen Werk evozierte und pure Faszination an der Sprache und Gedankenwelt des Autors hinterließ - bei freiem Eintritt und wie die schließlich entstehenden vielfältigen angeregten Gespräche bezeugten: mit einem echten Zugewinn an kultureller Teilhabe für alle Anwesenden.

Das ehrenamtlich getragene Projekt "HOL liest: Deutschland umsonst" wird fortgesetzt (www. hol-liest.de) und profitiert dabei auch weiterhin von der wissenschaftlichen Auswertung des Lesungsprojekts BEVERN UMSONST im Rahmen des HAWK-Seminars – eine effektvolle und sinnbringende Kooperation für alle Akteure und beteiligten Institutionen.

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