Exkursion zur FH Campus Wien
Während der Exkursion konnte die Gruppe viele verschiedene Seiten des dortigen Bildungssystems erkunden. So informierten die Stadt Wien sowie Wiener Kindergruppen über die Situation der Kindertagesbetreuung in Wien. Dabei konnte sich die Exkursionsgruppe der HAWK über Perspektiven der frühen Bildung mit Fachkräften vor Ort austauschen. Die Magistratsabteilung MA 10 der Stadt Wien ist Träger von 600 Kindertageseinrichtungen und sie zeichnet dafür verantwortlich, dass alle Eltern in Wien einen Betreuungsplatz für ihr Kind finden. Die Wiener Kindergruppen sind ein Dachverband von freien und elternverwalteten Kindergruppen. Kinder sollen hier ihren eigenen Platz zur freien Entfaltung finden und zu individuellen Persönlichkeiten heranwachsen.
Im Anschluss besuchte die Gruppe den städtischen „Bildungscampus“, einen Lehrkindergarten in einer Berufsfachschule sowie einen von einer Studentin der FH Campus Wien aufgebauten kleinen Kindergarten. Das Wiener Bildungscampus-Modell vereint Kindergarten-, Schul- und Freizeitpädagogik für mehrere hundert Kinder an einem gemeinsamen Standort. Eine Kindergartengruppe und eine Grundschulklasse sind dabei immer nebeneinander angeordnet. An der Spitze der Einrichtung steht ein Team aus Kindergarten- und Grundschulleitung – der Lehrkindergarten entspricht in vielem den Kindergärten, die auch aus Deutschland bekannt sind. Er hat den Vorteil, dass er direkt in die Ausbildung eingebunden ist, im Vergleich dazu verfügte die von einer Studentin gegründete Einrichtung über deutlich weniger Platz und Ausstattung. Dennoch erschien dieser Kindergarten und die Geschichte dahinter besonders inspirierend. Die Studentin hat ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen umgesetzt und eine für sich “perfekte” Kindertagesstätte und Einrichtung für Kinder geschaffen.
Im Gegensatz zu Kitas in Deutschland ist es allerdings in Wien keine Pflicht, ein Außengelände und einen eigenen Spielbereich draußen zu haben. Kindergärten nutzen die umliegenden Spielplätze oder nahegelegene Naturgelände. In Deutschland ist es dagegen auch gesetzlich geregelt, dass jede Kindertageseinrichtung über einen Außenbereich verfügen muss.
Auch der Austausch mit den Studierenden in Wien war aufschlussreich. Im Studiengang Sozialmanagement in der Elementarpädagogik haben die Studierenden etwa alle 2 bis 3 Wochen von Donnerstag bis Samstag Seminare in Blockform, welche jeweils mehrere Stunden lang sind, was viel Konzentration erfordert. Dies liegt daran, dass die Hochschule den Studiengang berufsbegleitend anlegt und die Studierenden während der Woche teils in Vollzeit arbeiten, viele von ihnen als Leitung. Die Gruppe der HAWK konnte an 2 Seminaren teilnehmen, die informativ, aber aufgrund ihrer Länge auch herausfordernd waren.
Die Studierenden haben in der Regel bereits einen Abschluss an einer Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAFEP) absolviert. Dies ist die Standardausbildung für den Kindergarten und entspricht etwa einer Berufsfachschule für Sozialpädagogik. Es handelt sich jedoch um eine Sekundarschule, die Lernende bereits im Alter von 14 Jahren beginnen. Nach 5 Jahren endet der erfolgreiche Besuch der schulischen Einrichtung mit der Qualifikation zur Elementarpädagog*in sowie mit der Matura, dem österreichischen Äquivalent zum Abitur ab. Absolvierende sind dann mit 19 Jahren dazu qualifiziert, eine Gruppenleitung zu übernehmen.
Im Gespräch mit den engagierten Lehrkräften, die das Schulsystem und auch den an die Schule angeschlossenen Lehrkindergarten vorstellten, wurde klar, dass der frühe Einstieg nach der Unterstufe, mit nur 14 Jahren, eine echte Herausforderung darstellt. Viele junge Menschen sind in diesem Alter noch nicht bereit, eine Entscheidung über ihren Beruf zu treffen. Manche können sich in diesem Alter noch gar nicht vorstellen, später einmal im pädagogischen Bereich zu arbeiten. Das zeigte deutlich, wie unterschiedlich die Ausbildungswege in Deutschland und Österreich sind. Gleichzeitig gibt es in Österreich ganz ähnliche Probleme wie in Deutschland, insbesondere einen großen Fachkräftemangel sowie eine schlechte Finanzierung der frühkindlichen Bildung. So erlebten die Exkursionsgruppe auch eine große Kundgebung, auf der die Teilnehmenden bessere Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung forderten.
Selbstverständlich konnte die Gruppe die freie Zeit in Wien auch nutzen, um die Stadt zu erkunden. Ein besonderer Dank geht an Mag.a Dr. Nina Hover-Reisner von der FH Campus Wien für die Planung und Organisation.