VITAL – Videotherapie in der ambulanten logopädischen Versorgung
Die mit der SARS-CoV-19 (Corona)-Pandemie einhergehenden Kontaktbeschränkungen und Hygienevorgaben führten und führen zu einer stark veränderten Versorgungssituation in ambulanten logopädischen / sprachtherapeutischen Praxen.
Zum einen haben seither viele Patient*innen trotz Bedarf aufgrund möglicher Gesundheitsrisiken keine logopädische / sprachtherapeutische Behandlung in Anspruch genommen. Zum anderen sind die stattfindenden Therapien trotz Lockerungen weiterhin teilweise mit Einschränkungen und zusätzlichen (hygienischen) Herausforderungen verbunden.
Die Corona-Krise hat einen Einfluss auf die ambulante Patient*innenversorgung hinsichtlich der Therapieintensität und -kontinuität. Die aus der Unterversorgung entstandenen gesundheitlichen Folgen für Patient*innen sowie die wirtschaftlichen Folgen für Praxisinhaber*innen und angestellte Logopäd*innen sind bisher nicht absehbar. Um die notwendige Versorgung von Patient*innen so gut wie möglich aufrechtzuerhalten, die Ansteckungsgefahr für Patient*innen und Therapeut*innen zu reduzieren und die Existenzsorgen ambulanter Praxen zu minimieren, kann aufgrund einer Sondergenehmigung Stimm-, Sprech-, Sprach-, und eingeschränkt Schlucktherapie als Videotherapie angeboten werden. Logopäd*innen und Patient*innen konnten gemeinsam entscheiden, ob eine Weiterführung via Video aus therapeutischer Sicht, mithilfe vorhandener technischer Ressourcen und unter Wahrung der Privatsphäre sinnvoll durchgeführt werden kann.
Der Deutsche Bundesverband für Logopädie e. V. (dbl) sowie die Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit in Hildesheim und die Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit in Göttingen (Gesundheitscampus Göttingen) der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim/Holzminden/Göttingen führten von Anfang Mai bis Ende Oktober 2020 ein gemeinsames Forschungsprojekt zur Videotherapie durch.
Unter dem Titel „Videotherapie in der ambulanten logopädischen / sprachtherapeutischen Versorgung“ (ViTaL) fokussiert das Projekt die Chancen des durch die Krise ausgelösten Digitalisierungsschubs im Gesundheitssystem zur Gewährleistung der Patient*innenversorgung.
Projektziele
Ziel des Projekts ist eine Bestandsaufnahme der Videotherapie in der ambulanten logopädischen / sprachtherapeutischen Praxis während der Corona-Pandemie. Von besonderem Interesse ist u. a., wie Prinzipien der evidenzbasierten Praxis berücksichtigt wurden, welche (medien-)didaktischen Methoden zur Therapiedurchführung (modifiziert) angewandt wurden und wie die Patient*innen-Therapeut*innen-Beziehung gestaltet wurde.
Die Ziele des Projektes wurden mit drei methodischen Zugängen verfolgt:
- Ausgangspunkt bildete eine systematische Literaturrecherche und -analyse zur Videotherapie in der (inter-)nationalen logopädischen / sprachtherapeutischen Versorgung. Dabei wurden aufgrund der hohen Evidenzstufe vorrangig systematische Reviews im Hinblick auf Videotherapie ausgewertet und zusammengefasst.
- In einer Online-Befragung wurden ambulant-tätige Logopäd*innen / Sprachtherapeut*innen zur Nutzung der Videotherapie befragt. Diese Befragung wurde vom 03.06.2020 bis einschließlich 01.07.2020 durchgeführt. Es wurde erhoben, ob und in welchem Ausmaß Videotherapie angeboten und durchgeführt wurde und welche z. B. technischen, organisatorischen und sozialen Herausforderungen bestanden.
- Unter einer qualitativen Forschungsperspektive wurden Aufzeichnungen von videobasierten Therapien mit einer fokussierten Videoanalyse untersucht, um Strukturen und Prozesse, insbesondere Entscheidungsprozesse und Technikfunktionalität, in der Videotherapie zu rekonstruieren.
Publikationen
- Wittmar, S., Barthel, M., Leinweber, J. & Borgetto, B. (2023). Outpatient speech and language therapy via videoconferencing in Germany during the COVID-19 pandemic: Experiences of therapists. International Journal of Health Professions, doi:10.2478/ijhp-2023-0001
- Barthel, M., Wittmar, S., Borgetto, B. & Leinweber, J. (2023). Evidence-based decision-making in speech-language pathology via video-based telepractice—A qualitative video interaction Analysis. Frontiers in Communication, section Language Communication, doi:10.3389/fcomm.2023.1176473
- Leinweber, J., Alber, B., Barthel, M., Whillier, A. S., Wittmar, S., Borgetto, B. & Starke, A. (2023). Technology Use in Speech and Language Therapy: Digital Participation succeeds through Acceptance and Use of Technology. Frontiers in Communication, section Language Communication, doi:10.3389/fcomm.2023.1176827
- Barthel, M., Wittmar, S., Borgetto, B. & Leinweber, J. (2022). Videotherapie mit Kindern in der ambulanten Sprachtherapie. Erfahrungen aus der Praxis werden zu Empfehlungen für die Praxis. Sprachförderung und Sprachtherapie in Schule und Praxis, 11(1), S. 8-12.
- Barthel, M., Schwinn, S., Einfeldt, A., Borgetto, B. & Leinweber, J. (2021). Digitalisierungschancen nutzen! Kernaussagen und Empfehlungen für die Nutzung von Videotherapie in der ambulanten logopädischen/sprachtherapeutischen Versorgung. Forum Logopädie, 35(2), S. 49-50.
- Barthel, M., Schwinn, S., Borgetto, B. & Leinweber, J. (2021). Digitalisierungschancen - Spurensuche nach Evidenz. Ergebnisse der Videointeraktionsanalyse aus dem Forschungsprojekt „ViTaL“. Forum Logopädie, 35(1), S. 34-39.
- Schwinn, S., Barthel, M., Leinweber, J. & Borgetto, B. (2020). Digitalisierungschancen – Umsetzung von Videotherapie im Lockdown. Ergebnisse der Online-Befragung aus dem Forschungsprojekt „ViTaL”. Forum Logopädie, 34(6), S. 18-22.
- Schwinn, S., Barthel, M., Leinweber, J. & Borgetto, B. (2020). Digitalisierungschancen in der Krise. Erste Ergebnisse zur Umsetzung der Videotherapie in der ambulanten Logopädie (ViTaL). Forum Logopädie, 34(5), S. 18-21.