Studierende der Konservierung und Restaurierung arbeiten an einem Kriegsschaden

Erscheinungsdatum: 01.06.2018

Vor zwei Jahren begann die erste Studierenden-Gruppe in zwei Projektwochen die Fragmente des bedeutenden Kanzelaltares aus der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover zu bergen, zu inventarisieren und den Zustand der Einzelteile festzuhalten. Dieser Altar war vom berühmten Hofbildhauer Johann Friedrich Blasius Ziesenis 1759 erbaut worden und hatte die Bombardierung Hannovers 1943 nur in wenigen Teilen überstanden. Alle Skulpturen und einige Fragmente konnte der damalige Küster rechtzeitig aus der Kirche retten.

Die Studierenden erkannten durch ihre Arbeit, dass die Teile der Altarbekrönung erhalten waren und nur durch die unzureichende Lagerung in einem sehr desolaten Zustand waren. Daraus entwickelte sich eine Bachelor-Thesis mit der Frage, ob und wie ein Aufbau zumindest dieser historischen Bekrönung möglich ist. Das Ergebnis war eindeutig: alle konstruktiven Teile der Bekrönung sind vorhanden und so wurden die Fragmente nach Hildesheim in die Restaurierungswerkstatt für gefasste Holzobjekte und Gemälde gebracht und hier nach und nach konservatorisch bearbeitet.

 

Das Holz der Fragmente musste gefestigt und die Einzelteile miteinander verleimt werden. Zunächst wurden dazu in einer Master-Studienarbeit an einem Fragment die konservatorischen Arbeitsschritte und die fasstechnische Untersuchung exemplarisch vorgearbeitet und das Arbeitskonzept dann übertragen auf alle übrigen Fragmente. Am Ende dieses Prozesses waren aus 42 Einzelteilen sieben vollständige Volutenspangen entstanden und die Krone konnte im großen Lichtlabor von Lighting Design aufgebaut werden. Die Maße sind beachtlich: etwa 200 cm Höhe x 300 cm Breite x 150 Tiefe cm misst allein die Bekrönung.

Damit kann auf die gesamte Dimension des ursprünglichen Kanzelaltares rückgeschlossen werden und die Kirchengemeinde der Neustädter Hof- und Stadtkirche kann nun genauer über die Möglichkeiten einer Umgestaltung des heutigen Altarraumes nachdenken. Die gesamte Konstruktion der Krone wurde zunächst wieder abgebaut und die sieben Volutenspangen sind zurück in die Kirche transportiert worden. Vor Ort kann die Bekrönung wiederaufgebaut werden, um die Dimension im Kirchenraum zu beurteilen und die dazugehörenden, vollständig vorhandenen Skulpturen (vier Putti, zwei Engel und die zentrale Christusfigur) aufzusetzen.

Allen beteiligten Studierenden hat dieses Projekt einmal mehr vor Augen geführt, wie nah unsere berufliche Tätigkeit noch immer mit Kriegsereignissen des Zweiten Weltkrieges in Verbindung steht. Das Projekt wurde vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers begleitet.